OBM-Anfrage: Wann senken die Stadtwerke ihre Preise für Bestandskund*innen?

OBM-Anfrage zur Beantwortung bis zum 8. April 2023

Vor einigen Tagen äußerte sich der Unternehmenssprecher der Stadtwerke, Frank Viereckl, zu der Frage, ob regionale Energieversorger angesichts sinkender Großhandelspreise im weiteren Jahresverlauf Senkungen ihrer Tarife an die Endkund*innen weitergeben können. Er sehe dazu aktuell aufgrund der langfristigen Einkaufspolitik keine Möglichkeit und kündigte an, dass eine Preissenkung selbstverständlich weitergegeben würde, sollte sich dafür der Spielraum ergeben.

Unsere Fraktion hegt daran erhebliche Zweifel und hat den Praxistest unternommen, da auch bekannt ist, dass bereits andere Energieunternehmen in den vergangenen Wochen Preissenkungen ihre Kunden weitergereicht haben. Ein Kunde im Tarif ‚L-Gas.bestpreis‘ wurde durch Mitteilung der Stadtwerke Leipzig im November 2022 und mit Wirkung zum 1. Januar dieses Jahres auf einen Arbeitspreis von 19,02 Ct/kWh gehoben, was nahezu einer Vervierfachung der bisherigen Kosten entsprach und den wirtschafts- und energiepolitischen Folgen u.a. des Krieges in der Ukraine geschuldet war. Die Bundesregierung beschloss zwischenzeitlich die Energiepreisbremse, die den Bezugspreis im Bereich der Gasversorgung seit Anfang März für 80% des prognostizierten Jahresverbrauches auf eine Deckelung von 12 Ct/kWh brutto begrenzt.
Und auch wenn dieser Kunde nun eine Vertragslaufzeit bis Ende 2023 hat und nach der Preiserhöhung zum 1.1. nicht von seinem Kündigungsrecht Gebrauch gemacht hat, hat er dennoch die Möglichkeit, innerhalb dieser Vertragslaufzeit einen Tarifwechsel zu prüfen und auf Wunsch vorzunehmen. Möglich ist dies u.a. über das elektronische Kundenportal. Im Praxistest wurde diesem Kunden tatsächlich ein Tarif unterhalb der 19 Ct/kWh angeboten. So wurde ihm die Möglichkeit des Wechsels in den Öko-Tarif ‚L-Gas.pur‘ zu einem Bezugspreis 11 Ct/kWh angeboten, was einer Preisreduzierung von 42% und bei einem durchschnittlichen Gasverbrauch von etwa 1.200 € pro Jahr entspricht. Im Zuge des Tarifwechsels wurden dann trotz deutlich niedrigerer Gebühren die monatlichen Abschlagszahlungen deutlich erhöht, weil die Abschläge Ende 2022 trotz der massiven Preisanhebung seitens der Stadtwerke unangetastet blieben.

Auch beim Bestpreis Strom stellt sich die Situation in gleicher Weise dar. So beträgt der Preis für Bestpreiskunden (ab 01.01.23) 51,17 ct/kwh (Angebot L-Strom.pur 37,18 ct/kwh) bei einem Grundpreis von 167,65 €/Jahr (Angebot L-Strom.pur 157,68 €/Jahr). Auch hier wird eine Tarifabsenkung weder proaktiv durch die Stadtwerke vorgenommen, noch wird über die Möglichkeit eines Wechsels in den wesentlich günsigeren Tarif L-Strom.pur hingewiesen. Auch die Abschlagszahlungen wurden im Zuge der massiven Tariferhöhung Ende 2022 nicht angepasst. Stattdessen wurden die Kund*innen darauf hingewiesen, dass die Stadtwerke aktiv auf sie zukommen würden, sollte eine Abschlagserhöhung sinnvoll und notwendig sein.

Wir fragen an:

  1. Warum wird einerseits seitens der Stadtwerke verlautbart, man sehe keinen Spielraum für Preissenkungen, wenn doch gleichzeitig auf Nachfrage Tarifwechsel für Bestandskund*innen (Gasversorgung) mit fast halbierten Preisen und beim Strombezug um 1/3 möglich sind?
  2. Warum werden bislang Bestandskund*innen der Stadtwerke nicht aktiv über Preissenkungen informiert oder zumindest über die Möglichkeit des Wechsels in günstigere Bezugstarife?
  3. Wann werden aufgrund der mittlerweile deutlich günstigeren Marktpreise für Strom und Gas die Bezugspreise für Kund*innen der Stadtwerke reduziert?
  4. Warum wurden die Abschläge bei den Kund*innen im Zuge der massiven Erhöhung der Bezugspreise Ende 2022 nicht erhöht, obwohl man weiß, dass ohne eine Anpassung und trotz der Energiepreisbremse sehr hohe Nachzahlungen drohen?
  5. Wann werden die Kosten an den öffentlichen Ladestationen der Stadtwerke wieder reduziert?
  6. Mit welchem Jahresüberschuss haben die Stadtwerke Leipzig in 2022 geplant und welchen tatsächlich erwirtschaftet und mit welchen Erwartungen an das Jahresergebnis 2023 rechnen die Stadtwerke?

Antwort vom 21. April 2023

Die nachstehende Beantwortung basiert auf einer Stellungnahme der Leipziger Stadtwerke. Energiemengen für Bestandskundinnen und –kunden werden bei den Leipziger Stadtwerken zur Sicherstellung einer Preisstabilität langfristig vorhaltend beschafft. Die zu beschaffenden Mengen sind dabei auf die vertraglich vereinbarten oder erwarteten Energiebedarfe der Kundinnen und Kunden abgestimmt.

Diese langfristige und auf Sicherheit angelegte Beschaffungsstrategie hatte im letzten Jahr den Effekt, dass die Preise für Sondervertragskundinnen und -kunden und auch bestehende Grundversorgungskundinnen und -kunden trotz explodierender Beschaffungskosten an den Großhandelsmärkten nicht entsprechend erhöht werden mussten. Dies führte dazu, dass Mengen in der Hochpreisphase des letzten Jahres erworben wurden und sich diese hohen Preise im aktuellen Jahr auf die Energielieferverträge auswirken. Die aktuell zu sehenden Preissenkungen am Energiemarkt können wiederum nur mit Verzögerung weitergeben werden, da sie ebenfalls zeitversetzt wirken.

Die aktuell höheren Preise (trotz zwischenzeitlich wieder gesunkener Preise am Beschaffungsmarkt) wurden aufgrund der von seriösen Anbietern praktizierten vorhaltenden Beschaffung auch durch den Gesetzgeber antizipiert. Genau deshalb wurden die Wirkungszeiträume der Strom-, Gas- und Wärmepreisbremsen für den Zeitraum ab 01.01.2023 gewählt. Ob bundespolitisch eine Verlängerung des zunächst bis 31.12.2023 festgelegten Wirkungszeitraums erfolgt, ist aktuell nicht absehbar.

Anders agieren hier Discounter, welche die benötigten Energiemengen teilweise sehr kurzfristig an Spotmärkten beschaffen. Dafür können diese von den aktuell günstigen Spotmarktpreisen profitieren und diese an deren Kundinnen und Kunden weitergeben. Dieses Geschäftsmodell ist jedoch äußerst spekulativ und birgt in Zeiten von Preissteigerungen hohe Risiken. Realisiert haben sich diese Risiken im November/ Dezember 2021, als diese Anbieter vom Markt gingen und die bestehenden Lieferverträge kündigten oder die Belieferung einstellten. Damals sind mehrere Tausend Kundinnen und Kunden in die Ersatzversorgung der Leipziger Stadtwerke gefallen, was eine sehr teure Nachbeschaffung erforderte.

Als kommunales und verlässliches Versorgungsunternehmen verfolgen die Leipziger Stadtwerke diesen spekulativen Ansatz nicht, sondern stellen sich langfristig stabil auf.

1.) und 2.) Warum wird einerseits seitens der Stadtwerke verlautbart, man sehe keinen Spielraum für Preissenkungen, wenn doch gleichzeitig auf Nachfrage Tarifwechsel für Bestandskund*innen (Gasversorgung) mit fast halbierten Preisen und beim Strombezug um 1/3 möglich sind? Warum werden bislang Bestandskund*innen der Stadtwerke nicht aktiv über Preissenkungen informiert oder zumindest über die Möglichkeit des Wechsels in günstigere Bezugstarife?

Energiemengen für Bestandskundinnen und -kunden werden bei den Leipziger Stadtwerken zur Sicherstellung einer Preisstabilität langfristig vorhaltend beschafft. Die zu beschaffenden Mengen sind dabei auf die durch die vertraglich vereinbarten oder erwarteten Energiebedarfe abgestimmt.

Generell empfehlen die Leipziger Stadtwerke den Kundinnen udn Kunden, sich im Online-Portal zu registrieren. Dort kann jeder selbstständig unkompliziert prüfen, ob ein Tarifwechsel aktuell sinnvoll ist und ihn gegebenenfalls direkt digital anstoßen.

Denn trotz sinkender Marktpreise lohnt sich ein Wechsel noch nicht für alle Kundinnen und Kunden der Leipziger Stadtwerke: Beispielweise profitieren L-Bestpreis-Kunden, die ihren Vertrag im Jahr 2021 abgeschlossen haben, noch von einer bestehenden Preisgarantie bis zum 31.12.2023. Ein derzeitiger Wechsel wäre für diese Kundinnen und Kunden nicht vorteilhaft.

3. Wann werden aufgrund der mittlerweile deutlich günstigeren Marktpreise für Strom und Gas die Bezugspreise für Kund*innen der Stadtwerke reduziert?

Die Leipziger Stadtwerke befinden sich im Wettbewerb und akquirieren bewusst Neukundinnen und -kunden, um Mehrwert für die Stadt und Wertschöpfung für die Region zu generieren. Für diese beschaffen sie zusätzliche Energiemengen und können so tagesaktuell attraktive Preise anbieten.

Die Beschaffungsmengen für Bestandskundinnen und -kunden wurden, wie bereits ausgeführt, langfristig beschafft. Hier sind die Stadtwerke an die mit ihren Lieferanten vereinbarten Konditionen gebunden. Gleichlaufend sind die Stadtwerke darauf angewiesen, dass auch ihre Kundinnen und Kunden ihren vertraglichen Verpflichtungen nachkommen.

Ob und in welchem Umfang eine Senkung der Endkundenpreise stattfinden kann, lässt sich derzeit noch nicht sagen. Hier bleibt die Entwicklung der Marktpreise im Jahresverlauf abzuwarten. Sollten die Preise auf dem aktuell niedrigen Niveau verharren, ist zum Jahreswechsel eine Entlastung der Kundinnen und Kunden möglich.

4.    Warum wurden die Abschläge bei den Kund*innen im Zuge der massiven Erhöhung der Bezugspreise Ende 2022 nicht erhöht, obwohl man weiß, dass ohne eine Anpassung und trotz der Energiepreisbremse sehr hohe Nachzahlungen drohen?

Die Leipziger Stadtwerke haben die Abschläge der Kundinnen und Kunden Anfang des Jahres nicht an die neuen, erhöhten Preise angepasst, da zu diesem Zeitpunkt die Auswirkungen des Gesetzes der Energiepreisbremse noch nicht abschließend bekannt waren. Es wurde sich bewusst gegen nur kurzfristig geltende „Zwischenbescheide“ entschieden. Die Abschläge werden erst dann neu festgesetzt, wenn darin alle Auswirkungen der geltenden Preisbremsen Berücksichtigung finden. Dies dient der Kontinuität und macht die Leipziger Stadtwerke somit zu einem berechenbaren Partner. Trotz deutlich höherer Beschaffungspreise gehen die Stadtwerke damit liquiditätsseitig für die Kundinnen und Kunden in Vorleistung.

5.    Wann werden die Kosten an den öffentlichen Ladestationen der Stadtwerke wieder reduziert?

Auch hier gelten im Wesentlichen die unter 3. erfolgten Ausführungen. Eine Preissenkung kann erst erfolgen, wenn sich etwaig reduzierte Preise in den langfristigen Bezugsverträgen niederschlagen. Hier bleibt insbesondere die Entwicklung im Jahresverlauf abzuwarten.

Ein verstärkter Zuwachs an Lademöglichkeiten, welcher sich aus der Bedarfsentwicklung ergibt und wirtschaftlich vertretbar ist, wird seitens der Leipziger Stadtwerke unterstützt und schnellstmöglich umgesetzt. Für den Ladestrom werden Energiemengen langfristig vorhaltend beschafft. Die aktuell gesunkenen Preise an den Großhandelsmärkten können daher ebenfalls nur zeitversetzt wirken.

Um die E-Mobilität auf Leipzigs Straßen in der ersten Phase voranzubringen, hatten die Leipziger Stadtwerke über Jahre das Stromtanken kostenlos ermöglicht. Die Leipziger Stadtwerke haben damit frühzeitig ein Zeichen für eine saubere Mobilität in Leipzig gesetzt und den Umstieg hin zur elektrischen Mobilität gefördert, während eine Ladeinfrastruktur Schritt für Schritt aufgebaut wurde. Mit der Einführung eines Ladestrom-Tarifs verteilen die Stadtwerke seitdem die Kosten für den weiteren Ausbau der Ladeinfrastruktur fair und gleichmäßig auf die Nutzerinnen und Nutzer.

Die Stadtwerke gehen vor dem Hintergrund der Ausbauziele der Bundesregierung davon aus, dass das Thema weiter an Schwung gewinnt, und wollen die E-Mobilität in Leipzig langfristig gestalten. Sie ist ein Teil des vielfältigen Maßnahmen- und Technologie-Portfolios, mit dem die Stadtwerke die Klimaschutzziele Leipzigs unterstützen.

6.    Mit welchem Jahresüberschuss haben die Stadtwerke Leipzig in 2022 geplant und welchen tatsächlich erwirtschaftet und mit welchen Erwartungen an das Jahresergebnis 2023 rechnen die Stadtwerke?

Hinsichtlich des geplanten Jahresüberschusses der Leipziger Stadtwerke im Jahr 2022 wird auf den beschlossenen Wirtschaftsplan 2022 der Leipziger Stadtwerke verwiesen. Dieser wurde dem Verwaltungsausschuss Ende des Jahres 2021 zur Kenntnis gegeben.

Die Vorstellung des Jahresabschlusses 2022 erfolgte in der Aufsichtsratssitzung der Leipziger Stadtwerke am 30.03.2023 und wird dem Verwaltungsausschuss im 2. Quartal vorgestellt.

Bezüglich der Erwartungen der Leipziger Stadtwerke an das Jahresergebnis 2023 wird auf den beschlossenen Wirtschaftsplan 2023 der Leipziger Stadtwerke verwiesen. Dieser wurde dem Verwaltungsausschuss Ende des Jahres 2022 zur Kenntnis gegeben.

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