Rede von Bert Sander am 19. Juni 2024 zum Antrag auf Wiederholung des Planfeststellungsverfahrens „Ausbau des Verkehrsflughafen Leipzig/Halle, Start- und Landebahn Süd mit Vorfeld“, 15. Planänderung"
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister! Sehr geehrter Rat! Sehr geehrte Damen und Herren!
Das Planfeststellungsverfahren „Ausbau Frachtflughafen Leipzig/Halle“ weist - wie mittlerweile keiner der Beteiligten ernsthaft bestreitet - gravierende Mängel auf, weshalb der Antrag auf Wiederholung des Verfahrens zwingend notwendig ist.
Der vorliegende Verwaltungsstandpunkt bietet keinen Alternativvorschlag, auch wenn er das behauptet. Der vorliegende VSP verlangt von der Planfeststellungsbehörde nur das, wozu sie so oder so verpflichtet ist, und - und das ist vielleicht der entscheidende Punkt - der VSP toleriert, bestätigt unter der Hand den höchst beklagenswerten Zustand von wichtigen Unterlagen vorliegender Planfeststellung. Weder die Fluglärmprognose des Münchener Büros Obermayer noch die landeseigenen Lärmkartierungen und Betroffenheitsanalysen sind stimmig. Kurz und bündig: Die Planfeststellungsunterlagen verharmlosen die tatsächlichen Belastungen, die auf Leipzig zukommen.
Um es pointiert zu formulieren: Den Anwohnern wird im Planfeststellungsverfahren versprochen, dass entlang ihres Grundstücks ein Radweg gebaut wird. Tatsächlich aber ist eine Autobahn geplant. Der abschließende Satz im VSP geht wie folgt - ich zitiere -:
"Außerdem wäre eine Wiederholung des Planfeststellungsverfahrens mit erheblichem zeitlichem und finanziellem Mehraufwand […] verbunden."
Das ist wirklich ein schlechter Witz. Denn wie wir spätestens seit diesem Dienstag wissen - und der Oberbürgermeister wird ja in seinem Bericht auch noch einmal auf die Situation des Flughafens eingehen -, ist der Flughafenausbau selbst und nicht die Wiederholung des Planfeststellungsverfahrens das eigentliche Risiko. Heißt: Der Ausbau des nächtlichen Frachtflugverkehrs ist mit extraordinären finanziellen Belastungen für den Steuerzahler verbunden und eben nicht die Gewährleistung eines rechtssicheren Planfeststellungsverfahrens.
Das Flughafenmanagement - in persona Götz Ahmelmann, Chief der Mitteldeutschen Flughafen AG - ist angesichts des finanziellen und ökonomischen Desasters um keine Antwort - um keine abgedroschene Antwort - verlegen. Herr Ahmelmann nämlich weiß einen eleganten Ausweg aus der drohenden Misere bzw. der drohenden Insolvenz. Sein stumpfer bzw. stupid wiederholter Slogan lautet: Wachstum, Wachstum, Wachstum. Auf den Einwand, dass man so die Karre nur noch weiter in den Dreck fährt, bekommt man keine Antwort; bestenfalls den Allerweltshinweis, dass ja niemand die berühmte Glaskugel besäße, mit der man in die Zukunft schauen könne. Nur, leider, Herr Ahmelmann, Phrasen allein ersetzen kein tragfähiges, belastbares Zukunftskonzept.
Nicht von ungefähr haben daher Ortschaftsräte und Stadtbezirksbeiräte, die unseren Antrag aufgerufen haben, nicht dem VSP, sondern dem Antrag - und zwar parteiübergreifend - zugestimmt. So die Ortschaftsräte Böhlitz-Ehrenberg, Lützschena-Stahmeln, Rückmarsdorf, Burghausen, so die Stadtbezirksbeiräte Nordwest und Alt-West, und auch der Wirtschaftsausschuss und der Ausschuss Umwelt, Ordnung haben mehrheitlich für den Antrag gestimmt. - Danke.