Rede von Bert Sander am 31. März 2021 zum Haushaltsantrag "Fluglärm-Messstationen"

Foto: Martin Jehnichen

- es gilt das gesprochene Wort -

Um Missverständnissen von vornherein zu begegnen: Hintergrund für den hier in Rede stehenden Antrag ist nicht, dass wir die Messergebnisse des Flughafens anzweifeln. Wir behaupten nicht, dass die Ergebnisse falsch oder gar manipuliert seien. Wir sagen vielmehr, dass zu wenig gemessen wird.
Der Flughafen betreibt die ihm gesetzlich vorgeschriebenen 10 festen Fluglärmmessstationen.

Auf der Gemarkung Leipzig jedoch gibt es nur eine feste Fluglärmmessstation, und zwar in Hohenheida. In den durch die einseitige Frequentierung der südlichen Start- und Landebahn in der Nacht besonders betroffenen Leipziger Ortschaften wie etwa Lützschena-Stahmeln, Waren, Böhlitz-Ehrenberg oder Lindenthal gibt es keine.
An dieser Stelle wird gerne ins Feld geführt, dass der Flughafen neben den festen auch 3 mobile Messstationen betreibt. Ja, aber die Mobilen sind – wie es halt ihrer Natur entspricht – mal hier, mal dort. Sie messen punktuell – langfristige und damit vergleichbare und vor allem Entwicklungen ablesbare Daten liefern sie eben nicht.
Genau aus diesen Gründen hat die Stadt Frankfurt am Main 4 feste Fluglärmmessstationen zusätzlich eingerichtet (und das, obwohl am Frankfurter Flughafen von 22:00 bis 5:00 Uhr Nachtflugverbot gilt) und, wie wir vor wenigen Tagen erfahren haben, selbst die Stadt Leuna, immerhin 30 km vom Flughafen Leipzig entfernt, hat im Zusammenhang mit der 15. Planänderung zum Flughafenausbau Leipzig/Halle 3 eigene Messstationen eingerichtet und von Gutachtern ein Lärmgutachten erstellen lassen, das – Zitat – im „Ergebnis einen gemessenen Maximalpegel teils über 60 dB(A) (Lasmax) festgestellt“ hat.

In diesem Zusammenhang auch ein Beispiel aus Leipzig:

2019 und 2020 waren jeweils für 3 Monate mobile Messstationen in Lützschena-Stahmeln aufgestellt. Die Messdaten dieser Stationen sind bis heute nicht veröffentlicht, trotz mehrerer Nachfragen der Betroffenen, übrigens auch bei der Stadt Leipzig. Der Flughafen und die Fluglärmkommission spricht in diesem Fall von einem – Zitat – „Lärmphänomen“. – Nur so viel dazu, dass mittlerweile wohl auch unabhängige Fluglärmmessungen notwendig sind. Das Messdatentheater wird sich – so ist vorauszusehen – auch in Hinblick auf andere Emissionen wie CO2 oder Feinstaub fortsetzen.

Aber gut – weiter:
Es wurde und wird wiederholt darauf hingewiesen, wie wichtig der Flughafen für die wirtschaftliche Entwicklung ist, wie sehr die Stadt vom Frachtflughafen profitiert – ja, und gerade deswegen wäre es nur recht und billig, wenn auch den Sorgen der Leipziger Bürger entsprechend Rechnung getragen wird, heißt konkret:
– So wir statt der beantragten 5 Stationen auf 3 zurücksetzen, kosten Anschaffung und Betrieb in Summe um die 60.000 Euro.

Geehrte Kolleginnen und Kollegen, es wird den betroffenen Bürgern und Ortschaften nicht zu vermitteln sein, dass die Stadt 2020 für Anteilszahlung (2,1 %) und Bilanzausgleich in Summe etwa 1,1 Millionen € an den Flughafen überweist, – der Stadtrat aber den nur fünfstellige Beitrag von 60.000 € für Lärmschutzmaßnahmen verweigert.

Geehrter Rat, der hier zur Diskussion stehende Antrag ist übrigens der einzige Antrag in dem heute zu verabschiedenden Haushalt, der sich dem Mammutunternehmen Frachtflughafen direkt widmet. So dieser Antrag heute nicht einfach – mir nichts, dir nichts – abgelehnt wird, würde der Leipziger Stadtrat signalisieren, dass er die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger bezüglich Flughafenausbau tatsächlich ernst nimmt. Es wäre ein Beleg, ja ein deutliches politisches Zeichen dafür, dass wir nicht wegschauen, sondern genau hinschauen.

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