Rede von Dr. Tobias Peter am 14. Oktober zur Vorlage "Allgemeines Vorkaufsrecht im Bereich Sozialer Erhaltungssatzungen zugunsten Dritter"

- es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,
im letzten Jahr haben wir soziale Erhaltungssatzungen in sechs Gebieten beschlossen, weitere sind in Vorbereitung. Damit ist die Möglichkeit verbunden, Vorkaufsrechte seitens der Stadt anzuwenden als ein wesentliches Instrument zur Sicherung der städtebaulichen Ziele in sozialen Erhaltungsgebieten, insbesondere der Erhaltung preisgünstigen Wohnraums für die angestammte Bevölkerung.
Dabei soll das Instrument darauf hinwirken, dass Käuferinnen und Käufer im Zuge einer Abwendungsvereinbarung einvernehmlich dazu beitragen, die Ziele der Erhaltung von preisgünstigem Wohnraum für die angestammte Bevölkerungsstruktur zu erreichen.
Um aber Abwendungsvereinbarungen erfolgreich verhandeln zu können, muss die Stadt glaubhaft in der Lage sein, dass Vorkaufsrecht auch tatsächlich anwenden zu können. Dies kann zum einen mit kommunalen Mitteln erfolgen, die wir im Haushalt auch entsprechend eingestellt haben. Dies ist insbesondere für Sicherung und Zwischenerwerb wichtig.
Angesichts der derzeitigen Immobilienpreise ist aber klar, dass die im laufenden Doppelhaushalt ja noch mal aufgestockten Mittel nicht weit reichen werden und zudem die Stadt kein Träger von Bestandswohnungen ist. Angesichts der begrenzten finanziellen Ressourcen der Stadt muss deshalb das vorrangige Ziel die Ausübung des Vorkaufsrechts zu Gunsten Dritter sein. Zur Umsetzung braucht es geeignete Instrumentarien und Strukturen und müssen interessierte und geeignete Träger gewonnen werden. Dazu liegen zahlreiche Erfahrungen insbesondere der Berliner Bezirke vor.
Wir haben als Grüne Fraktion im letzten Jahr mit Beschluss der Erhaltungssatzungen einen Änderungsantrag durchgesetzt, mit dem die Verwaltung beauftragt wird,
1) Voraussetzungen, Kriterien und Verfahren zur Ausübung des Vorkaufsrechts in sozialen Erhaltungsgebieten zu Gunsten Dritter zu regeln
2) die organisatorischen, rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen für den Zwischenerwerb von Immobilien im Vorkaufsrechtsfall sowie
3) für die Vergabe von Eigenkapitalzuschüssen unter Beteiligung interessierter Dritter zu schaffen.
Die Verwaltung setzt diesen Beschluss mit der vorliegenden Vorlage nun um, worüber wir uns grundsätzlich freuen. Gleichwohl beantragen wir Grüne gemeinsam mit den Fraktionen Linke und SPD mit dem vorliegenden Änderungsantrag einige wichtige Änderungen:
1) Wir sind der Überzeugung, dass im Vorkaufsfall sichergestellt werden muss, dass die entsprechende Immobilie dauerhaft und berechenbar in sichere Hände gerät, die mieterfreundliche Konditionen gewähren können – deshalb schlagen wir in Pt. 2 vor, den Kreis auf die LWB, Genossenschaften bzw. Kleinstgenossenschaften, Vereine und Unternehmen zu begrenzen und auf Privatpersonen zu verzichten.
2) möchten wir eine jährliche statt dreiährliche Information des Stadtrats – siehe Pt. 6 des Änderungsantrags
3) sollen alle Teilnehmenden des Pools die Chance haben, sich zu bewerben und nicht ab und zu im Rahmen eines Rotationsprinzips – siehe Pt. 7 des Änderungsantrags. Gern gern stimmen wir in dem Punkt dem Änderungsantrag der Freibeuter zu, nachdem Ausnahmen entstehen, wenn ein Akteur im Vorab ausdrücklich und verbindlich erklärt hat, dass für ein Gebiet kein Kaufinteresse besteht
4) sollen die betroffenen Mieter*innen die Möglichkeit haben, im Falle mehrerer Bewerber zu votieren, wer den Zuschlag bekommt – siehe Pt. 8 unseres Änderungsantrags. Auch hier stimmen wir gern dem Änderungsantrag der Freibeuter zu, nachdem MieterInnen auch selbst erwerben können, und ein Regelwerk für das Votum der Mieterinnen zu erarbeiten ist
5) Schließlich beantragen wir in Pt. 9 des ÄA, dass der Oberbürgermeister dem Stadtrat bis Ende 2021 das Ergebnis der beihilferechtlichen Prüfung und eine Vorlage für Unterstützung an die LWB, Wohnungsgenossenschaften und genossenschaftsähnlichen Rechtsformen im Falle der Ausübung des Vorkaufsrechtes zugunsten o. g. Dritter vorlegt.
Dieser Punkt entspricht dem Auftrag der Ratsversammlung, auch Zuschüsse oder ggf. Darlehen zu überprüfen, mit dem die Erwerber unterstützt werden können. In Berlin gibt es eine entsprechende Regelung bereits und es ist angesichts der derzeitigen Immobilienpreise ein wesentliches Element für das Gelingen dieses Instruments. Entsprechende Mittel haben wir im Haushalt bereitgestellt.
Zugleich kann die Wahrnehmung des Vorkaufsrechts zu Gunsten Dritter zu einer ausgewogenen Wohnungsmarktstruktur beitragen.
Einen Punkt, den wir hier nicht eingebracht haben, der aber dennoch wichtig ist – wir gehen davon aus, dass seitens des AWS die Ankaufträger, insbesondere Mietergemeinschaften und Kollektivhausprojekte in diesem durchaus komplexen Verfahren begleitet und beraten werden. Hier würde ich mich noch über eine Zusicherung seitens Herr Dienberg freuen, dass dies gewährleistet wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
mit der Verabschiedung dieser Vorlage und der hier verdeutlichten Änderungen gehen wir einen weiteren wichtigen Schritt für bezahlbares Wohnen in Leipzig, weitere werden und müssen sicher folgen – im Interesse der Mieterinnen und Mieter in Leipzig. Ich bitte um Ihre Zustimmung, vielen Dank!