Rede von Dr. Tobias Peter am 15. November 2023 zum Antrag "Zirkuläres Bauen – urbane Rohstoffe nutzen"
- es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, werte Beigeordnete, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,
wer sich mit den älteren Gebäuden unserer Stadt und anderswo beschäftigt, wird feststellen, dass sie fast immer und mindestens teilweise aus Baustoffen noch älterer Gebäude bestehen. Urban Mining – die wiederholte und mehrfache Nutzung von Baustoffen im städtischen Raum – war bis vor wenigen Jahrzehnten normale Baupraxis. Die Wiederverwendung von Balken, Steinen bis hin zu Türen und Fenstern war selbstverständlich. Die Baudeponie ist eine junge Erfindung, die mit steigenden Treibhausgaszahlen einher geht – sie muss der Vergangenheit angehören.
Wenn wir die fast vierzig Prozent der Treibhausgasemissionen, für die der Bausektor verantwortlich ist, wirksam senken wollen, wird dies nur mit nachwachsenden Baustoffen und einer Umbaukultur, die Erhalt vor Neubau stellt, funktionieren – und mit kreislauffähigem Bauen. Jeder nicht neu produzierte, sondern wieder verwendete Baustoffe spart CO2 und trägt dazu bei, das Klima zu schonen.
Was heißt das? Wir wollen, dass einerseits bereits verbaute Baustoffe, seien es Balken, Ziegel, Türen oder anderes bei Abriss oder Sanierung entnommen und nach Möglichkeit lokal oder regional wiederverwendet werden – in der Praxis geschieht dies teilweise, insbesondere aus Denkmalschutzgründen, aber insgesamt viel zu selten.
Zum anderen soll bei Neubauten und Sanierungen so gebaut werden, dass Baustoffe unproblematisch wiederverwendet werden können – dazu braucht es Dokumentation und möglichst die Vermeidung z.B. von Verbundwerkstoffen.
Das sehen übrigens auch die Handwerksbetriebe so. Sie halten einer Umfrage der Stiftung Baukultur zufolge neben nachwachsenden Rohstoffen das kreislauffähige Bauen für besonders relevant in den kommenden Jahren.
Diese notwendigen Veränderungen werden aber nicht von selbst kommen, sondern nur, wenn Bauherren die notwendige Nachfrageänderung vornehmen und notwendige Infrastrukturen bereit stehen – und hier hat die Stadt als größter Bauherr der Stadt eine zentrale Rolle.
Leipzig will Zero-Waste-Stadt werden und unter dem Motto „Mein Leipzig schon‘ ich mir“ auch im Bausektor die Verschwendung von Rohstoffen deutlich reduzieren. Mit unserem Antrag machen wir dazu konkrete Vorschläge. Damit wollen wir Vorbildern wie der Stadt Heidelberg folgen, die sich als erste Stadt Europas dem Urban Mining-Prinzip verschrieben hat. Denn die Stadt kann als mit Abstand größter Bauherr unserer Stadt eine erhebliche Lenkungswirkung entfalten:
- Wir wollen bei eigenen Bauprojekten gezielt auf kreislauffähiges Bauen achten, also z.B. darauf, dass wir Verbundwerkstoffe vermeiden oder verwendete Materialien dokumentieren – das soll beispielhaft z.B. bei Plattenbauschulen untersucht werden,
- Mit einer Baustoff- oder Materialbörse können urbane Rohstoffe erschlossen und bei Umbau oder Rückbau wieder verwendet werden. Wir wollen das geprüft wird, ob dies z.B. durch den Eigenbetrieb der Stadtreinigung geschehen kann oder gern auch durch private Träger mit kommunaler Unterstützung – sehr gern übernehmen wird den neugefassten Änderungsantrag der Freibeuter, hierbei auch die anfallenden Kosten zu ermitteln
- Bei der Auswahl des Zertifizierungssystem für nachhaltiges Bauen sollen Anteile an zu verwendendem recycelten Material Eingang in kommunale Bauvorhaben finden.
- Im Rahmen städtebaulicher Verträge und von Bebauungsplänen sollen ähnliche Standards auch für private Vorhabenträger*innen gesetzt werden.
- Und darüber hinaus soll die Stadt im Rahmen der regulären Bauherrenberatung private Vorhabenträger*innen zu Urban Mining, Baustoffbörsen, recycelten, nachhaltigen, nachwachsenden und wiederverwendbaren Rohstoffen informieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir bedanken uns herzlich für die intensiven Austausch mit den Kolleg/innen von Verwaltung und Stadtreinigung, mit Fachleuten vom Bauzirkel Leipzig und der guten Abstimmung mit den anderen Fraktionen. Mit Beschluss unserer Neufassung können wir einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einem nachhaltigerem, kreislauffähigen Bauen in Leipzig gehen. Ich bitte um Ihre Zustimmung.
Vielen Dank!