Rede von Bert Sander in der Ratsversammlung am 29.04.2020 zur Fortschreibung des Lärmaktionsplans2020

Foto: Martin Jehnichen

- es gilt das gesprochenen Wort -

 

Die Fortschreibung des Lärmaktionsplans (LAP) von 2013 ist seit Jahren überfällig. Bereits 2015 wurde nicht nur von meiner Fraktion im Stadtrat zur längst angezeigten Fortschreibung des LAP gedrängt. 2015 gab es zwei Anfragen bezüglich Stand Lärmaktionsplan; die letzte Anfrage ist datiert mit September 2018. Erst im Juni 2019 wurde endlich eine entsprechende Infovorlage zur Öffentlichkeitsbeteiligung in den Stadtrat gebracht.

Tja, und jetzt, fünf Minuten vor der Angst, dieses in vieler Hinsicht unbefriedigende Papier.

Durch die Bürgerbeteiligung wurde noch einmal mehr als deutlich, dass der Fluglärm gerade für den Norden und Westen Leipzigs eine schwere Belastung darstellt.

Dass der vorliegende Lärmaktionsplan dem Fluglärmproblem nur wenige Seiten widmet, ist nicht das entscheidende Ärgernis, viel schwerer wiegt, dass die Ausführungen defensiv, unkritisch und fehlerhaft ausfallen:

Ein Beispiel: Die auf Seite 34 aufgeführten umgesetzten Lärmminderungsmaßnahmen sind nur Scheinlösungen bzw. Falschmeldungen.

Machen wir es konkret:

 

  • Die sogenannte „Optimierung“ der Kurzen Südabkurvung hat zu keiner Lärmminderung, sondern zu einer Lärmerhöhung im Nordwesten von Leipzig geführt, da die Kurve noch enger und damit tiefer über die OT führt. Einziger Nutznießer dieser Maßnahme sind Fluggesellschaften, weil sich dadurch die Flugzeit insgesamt verkürzt.

Weiter:

  • „Kein planmäßiger Einsatz von AN26 … seit Januar 2016“??? – Allein in diesem Jahr gab es von Januar bis März 10 S/L von AN26. Hinzu kommen 35 S/L der noch lauteren AN12 und 6 S/L der AN22.

Weiter

  • Die herausgestellte Aufforstung zeitigt in frühestens einigen Jahrzehnten Effekte; vorausgesetzt, die Bäume überstehen die Dürrejahre

Und dann

  • Das berühmt berüchtigte Point-Merge-Verfahren wurde nicht aus Lärmschutzgründen, sondern zur Erhöhung der S/L Kapazitäten eingeführt – was selbst dem Flughafen zugeneigte Presseorgane herausstellen mussten. Das Point-Merge-Verfahren ist im Übrigen seit diesem Jahr beendet; warum wohl, etwa weil es tatsächlich Lärmminderungen eingebracht hat, nein, weil dieses Verfahren nunmehr einer noch größeren Kapazitätserweiterung im Wege steht.

 

Die dann auf Seite 34 aufgeführten Maßnahmen, die man in der nächsten Zukunft verfolgen möchte, sind Placebos und fallen hinter bereits getroffene Stadtratsbeschlüsse zurück.

Nichts ist weithin zu lesen von:

 

  • Gleichverteilung sowohl der nächtlichen Starts und Landungen auf beide Start- und Landebahnen
  • Einführung von Lärmpausen
  • Abschaffung der Kurzen Südabkurvung
  • Kein weitere Ausbau des Frachtfluges
  • Kontingentierung und Deckelung der nächtlichen Starts und Landungen
  • Keine Erweiterung des Siedlungsbeschränkungsgebietes

 

Dagegen wird an erster Stelle in der besagten Passage des LAP als Ziel ausgegeben:

 

  • Umfliegen des Leipziger Stadtgebietes im Nachtzeitraum

 

Bitte, was soll das heißen, soll tagsüber die Stadt nunmehr überflogen werden können, nur eben nachts nicht? Im Übrigen, die Stadt wird nachts nicht überflogen, die Kurze Südabkurvung zum Beispiel darf in der Zeit von 22:00 bis 6:00 nicht genutzt werden.

Soweit auf die Schnelle.

Das Lesen des LAP gleicht dem Laufen in tiefem, sehr lockerem Sand – man kommt einfach nicht auch nur einen Schritt voran.

Weil wir aber nicht gegen den Lärmaktionsplan der Stadt stimmen wollen bzw. weil wir gerne einen Lärmaktionsplan der Stadt unterstützen wollen, beantragen wir für die heutige Ratsversammlung die Absetzung besagter Vorlage.

 

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