Rede von Bert Sander am 18. Mai 2022 zum Antrag "Leipziger Zoo: Koloniale Vergangenheit aufarbeiten und rassistische Stereotype auch in der Gegenwart beenden"

Foto: Martin Jehnichen

- es gilt das gesprochene Wort -

Es ist trivial, darauf hinzuweisen, dass die Vergangenheit nicht einfach vergangen ist. Ein Beispiel dafür, dass vermeintliche Vergangenheit die Gegenwart zwingt, sind die im Antrag des Migrantenbeirats angesprochenen Abendveranstaltungen des Zoos. Der Zoo sagt, „ein Vergleich der Abendveranstaltungen zu den Völkerschauen herzustellen verbietet sich“ [Zitat Ende]. – Aber genau das ist der kritische, der wunde Punkt: Verbietet sich besagter Vergleich? Oder drängt er sich nicht doch, und zwar in unabweisbarer, unumgänglicher Weise auf?
Natürlich gehen wir auf Abstand zur Unkultur der Völkerschauen, selbstverständlich distanzieren wir uns von jeglicher Form von Rassismus. Jedoch, und das ist geradezu eine Klemme, es hilft alles nichts, wir werden die Geschichte doch nicht los oder bringen sie hinter uns. Geschichte ist schließlich erbarmungslos, heißt, was auch immer wir veranstalten, es findet nicht in einem luftleeren, will sagen, geschichtslosen Raum statt, heißt, wir können uns drehen und wenden und winden, wie wir wollen, aber aus der historischen Kiste kommen wir nicht mehr heraus. Kurz, ein Zusammenhang zwischen Vergangenheit und Gegenwart stellt sich unweigerlich ein und wir kommen auch nicht durch Beteuerungen dagegen an.
Kurzum – so viel Pathos sei bitte erlaubt –, stellen wir uns der Geschichte! – Und – diese Bemerkung sei bitte ebenfalls erlaubt – es ist ja nicht so, dass der Zoo nicht genau auch das bereits an vielen Stellen tut.

 

Zurück