Rede von Dr. Tobias Peter am 16. Juni 2022 zur Vorlage "Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal: Standortvorschlag und Wettbewerbskonzeption"

Foto: Martin Jehnichen

- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Oberbürgermeister, werte Beigeordnete, liebe Kolleginnen und Kollegen und Gäste,

die Ereignisse der Friedlichen Revolution 1989 prägen unsere Stadt. Das Gefühl einer besonderen Leipziger Freiheit, der Geist bürgerschaftlichen Engagements, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, ist in unserer Stadt tagtäglich spürbar. Und deshalb ist es gut, dass wir in den letzten Jahren eine breit erlebbare Erinnerungskultur an 1989 nicht nur in der Innenstadt, insbesondere dem Nikolaikirchhof, sondern auch in den Stadtteilen entwickelt haben.

Nun kann man sich fragen, wozu es noch ein Denkmal braucht? Nur weil der Bund die Mittel hierfür bereitstellt? Das wäre zu wenig. Deshalb war es gut, dass der Stadtrat aus den Fehlern des ersten, gescheiterten Anlaufs für ein Denkmal gelernt hat und einen breiten Beteiligungsprozess aufgesetzt hat – allen Beteiligten an dieser Stelle herzlichen Dank für das Engagement.

Der stattgefundene Beteiligungsprozess hat noch einmal gut den Mehrwert eines Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmals herausgearbeitet. Es ist gerade das Zukunftspotential und die Chance auf eine neue Dimension des Erinnerns und des Austauschs zur Friedlichen Revolution, die sich hier bietet. Und dies passt zum Ansatz, den ja auch die Stiftung Friedliche Revolution pflegt, die Erinnerung an 89 nicht zu musealisieren, sondern immer wieder aktuelle Bezüge zum hier und heute herzustellen.

Je stärker man sich mit den ausgewählten Standort Wilhelm-Leuschner-Platz beschäftigt, desto mehr wird dessen möglicher Charme für ein Freiheits- und Einheitsdenkmal deutlich. Denn hier kann es gelingen, ein lebendiges Erinnern von Anfang an in die Platzgestaltung einzuweben. Damit kann eine ganz neue Qualität, eine neue Dimension des Erinnerns ermöglicht werden, die zum einen ganz alltäglich die erweiterte Innenstadt prägen und zugleich als Denkmal herausragen kann. Ich kann mir dies gut vorstellen und ich erwarte deshalb deutlich mehr als z.B. ein einzelnes Objekt, eine Plastik oder ähnliches, sondern eine Lösung, die das Potential des Platzes aufnimmt, gern auch mit innovativen, virtuellen und digitalen Elementen.

Gerade weil diese Chancen genutzt werden sollen, müssen wir auch der Komplexität des Wilhelm-Leuschner-Platzes gerecht werden. Der Stadtrat beschäftigt sich nunmehr deutlich länger als ein Jahrzehnt mit diesem Projekt. Ich erinnere nur an die Leitlinien von 2015 und die im Auslegungsbeschluss des Bebauungsplans beschlossenen Festlegungen und Grundsatzbeschlüsse zur Freiraumgestaltung, insbesondere des Erhalts und der Schaffung von Grün und Baumbestand, zu Spielmöglichkeiten. Dies gibt bereits einen anspruchsvollen Rahmen vor. Zudem ist den jeweiligen Perspektiven und spezifischen Interessen der beteiligten Akteure wie des Naturkundemuseums, des Forums Recht, Global Hub oder der Markthalle Rechnung zu tragen, ohne die Platzfläche zu überfrachten. Schon ohne das Denkmal ist dies eine große Herausforderung für den anstehenden Freiraumwettbewerb.

Denken wir dies nun zusammen mit dem hier in Rede stehenden Wettbewerb zu einem Freiheits- und Einheitsdenkmal, so steigt diese Komplexität noch einmal. Angesichts der engen zeitlichen Taktung und ambitionierten Terminsetzung der parallelen Wettbewerbe muss es einen intensiven iterativen Abstimmungsprozess zwischen künstlerischen und inhaltlichen Ansätzen der Freiflächengestaltung in jedem einzelnen Verfahrensschritt geben. Es muss klar sein, wie der
dazu erforderliche Dialog und Austausch funktionieren wird. Und es muss sichergestellt werden, dass und wie die zuständigen städtischen Gremien eng eingebunden werden. Die derzeitige Vorlage der Verwaltung ist hier noch zu unpräzise und deshalb regen wir mit unserem Änderungsantrag an, hier noch mal einen Verfahrensvorschlag dazu zu entwickeln. Und zwar ausdrücklich auf Grundlage der Empfehlungen des bisherigen Prozesses und nicht als dessen Infragestellung.

Es kann dem weiteren Prozess nur gut tun, wenn wir hier nicht nur eine breite Mehrheit im Rat finden, sondern neben den Stadtrat auch die zuständigen Gremien des Gestaltungsforums, des Sachverständigengremiums „Bürgerbeteiligung und bürgerschaftliches Engagement“ sowie des Beirat „Kunst im öffentlichen Raum und Kunst am Bau“ einbinden. Nur eine breit getragene Lösung wird am Ende auch dazu führen, dass das Ergebnis der beiden Wettbewerbe die notwendige Akzeptanz findet.

Dies hält im übrigen nichts im weiteren Verfahren auf, sondern kann parallel zu den ohnehin anstehenden weiteren Schritten entwickelt werden – dazu sind wir uns auch mit der Stiftung Friedliche Revolution einig und wir freuen uns, dass die Verwaltung dies auch übernimmt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

unsere Fraktion begrüßt ausdrücklich die Ergebnisse des bisherigen Prozesses und den Verwaltungsvorschlag mit der eben erläuterten Ergänzung. Wir sind gespannt und freuen uns auf den weiteren Weg und stimmen gern zu.

Vielen Dank!

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