Rede von Dr.Tobias Peter am 15.01.2025 zum Haushaltsplanentwurf 2025/2026

- es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, werte Beigeordnete, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,
heute Abend werden wir mit der Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Gesine Oltmanns auch all jene ehren, die sich für Freiheit und Demokratie in unserer Stadt einsetzen. In diesen Tagen ist dies wichtiger denn je, denn wir erleben mit den Angriffen auf unsere Freiheit und Demokratie von Putin, von Trump, in Österreich und auch bei uns, dass die Demokratie unter Druck ist, wir erleben, dass allzuviele an unserer Demokratie zweifeln.
Warum sage ich das in einer Haushaltsrede? Weil wir mit dem Haushalt die Voraussetzungen von Freiheit und Demokratie befördern. Weil wir ganz konkret Orte der Bildung, der Kultur und des Austauschs – Orte der Demokratie finanzieren. Weil wir ganz konkret investieren in Zukunft, bei Wohnen, Mobilität, in Arbeitsplätze und vieles mehr. Weil wir damit ermöglichen, dass demokratische Politik liefert zum Wohle der Menschen - besser als jede Autokratie, weil sie die Anliegen und Ideen der Menschen vor Ort ernst nimmt, fördert und umsetzt. Das muss unser Anspruch sein an diesen Haushalt - und wir sehen bei allen demokratischen Fraktionen auch Ansätze dafür, bei aller Kritik im einzelnen.
Der anstehende Doppelhaushalt steht zweifellos vor Herausforderungen. Dass die von uns seit Jahren eingeforderte strategische Priorisierung ebenso wie die Aufgaben- und Stellenkritik beim Personal unterblieb, rächt sich jetzt. Wir stehen dazu, dass eine wachsende Stadt auch mehr kommunales Personal braucht – aber wir stehen auch zur notwendigen Aufgabenkritik. Lassen Sie uns eine Aufgabenkritik angehen, die kritisch auf Prozesse und Strukturen schaut und z.B. Aufwand durch Digitalisierung spart. Es ist doch absurd, dass wir zig zusätzliche Stellen zur monatelangen analogen Bearbeitung von Wohngeldanträgen schaffen statt diesen Prozess konsequent zu digitalisieren – zum Nutzen unseres Haushalts und der Bürgerinnen. Aufgabenkritik kann eine Chance zur Modernisierung sein. Auch das stärkt das Vertrauen in Innovationskraft demokratischer Politik.
Stattdessen erleben wir, dass der OBM nach dem Rasenmäherprinzip hunderte Stellen streicht oder umlegt, während wir nach außen eine Personalgewinnungskampagne fahren. Diesen Kurs wie die CDU noch zu verschärfen, ist vollkommen fehlgeleitet. Es ist das Gegenteil von klug, weil damit notwendige Kernaufgaben auf Eis liegen, weil gesicherte Fördermittel zurück gezahlt werden müssten, wir also finanziell unter dem Strich einbüßen. Das ist das Gegenteil einer Demokratie, die liefert - das werden wir nicht hinnehmen.
Unsere Fraktion setzt sich für einen ausgeglichenen Haushalt ein und macht dafür Vorschläge, indem wir beispielsweise den Abriss des Alten Technischen Rathauses einsparen, eine Verpackungssteuer einführen oder das Bewohnerparken ausweiten. Das wird Spielräume für notwendige Mehrausgaben schaffen. Uns leitet das Prinzip sozialer, ökologischer und wirtschaftlicher Nachhaltigkeit – und finanzieller Nachhaltigkeit.
Finanzielle Nachhaltigkeit heißt nicht, mit der Brechstange eine Schwarze Null zu erzielen. Das Ergebnis einer solchen CDU-Politik kennen wir: einstürzende Carola-Brücken, Zugverspätung als Standard und Holzinternet in weiten Teilen des Landes. In der ganzen Republik zeigt sich, dass nicht getätigte Investitionen die Schulden von morgen sind. Davon bitte nicht noch mehr, liebe Kollegen von der CDU.
In den beiden vergangenen Haushalten haben wir durch antizyklisches Agieren mit Investitionen dazu beigetragen, dass Leipzig wachstumsstark aus den Krisen kam - siehe Gewerbesteueraufkommen - das wollen wir fortsetzen. Wir wissen dabei die Leipziger Wirtschaft an unserer Seite. Beim Neujahrsempfang am Montag wurden die zentralen Herausforderungen deutlich: Investitionen, Fachkräftemangel, Energie, Entbürokratisierung – und für all das einen klaren Plan und Verlässlichkeit. Die Haushaltsanträge auf der rechten Seite dieses Stadtrats atmen genau das Gegenteil davon – sie sind ein Anschlag auf unsere Leipziger Wirtschaft.
Wir setzen klar auf Investitionen, holen im baulichen Unterhalt von Kitas und Schulen auf und werden über zusätzliche Stellen für die Akquise von Fördermitteln und die notwendigen Eigenmittel für zentrale Planungs- und Bauvorhaben die bestehende Fördermittelkulisse von Land, Bund und EU besser ausschöpfen. Für Zukunftsinvestitionen in Bildungsinfrastruktur, Mobilität und Wohnen.
Finanzielle Nachhaltigkeit heißt, so zu wirtschaften, dass wir neuen Wohlstand ermöglichen und die Kosten von morgen minimieren. Aber dazu müsste man erst mal wissen, was morgen ansteht. Die Wirklichkeit von morgen besteht aus einem rasanten Klimawandel, der nicht nur in Los Angeles wütet und auch bei uns längst spürbar ist – mit unerträglichen Tropennächten, überfluteten Straßen, ausgedörrten Grünflächen, wegbrechenden Bäumen. Die Wirklichkeit erfordert eine rasante Transformation unserer Wirtschaft und Energieversorgung. Wer also meint, einfach 50 Millionen für die Wärmewende einsparen zu können, verschließt die Augen vor der Wirklichkeit. Diese Wirklichkeit ist dadurch aber nicht einfach weg, liebe Kollegen von CDU und BSW, sondern sie wird umso härter mit umso höheren Kosten für Stadtkasse und Bürger*innen zuschlagen, wenn wir nicht handeln.
Die Wirklichkeit ernst nehmen heißt, jetzt zu investieren in Klimawandelanpassung, wie wir es vorschlagen; in bürgerschaftliches Engagement für Klimaschutz und eine grüne Stadt. Kluge Investitionen, um ökologische und gesundheitliche Kosten in der Zukunft reduzieren, unsere Stadt lebenswert halten und damit attraktiv zu machen für die Fachkräfte, die wir brauchen.
Die Wirklichkeit ernst nehmen heißt, in unsere Kinder zu investieren. Denn wir sehen immer noch viel zu viele Kinder, die nicht die Bildungschancen bekommen, die sie verdienen. Um sie besser zu unterstützen, wollen wir insgesamt über 5 Mio. EUR in zusätzliches Personal in sozialen Schwerpunkträumen investieren. Für die Fachkräfte von morgen.
Die Wirklichkeit ernst nehmen heißt, in diesen Zeiten großer politischer und wirtschaftlicher Unsicherheit den gesellschaftlichen Zusammenhalt wahren. Eine Politik der Abrissbirne verstärkt Unsicherheit und spaltet unsere Stadt. Mühsam über Jahre aufgebaute Strukturen dürfen nicht gefährdet werden. Deshalb schlagen wir z.B. die Anpassung der Mittel für die freie Kulturszene an die Preisentwicklung vor.
Und hier sehen wir, wer sich klar gegen unsere Demokratie stellt. Dass die AfD in der freien Kulturszene kürzt, kommt nicht von ungefähr, denn sie haben ja ein Problem mit Freiheit – und mit kulturellen Einrichtungen, die gesellschaftliche Vielfalt und demokratische Bildung vermitteln. Es kommt nicht von ungefähr, dass die AfD das Referat für Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt einstampfen will – denn sie haben ja ein Problem mit Demokratie und gesellschaftlichem Zusammenhalt. Eine Partei, die auf eine faschistische Autokratie und Spaltung setzt, muss einen solchen Antrag stellen. Und sie verdient dafür entschiedenen Widerspruch und klare Ablehnung aller Demokratinnen und Demokraten.
Und weil das so ist, sind die Anträge von CDU und BSW umso erschreckender. Es passt doch nicht zusammen, liebes BSW, wenn sie sich sozialen Zusammenhalt auf die Fahnen schreiben und dann bei Conne Island, Nato und Werk 2 kürzen, die mit ihrer Arbeit tagtäglich genau dafür arbeiten. Und es passt nicht zusammen, liebe CDU, bürgerschaftliches Engagement einzufordern und dann mit Kino der Jugend und Ostwache genau solche Projekte beenden zu wollen, die dieses Engagement zeigen. Haben Sie sich einmal überlegt, was für ein Signal Sie setzen gegenüber all jenen, die sich ehrenamtlich über Jahre engagieren, an der Grenze der Selbstausbeutung für Jugendliche, für den Stadtteil arbeiten, etwas aufbauen und denen sie mit solchen Anträgen sagen – lasst es sein, eure Arbeit ist nichts wert? Sie zeigen mit ihren Anträgen dem bürgerschaftlichen Engagement in unserer Stadt den Mittelfinger und das nehmen wir nicht hin. Unsere Stadt ist so großartig, weil sie eine Bürgerstadt ist und wir werden unsere Bürger*innen nicht verraten, sondern sie auch weiterhin kraftvoll unterstützen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
es ist die progressive Politik der letzten zehn, fünfzehn Jahre, die dazu geführt hat, dass Leipzig einer der attraktivsten Städte Deutschlands ist, dass wir mittlerweile ein wirtschaftlicher Leuchtturm sind. Weil wir eine kreative Kulturszene finanzieren. Weil wir uns ein vorbildliches Kinderbetreuungsangebot leisten, von dem westdeutsche Städte träumen. Weil wir in Weltoffenheit und Vielfalt, in Klimaschutz und Fortschritt investieren. Weil wir zeigen, dass demokratische Politik liefert zum Wohle der Menschen – und die Menschen das auch merken.
Städte, die sich ängstlich vor den Herausforderungen wegducken und die Potentiale ihrer Stadtgesellschaft unter dem Deckel halten, haben wir viele in Sachsen und im Osten genug. Sie sind alle nicht erfolgreich damit. Die Städte gewinnen die Zukunft, die sich mutig dem Wandel stellen, die nach vorn gehen. Lassen Sie uns diese Erfolgsgeschichte unserer Stadt fortsetzen, auch und gerade mit diesem Haushalt. Ich bin zuversichtlich, dass wir als demokratische Fraktionen dafür gute Kompromisse finden – wir sind dazu bereit.
Vielen Dank!