Rede von Dr. Gesine Märtens in der Ratsversammlung am 8. Februar 2017 zum Antrag der AfD-Fraktion "Namensgebung einer Grund- oder Oberschule der Stadt Leipzig nach Katharina von Bora"

Rede von Dr. Gesine Märtens, Stadträtin und gleichstellungspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, in der Ratsversammlung am 8. Februar 2017 zum Antrag der AfD-Fraktion "Namensgebung einer Grund- oder Oberschule der Stadt Leipzig nach Katharina von Bora"

- es gilt das gesprochene Wort -

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Beigeordnete,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

liebe Gäste,

Wer war Katharina von Bora?

Mit 6 ins Kloster gegeben, mit 16 Nonne geworden, mit 24 aus dem Kloster geflohen, mit 26 Jahren den deutlich älteren Luther geheiratet.

Eine Liebesheirat war es wohl nicht. Aber der Hironimus Baumgartner durfte die Ex-Nonne nicht heiraten (Seine Eltern waren dagegen.) und den Kaspar Glatz wollte sie nicht. Die Ava von Schönfeld wiederum wollte den Luther nicht. So tat man sich zusammen.

Über die Monate zwischen Flucht und Heirat spinnen sich wilde Gerüchte.  Von einem unehelichen Kind gar sprach die Gegenreformation.

Katharina von Bora konnte lesen, schreiben und rechnen, was, so weiß die Geschichte, an Luthers Seite besonders wichtig war. Denn sie verwaltete und bewirtschaftete die umfangreichen Ländereien, betrieb Viehzucht und eine Bierbrauerei, um Luther und seine ihn bezahlenden Studenten zu verköstigen.

Sie finanzierte Luthers Schriften. Der soll sie zärtlich „Herr Käthe“ genannt haben.

Mit 47 war sie Witwe und Kriegsflüchtling, als der Schmalkaldische Krieg Wittenberg heimsuchte.  Sie musste sich schließlich ihr Erbe erst erstreiten und baute ihre verwüstete Heimstadt allein  wieder auf.

Es kann nur ein historischer Irrtum sein, wenn die Herren der AFD-Fraktion Katharina von Bora hochloben.  Heißt es doch im Grundsatzpapier der AFD, man möchte : „ eine gesellschaftliche Wertediskussion .... gegen die vom Gender Mainstreaming propagierte Stigmatisierung traditioneller Geschlechterrollen anstoßen.“

Katharina von Bora hat gegen so ziemlich jede Geschlechternorm ihrer Zeit verstoßen. Nichts an dieser Frau entspricht den traditionellen Geschlechterrollen, die die AFD so gern vor dem Gender Mainstreaming retten will.

Warum also wollen die Herren von der AFD, dass eine Schule in Leipzig nach Katharina von Bora benannt wird?  - Weil sie glauben, wir könnten es nicht ablehnen.

Aber wir können und müssen diesen Antrag ablehnen, denn hier  beschädigt das Zieldas Mittel. Das Andenken einer mutigen Frau soll für falsche Ziele missbraucht werden. Das lehnen wir ab.

Warum lehnen wir auch den allzu gefälligen Verwaltungsstandpunkt ab?

Weil das durch den Rat beschlossene Verfahren zur Namensgebung gar  keine Vorschlagslisten vorsieht, die wir den Schulen unter die Nase reiben sollen.

In der Handreichung zur Namenswahl heißt es: „Es ist entscheidend, einen breiten und demokratischen Prozess innerhalb der  Schule und unter Einbeziehung externer Akteure bzw. Experten zu beginnen, bevor Beschlüsse in schulischen Gremien gefasst werden.“

Die Verwaltung agiert nur als (Zitat) „Impulsgeber für die inhaltlich-konzeptionelle Ausrichtung und unterstützt helfend bei der Konzeptüberarbeitung“. Sie gibt keine politisch gefälligen Namen zur Auswahl vor oder bewirbt sie gar. Basisdemokratie ist hier das Zauberwort.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte tun sie etwas für das Andenken Katharina von Boras. Lehnen sie sowohl den Antrag, als auch den Verwaltungsstandpunkt ab.

Vielen Dank!

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