Rede von Dr. Tobias Peter am 16. Juni 2022 zur Vorlage "Baubeschluss Wilhelm-Busch-Schule, Neubau Grundschule Reichpietschstraße 2 und Sporthalle Gerichtsweg 13"

Foto: Martin Jehnichen

- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Oberbürgermeister, werte Beigeordnete, liebe Kolleginnen und Kollegen und Gäste,

die Begrünung von Fassaden spielt mittlerweile bei nahezu jeder Diskussion um kommunale Bauvorhaben eine Rolle. Schließlich ist Fassadenbegrünung als ein wichtiges, stadtklimatisch und energetisch vorteilhaftes Gestaltungsmerkmal neben einer Holz- und Steinfassade im Rahmen von Architektur und Baukultur sowohl bei Architektinnen, Bauherren und Nutzer*innen mittlerweile anerkannt.

Obwohl der positive Beitrag begrünter Fassaden für Stadtklima und die Artenvielfalt unstrittig sein sollte, tut sich die Verwaltung dennoch schwer mit dem Thema. Zwar wird Fassadenbegrünung bei privaten Bauten durch das Projekt Kletterfix gefördert. Der verstärkte Einsatz von Fassadengrün im Rahmen von Architektur und Baukultur sollte aber gerade auch bei kommunalen Bauten insbesondere im Rahmen der Vorbildfunktion der Stadt zum Tragen kommen.

Bereits im Herbst 2019 hatten wir im Rat ein Maßnahmenplan für die Fassadenbegrünung der städtischen Liegenschaften sowie Richtlinien für straßenseitige Begrünungen beschlossen. Ein Jahr später wurde daraus auf unsere Anfrage hin ein Fassadenbegrünungskonzept in Aussicht gestellt. Vorgelegt wurde bis heute nichts, sodass wir uns von Einzelfall zu Einzelfall, von Bauprojekt zu Bauprojekt hangeln müssen.

Vorläufiger Höhepunkt ist nun die Sporthalle der Wilhelm-Busch-Schule. Wer die Vorlage liest, glaubt an einen Schildbürgerstreich. Obwohl die geplante Sporthalle sich aufgrund der flächigen, fensterarmen Fassadenstruktur hervorragend für Fassadenbegrünung eignet, wird diese aus brandschutzrechtlichen Gründen verworfen. Grund: die Versammlungsstättenverordnung des Freistaats schließt brennbare Außenwände aus. Da die Verwaltung eine an der Außenwand rankende Fassadenbegrünung erstens als brennbar und zweitens als Teil der Außenwand auffasst, kann ergo eine Fassadenbegrünung ergo hier nicht stattfinden. Alternative wäre eine in 3 Meter Abstand zur Außenwand zu errichtende Sonderkonstruktion mit mit mehr als einer Million EUR Zusatzkosten. Mit Fassaden-Grün hat dies dann allerdings nichts mehr zu tun, mit einem Schildbürgerstreich schon mehr.

Unabhängig davon, wie man zur Interpretation der Versammlungsstättenverordnung steht, ist doch deutlich, dass Fassadenbegrünung seitens des Freistaates Sachsen zumindest nicht hinreichend durch eindeutige und zum Vorteil gereichende Bau- und Brandschutzvorschriften geregelt ist. Wenn wir es für diesen Bau akzeptieren, so droht dies zu einem Präzedenzfall für vergleichbare Bauten von Versammlungsstätten zu werden. Und genau deshalb müssen wir hier jetzt einhaken.

Wir wollen deshalb 1) die Verwaltung beauftragen, sich beim Freistaat Sachsen für eine Anpassung der einschlägigen Bau-, Brandschutz- und sonstigen relevanten Regelungen einzusetzen, um zeitgemäße Fassadenbegrünungen insbesondere bei Versammlungsstätten zu ermöglichen.

Strenge, mittlerweile diese Entwicklung eher hemmende Sächsische Bau- und Brandschutzvorschriften wie z.B. die Versammlungsstättenverordnung sind so anzupassen, dass Fassadenbegrünung unter klimapolitischen Gesichtspunkten, aber auch als anerkanntes Gestaltungsmerkmal sowohl bei kommunalen und auch privaten Gebäuden gefördert und erleichtert wird. Hierzu sind systematisch Regelungen anderer Bundesländer einzubeziehen.

2) Wollen wir ein Verfahren auf den Weg bringen, mit dem Fassadenbegrünung in Planungs- und Baubeschlüssen frühzeitig mitgedacht wird.

Denn es besteht der Eindruck, dass auch die Stadt Leipzig, z.T. durch unverbindliche Aufgabenstellungen und unzureichende und spät im Planungsprozess erfolgende Abstimmungen der verschiedenen Ämter zu oft Fassadenbegrünungen verunmöglicht. Fassadenbegrünung kann umso leichter realisiert werden, je eher sie verbindlich in der Aufgabenstellung verankert und damit von Anfang an planerisch in Wettbewerbs- oder Werkstattverfahren oder in Vergabeverfahren für kommunale Gebäude berücksichtigt werden kann.

Zudem ist eine frühzeitige Abstimmung der beteiligten Ämter förderlich, um Spielräume für Fassadenbegrünung rechtzeitig auszuloten. Es bietet sich auch an, das Thema "Fassadenbegrünung" unter den Gesichtspunkten von Klimaschutzes und städtischer Architektur/Baukultur vertiefend öffentlich im Gespräch zu erörtern.

3) Für den konkreten Fall der Sporthalle Wilhelm-Busch-Schule wollen wir eine nachträgliche Fassadenbegrünung baulich offenhalten für den Fall, dass wir hier eine rechtlich zulässige Lösung finden. Angesichts der raumgreifenden Wirkung des geplanten Sporthallenbaus im Lene-Voigt-Park ist die derzeit im Baubeschluss vorgesehene Fassadengestaltung kaum vermittelbar. Davon zeugt auch der Änderungsantrag des SBB Südost, dem wir zustimmen können. Auch dem Änderungsantrag der SPD-Fraktion stimmen wir zu.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
lassen Sie uns hier im Sinne einer der Kultur der Ermöglichung zu einem mehr an klima- und menschenfreundlichen Bauen kommen. Stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu, vielen Dank.

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