Rede von Daniel von der Heide, verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion in der Ratsversammlung am 7. September 2017 zum Antrag der Fraktion Die Linke „Tarifmoratorium“

(es gilt das gesprochene Wort)

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister,
werte Kolleginnen und Kollegen,
liebe Gäste,

ich möchte zum Eingang meiner Rede einiger Passagen aus dem Verwaltungsstandpunkt zur Petition „Schluss mit Fahrpreiserhöhungen“ von 2015 zitieren:

Mit dem Strategieprozess bezüglich der künftigen Finanzierung des ÖPNV im MDV wurde bereits eine gute Basis für ein Konzept eines finanzierbaren ÖPNV geschaffen. Diese Grundlage sowie die in dieser Analyse grundsätzlich dargelegten Finanzierungsoptionen gilt es, ggf. im Zusammenhang mit weiteren Ideen, in den kommenden Jahren u. a. unter Berücksichtigung alternativer Finanzierungsformen und der Einbindung der Politik sowie weiterer Stakeholder speziell für die Stadt Leipzig zu konkretisieren sowie ein abgestimmtes und vertragliches Finanzierungskonzept für die Stadt Leipzig zu schaffen. Hierfür wurden bereits Arbeitsgruppen gebildet.

Nach gegenwärtigem Stand werden sich die Gremien frühestens 2016, ggf. aufgrund der Komplexität sowie damit zusammenhängender umfänglicher Rechtsprüfungen auch erst 2017 intensiv mit der Finanzierung des ÖPNV in der Stadt Leipzig befassen können.

Wie bereits beschrieben, wird damit gerechnet, dass den Gremien Ende 2016 bzw. in 2017 ein endabgestimmtes und rundes Finanzierungskonzept vorgestellt werden kann. Im Zuge eines funktionierenden und „gesunden“ Maßnahmenmixes zur künftigen Finanzierung des ÖPNV ist kurzfristig schwer vorstellbar, dass auf Tarifanpassungen zukünftig verzichtet werden kann.

Wenn es dieses endabgestimmte und runde Finanzierungskonzept geben würde, ja, wenn es wenigstens realistisch irgendwie am Horizont erkennbar wäre und man darauf vertrauen könne, dass daran zielorientiert gearbeitet wird und zeitnah Ergebnisse präsentiert werden, würden wir heute sicherlich nicht für ein Tarifmoratorium stimmen. Aber, es gibt nichts. Gar nichts. Die Gutachten, die der MDV aufwändig erstellen ließ, sind schnellstmöglich und mit Stadtratsbeschluss – übrigens auch mit Stimmen der SPD, die ja nun wieder neue Untersuchungen fordert – abgesegnet in die Schublade gelegt worden.

Der Verwaltungsstandpunkt zu diesem Antrag heute stellt folgerichtig weder Konzept noch Diskussion oder ähnliches in Aussicht. Man mag auch bei den Autoren in der Verwaltung eine gewisse Ernüchterung vermuten.

Das einzige, worauf sich hier alle einigen können ist der Verweis auf Bund und Land. Aber auch die Diskussion im Land sollte nicht nur die LVB für Leipzig führen müssen, z. B. in der Strategiekommission zum ÖPNV. In der nächsten Ratsversammlung wird die Stellungnahme der Stadt zum Nahverkehrsplan des ZVNL auf der Tagesordnung stehen. Wenn Sie die lesen und sich bewusst machen, dass der ZVNL die Mobilitätsanforderungen in Leipzig offensichtlich so gar nicht auf dem Schirm hat, dann muss ich mich schon fragen, wo ist der Leipziger Einfluss und die Leipziger Stimmen im Land und insgesamt in den relevanten Gremien?

Insgesamt sind wir der Meinung, dass die Kostensteigerungen im ÖPNV nicht mehr alleine durch die Fahrgäste über Tarifsteigerungen zu finanzieren sind. Uns wäre ein cleveres und rundes Finanzierungskonzept, wie es 2015 mal angekündigt wurde, sicherlich lieber als das heute zur Abstimmung stehende Tarifmoratorium. Aber nur dieses steht zur Abstimmung und daher werden wir diesem zustimmen.

Ein Satz aber noch an die antragstellende Fraktion: Sie haben die Streichung des Aufsichtsrates aus dem Beschlusstext übernommen, vermutlich damit wir heute keinen rechtswidrigen Beschluss fassen würden. Implizit treffen wir heute aber nach meiner persönlichen Überzeugung dennoch eine Entscheidung, die für die Arbeit als Aufsichtsrat Folgen hat: Wenn es heute wieder keine Mehrheit für ein Tarifmoratorium gibt, gibt es im Umkehrschluss eine Mehrheit für weitere Tariferhöhungen und dann kann ich im Aufsichtsrat schlecht dagegen stimmen, sowohl in meiner Rolle als Anteilseignervertreter als auch im Interesse des Unternehmens. Ich weiß nicht, ob Sie diese Folgewirkung auch für sich akzeptieren, aber dann sollten Sie vielleicht grundsätzlich vorsichtig sein, die Ausübung des Aufsichtsratsmandates an Stadtratsbeschlüsse binden zu wollen.

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