Rede von Dr. Gesine Märtens in der Ratsversammlung am 22. August 2018 zum Antrag "Caroline-Neuber-Förderpreise 2018"

Foto: Fraktion
Foto: Martin Jehnichen

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Gäste hier und im Netz,

Wir ziehen diesen Antrag zur Weiterführung des Caroline-Neuber-Preises zurück. Dieser Entscheidung vorausgegangen sind harte Gefechte  mit dem Dezernat Kultur auf verschiedenen Ebenen. Ich war empört darüber, wie das Kulturdezernat einen solchen Preis so leichtfertig aus der Hand zu geben schien.
Bis zu dem Tag, als Herr Lübbe unser Intendant des Schauspielhauses seinen neuen Spielplan für die bevorstehende Spielzeit vorstellte.

2018/ 2019 inszenieren doch ausschließlich Männer am Leipziger Schauspielhaus und sie inszenieren fast ausschließlich  Geschichte von wichtigen und weniger wichtigen Männern.  Faust , PRINZ Friedrich von Homburg, LAZARUS,  Der Vater: so die vielversprechenden Titel. Natürlich war ich, dass können Sie sich vorstellen, empört.
Herr Lübbe uns sein Dramaturg erklärten wortreich, sie hätten sich wirklich sehr bemüht eine Regisseurin zu gewinnen, aber alle in Frage kommenden Geschöpfe wären einfach mindestens 4  Jahre in die Zukunft ausgebucht. Es gäb zu wenig Frauen im Theater.

An dieser Stellen bin ich eingeknickt:  Wenn die erfolgreichen Regisseurinnen sich vor Arbeit nicht retten können, dann brauchen sie nicht auch noch einen Preis.

Was wir aber für unsere Theater brauchen, sind mehr Regisseurinnen. Und zwar nicht nur wegen der reinen Parität.
Momentan ist das so: Männer machen Theater für Frauen. Männer erzählen, wie in diesem Jahr in Leipzig Geschichten über Männer und das Publikum besteht mehrheitlich aus Frauen, die sich für die Geschichten von Männern über Männer interessieren.

Das ist doch ungerecht: wo bleibt das männliche Publikum. Wir brauchen dringend Frauen, die Geschichten über Frauen erzählen, damit wieder mehr Männer Lust am Theaterbesuch entwickeln und das viele schöne Geld, dass wir in die Theater investieren, auch den Männer zu Gute kommt.

Natürlich brauchen wir auch mehr Frauen am Theater, um das Klima für jede einzelne Frau zu verbessert. Die Metoo - Debatte hat auch in Deutschland gezeigt, dass gerade die Welt der Darstellenden Kunst für Frauen eine gefährliches Pflaster ist. Das liegt auch an der zahlenmäßig schwachen Position der Frauen in diesem Metier. Die Frauen haben es satt: oder um mit dem Titel der kürzlich an der HMT geführten  Debatte „Gegen Machtmissbrauch und sexuelle Diskriminierung in der Musikausbildung“  zu sprechen: ES KOTZT UNS HOCHGRADIG AN.

Was also brauchen wir: ein Caroline-Neuber-Förderprogramm, dass den weiblichen Nachwuchs am Theater fördert. Damit der arme Herr Lübbe und seine Mannen nicht verzweifeln, wenn Sie nach einer Regisseurin suchen und  damit mehr Frauen sich im Theater breit machen und ihre Umgangsregeln durchsetzen.

Insoweit muss ich der Verwaltung recht geben. Das Förderprogramm ist der richtige Weg.

Bedauerlich und kritikwürdig bleibt, dass diese Erkenntnis schon eine Weile da zu sein scheint, aber in die Entwicklung des neuen Programms bisher zu wenig Energie fließt. Lassen Sie es mich deshalb zusammenfassen:
In zwei Jahren muss dieses neue Förderprogramm installiert sein. Wir werden weiter scharf darauf achten, dass es passiert und dass es ausreichend finanziert ist.

Zurück