Rede von Daniel von der Heide zum Antrag „Fortschreibung Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag“
Rede von Stadtrat Daniel von der Heide, verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, zum Antrag „Fortschreibung Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag“ in der Ratsversammlung am 24. August 2016
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister,
werte Kolleginnen und Kollegen,
liebe Gäste,
um es gleich am Anfang klarzustellen: Wir sprechen heute nicht über einen Zuschuss an die LVB, sondern über den Ausgleichsbetrag. Die Stadt hat Nahverkehrsleistungen definiert, die teilweise nicht eigenwirtschaftlich zu erbringen sind und für diese Leistungen erhält die LVB einen Ausgleichsbetrag.
Dieser Ausgleichsbetrag liegt seit 2012 bei 45mio Euro. Alle anderen Zahlungen, die die LVB von der Stadt erhält, haben eine andere Grundlage und haben mit der heutigen Diskussion nichts zu tun.
Vor 2012 war der Ausgleichsbetrag nicht etwa niedriger, so dass er 2012 etwa letztmalig angehoben wurde, nein, vorher war der Ausgleichsbetrag höher! Es gab offenbar gute Gründe damals, den Ausgleichsbetrag zu senken, um die LVB deutlich effizienter zu machen. Dies ist gelungen, die Einsparungen, welche die LVB im Rahmen von Fokus 25 erzielt hat, sind beeindruckend. Es ist gelungen, den Ausgleichsbetrag von 52mio Euro in 2009 auf 45mio Euro ab 2012 zu senken und ab 2012 nicht zu erhöhen. Dennoch wurden ausgeglichene Jahresergebnisse erzielt. 2012 bis 2016 denselben Ausgleichsbetrag heißt aber auch, dass die vorhandenen Kostensteigerungen in den letzten fünf Jahren jedes Jahr von der LVB und ihren Fahrgästen erwirtschaftet und bezahlt wurden. Der MDV geht in seinen Prognosen von 3% Kostensteigerung jedes Jahr aus. Ein Wert, der auch von Herrn Morlok, relativ unverdächtig dem ÖPNV das Wort zu reden, einmal in der Ratsversammlung als realistisch bestätigt wurde. Wir fordern jetzt eine Erhöhung des Ausgleichsbetrages um ca. 6,5% für die kommenden beiden Jahre, das sind also in etwa proportional die Kostensteigerungen. Da der Ausgleichsbetrag ja nur einen Teil der Finanzierung ausmacht, werden die LVB weiter effizient wirtschaften müssen, insbesondere da der Antrag ja zum Ziel hat, ein Abdämpfen der jährlichen Fahrpreiserhöhungen zu ermöglichen.
Auf der einen Seite sind die erreichen Effizienzgewinne in der LVB in den letzten Jahren beeindruckend. Auf der anderen Seite möchte ich bei dieser Gelegenheit betonen, dass die LVB auch an den verpassten Chancen von damals krankt. Leipzig wächst seit Mitte der Nuller-Jahre und nun auch schon ein paar Jahre sehr rasant. Aber auf neue Straßenbahnen zur Ablösung der hübschen, aber völlig veralteten Tatrabahnen mit ihren Hochfluren müssen wir bis zum nächsten Jahr warten, weil die Entwicklung offensichtlich verschlafen oder verkannt oder beides wurde. Ich kann das natürlich auch leicht mal kritisieren, weil ich noch nicht so lange Stadtrat bin. Aber spannend wäre doch die Frage: Wie konnte das passieren? Was lief damals schief, wenn in der LVB heute bei geringerem Ausgleichsbetrag eher mehr investiert werden kann als 2009? Es wirkt jedenfalls auch heute nicht so, als ob die Kompetenzen und Verantwortlichkeiten in der Verwaltung zwischen Beteiligungsmanagement und Verkehrs- und Tiefbauamt in Bezug auf die LVB klar geregelt sind. Ich weiß nicht, ob die bbvl damals die Probleme gesehen und davor gewarnt hat und ich bin mir auch nicht sicher, ob sie heute sowohl den nötigen Einblick als auch die Freiheit hätte, um rechtzeitig mit den Alarmglocken zu läuten.
Auch wenn die CDU sich gerne intensiv auf Nebenkriegsschauplätzen wie Radfahrstreifen und Fahrradbügeln tummelt ist doch klar, dass der Wirtschaftsverkehr bei stetig steigendem Bevölkerungswachstum mit entsprechend steigendem Verkehrsaufkommen im Stau stehen MUSS, wenn es keine attraktiven Alternativen für diejenigen gibt, die nicht unbedingt mit dem Auto fahren müssen.
Ist es nun verantwortlich, Geld aus dem städtischen Haushalt für die LVB zu fordern? Es ist genauso viel oder wenig verantwortlich, wie Sie, Herr Jung, mit dem städtischen Haushalt umgehen. Mit den verwaltungsinternen Änderungen zum Haushalt 2015/16, die jetzt nicht mehr so heißen, aber faktisch dasselbe sind, wurden in 2016 ca. 1,8mio Euro aus dem städtischen Haushalt an die Kulturbetriebe geleitet. Letztlich natürlich beschlossen vom Stadtrat, aber auf Ihren Vorschlag. Heute kann der Stadtrat ebenfalls beschließen, nur eben nicht auf Ihren Vorschlag, das ist der Unterschied. Für ein gemeinsames, verantwortungs- und vertrauensvolles Zusammenarbeiten in diesem Zusammenhang wäre es sicher hilfreich, wenn Sie dem Stadtrat und der Öffentlichkeit Ihre Prioritäten für die Haushaltsplanaufstellung zur Kenntnis geben würden, aber das möchten Sie nicht. Weiterhin wäre es hilfreich, wenn die Fortschreibung des Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrages rechtzeitig als Vorlage aus der Verwaltung käme und nicht von uns beantragt werden muss. Und es wäre hilfreich, wenn in der Diskussion um die Finanzierung der LVB nicht Äpfel mit Birnen verglichen werden und z. B. versucht wird, die Ausgleichszahlungen für den Schülerverkehr, den die Stadt vom Freistaat nur an die LVB durchreicht, als eigene Zahlung der Stadt umzudeklarieren. Von einer solchen Zusammenarbeit auf Augenhöhe sind wir beim Thema ÖPNV-Finanzierung leider weit entfernt und deswegen werden Sie, Herr Jung, mit solchen Anträgen leben müssen! Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag!