Rede von Anne Vollerthun am 18. Dezember 2025 zum Antrag "Eine andere Zukunft ist möglich – Clubkultur am Standort Kohlrabizirkus retten"
- es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete, sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,
sehr geehrte ZuschauerInnen auf der Tribüne und im Livestream,
„Wenn wir über Leipzig sprechen, sprechen wir unweigerlich auch über Kultur – und insbesondere über Clubkultur. Es ist, als ob es in den Straßen, den Clubs, Veranstaltungsräumen und Eckläden dieser Stadt mit den Menschen mitschwingt. Für viele von uns gehört sie einfach dazu, prägt also unser Selbstverständnis als Leipziger:innen und schafft dieses besondere Leipzig-Gefühl, das man kaum beschreiben, aber spüren kann. Ohne Kultur, ohne diese lebendigen Räume, wäre Leipzig nicht das, was es ist. Vielleicht fühlt es sich für viele hier so an, weil es einfach stimmt – und das allein reicht manchmal aus, um zu wissen, wie bedeutend das ist.“ Das sind die Worte von Jörg Kosinski, Vorstandsmitglied des Livekommbinats Leipzig, dem Verband der Leipziger Clubs und Live-Musikspielstätten, die er mir freundlicherweise für meine Rede zur Verfügung gestellt hat.
Ich gehe da absolut mit: Ohne Kultur - kein Leipzig, wie wir es kennen. Leipzig ist in den letzten Jahren stetig gewachsen und wächst weiter. Immer mehr Menschen möchten hier leben. Und das liegt auch zu einem sehr großen Teil an der vielfältigen Kultur und der Freien Szene, die eine lange und einzigartige Geschichte hinter sich hat. Egal ob Hoch- oder Subkultur, Theater, Tanz, Techno - Leipzig ist für seine kulturelle Vielfalt bekannt und wird für diese geschätzt.
Schon hoffentlich bald wird Leipzig wieder den ältesten Technoclub Ostdeutschlands beherbergen können – die Distillery. Und hoffentlich bald werden sich in neuen Räumen mehr Kulturstätten bilden können. Unsere aktive und attraktive Kulturszene hat einen positiven wirtschaftlichen Einfluss; Veranstaltungen und Festivals beleben die Stadt und unterstützen lokale Unternehmen.
Und, ich kann es nicht oft genug sagen: Die Nachtkultur spielt eine zentrale Rolle im Leben der Menschen: sie dient der freien Entfaltung. Unterschiedliche Menschen treffen aufeinander. Sie trägt zur Toleranz, zur Teilhabe bei. Sozial sein können, den Kopf ausschalten, sich bilden, Energie tanken, etwas erleben. Das, was in anderen Städten, wie Berlin leider immer mehr verloren geht, können wir hier weiter ausbauen. Doch für all das braucht es Unterstützung - und genau dafür ist die Koordinierungsstelle Nachtkultur ein essentielles Instrument.Wir freuen uns daher sehr über die Vorlage des Kulturdezernats zur Weiterfinanzierung der Koordinierungsstelle.
Denn die Arbeit dieser war bedeutend: Eine gut vernetzte Nachtkulturszene (und dafür steht die Stelle) fördert kreatives Denken und Innovation. Künstlerische Projekte und Kooperationen konnten neue Ideen hervorbringen, die auch andere Bereiche der Stadtentwicklung positiv beeinflussen und über die Stadtgrenzen hinausstrahlen. Die Zusammenarbeit der Szene mit lokalen Künstler*innen und Nachwuchskünstler*innen in Leipzig ist enorm - aber auch hier braucht es Unterstützung seitens der Stadt, denn es ist schwer, Nachwuchsveranstaltungen zu machen, ohne populäre Künstler*innen mit Verkaufsgarantie. Die Stelle trägt zur Vermittlung und Lösungen von Problemen und Konflikten bei, die in einer wachsenden Stadt nicht weniger werden.
Durch die Zusammenarbeit mit Verwaltung, Polizei und Ordnungsamt können Veranstaltungen sicherer gestaltet, Konflikte im Vorfeld vermieden und Awareness Strukturen aufgebaut werden. Es ist nicht üblich, dass die Nachtkultur so eng mit diesen Behörden zusammenarbeitet - im Bereich der Koordinierungsstelle schon, mit großen positiven Effekten.
Die Weiterfinanzierung bedeutet auch das Fortsetzung von Weiterbildungsveranstaltungen und Aufklärungskampagnen zur Sensibilisierung für Themen der Nachtkultur und des Nachtlebens. Es wurden Beratungen und Umsetzungen zur Nutzung von Freiflächenkonzepten, Bauvorhaben und Nutzungsgenehmigungen durchgeführt sowie Workshops und künstlerische Projekte. Eine vernetzende Stelle kann zudem helfen, die Kulturszene zu stabilisieren und durch schwierige Zeiten, wie etwa die Corona Pandemie, zu führen.
Am 23. August 2024 war Leipzig in einer Vorreiterrolle: zum ersten Mal und bisher einmalig in Ostdeutschland fand die MiNA, die Mitteldeutsche
Nachtkulturkonferenz, mit 120 Teilnehmenden - und Staatsminister Carsten Schneider als Schirmherr - in der Moritzbastei statt. Die MiNa stärkte die Nachtkultur im mitteldeutschen Raum, behandelte regionale Themen und förderte die langfristige Vernetzung der Akteur:innen.Die Koordinierungsstelle ist eine in Leipzig neue Stelle – es gibt sie seit letztem Jahr - und in ganz Deutschland erst seit 6 Jahren. Es ist ein Prozess des Kanalisierens, Zusammenbringens, Aufbauen nachhaltiger Infrastrukturen und nun die Professionalisierung der Arbeit, um beste Ergebnisse zu erzielen.
Wir freuen uns, dass die Verwaltung nun einen nahtlosen Übergang schafft, sodass die Arbeit zu Jahresbeginn weitergeführt werden kann. Wir bitten Sie um große Zustimmung zum Erhalt der Leipziger Nachtkulturszene.