Rede von Chantal Schneiß am 25. Juni 2025 zum Antrag "Lebensrettungsschulungen in Schulen etablieren"

- es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Beigeordnete, Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen, liebe Zuschauerinnen und Zuschauern auf der Tribüne und im Stream
Wie einige von Ihnen vielleicht wissen, im echten Leben, wenn ich nicht gerade hier vor Ihnen stehe, bin ich Krankenpflegerin.
Ich habe auf der Intensivstation einer Klinik gearbeitet, die auf Herzerkrankungen spezialisiert ist. Oft bekamen wir Patient*innen „von draußen“ nach Herzstillstand.
Wenn man Glück hatte, relativ Kreislauf stabil, manchmal aber auch unter laufender Reanimation.
Das sieht dann meist so aus, dass die Person mit dem Rücken auf einem Brett liegt, und über ihr ein Bolzen, der regelmäßig gegen den Brustkorb hämmert.
Besonders eine Situation werde ich nie vergessen: Ein Familienvater Mitte/Ende 40 kollabierte bei einer Radtour. Niemand der Umstehenden traute sich, eine Herzdruckmassage durchzuführen, erst der eintreffende Rettungsdienst begann damit - viel zu spät.
Sein Gehirn war viel zu lange ohne Sauerstoff.
Diese und viele ähnliche Geschichten sind der Grund, warum es mir ein Herzensthema ist, dass wir flächendeckend Erste-Hilfe Schulungen anbieten. Nur so verliert man die Berührungsangst.
Der plötzliche Herztod ist eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland. Jährlich sterben etwa 60.000 Menschen daran. Bei einem Herzstillstand zählt jede Minute. Ohne Wiederbelebungsmaßnahmen sinkt die Überlebenschance pro Minute um 10 Prozent. Nach 10 Minuten ohne Hilfe ist ein Überleben nahezu ausgeschlossen.
Doch in Deutschland beginnen nur etwa 40 Prozent der Zeugen eines Herzstillstands mit Wiederbelebungsmaßnahmen – in skandinavischen Ländern sind es über 80 Prozent. Warum? Weil dort Reanimationstraining in Schulen seit Jahrzehnten selbstverständlich ist.
Studien belegen eindeutig: Bereits Kinder ab 10-12 Jahren können erfolgreich Wiederbelebungsmaßnahmen durchführen. Sie haben keine Berührungsängste, lernen schnell und behalten das Wissen langfristig. Genau das war unsere Idee hinter dem Antrag. Darin fordern wir die Entwicklung eins Konzepts zur Einführung von Erste- Hilfe Maßnahmen für alle Schüler*innen aller 8. Klassen unserer städtischen Schulen.
Mit unserem Antrag verfolgen wir mehrere Ziele gleichzeitig: Wir stärken das Verantwortungsbewusstsein junger Menschen, fördern ihre Gesundheitskompetenz und leisten einen konkreten Beitrag zur Prävention. Gleichzeitig schaffen wir ein Bewusstsein für die Bedeutung von Solidarität und gegenseitiger Hilfe in unserer Gesellschaft.
Den Verwaltungsstandpunkt, den wir zu dem Antrag bekommen haben- ein Alternativvorschlag, werden wir übernehmen.
Ich denke oft an den jungen Mann, dessen Leben wir nicht retten konnten. Mit unserem heutigen Beschluss können wir dafür sorgen, dass künftig mehr Menschen in solchen Situationen gerettet werden. Dass mehr Menschen eine zweite Chance bekommen.
Lassen Sie uns gemeinsam diesen wichtigen Schritt gehen und in die Gesundheit und das Verantwortungsbewusstsein unserer jungen Generation investieren. Denn ein Herzstillstand kann jeden von uns jederzeit treffen und dann ist es gut, wenn Hilfe da ist.