Rede von Dr. Tobias Peter am 17. Mai 2023 zum Antrag "Gewerbeflächen nachhaltig und flächensparend entwickeln"

- es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, werte Beigeordnete, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,
unsere Stadt boomt und wächst – das spiegelt sich nicht nur bei der Zunahme von Wohnungen, Schulen und Kitas, sondern auch im Gewerbe. In den letzten Jahren und Jahrzehnten haben wir immer wieder neue Gewerbeflächen vor allem im Nordraum entwickelt und tun dies auch ganz aktuell in diesen Tagen. Zum Segen für Wirtschaft und Arbeitsplätze, aber nicht immer zum Segen von Natur und Lebensqualität.
Denn jede neue Gewerbefläche, jede neue Produktionshalle versiegelt landwirtschaftliche Flächen und Lebensraum für eine Vielzahl von Arten. Das in der Regel Ausgleichsmaßnahmen mit vereinbart werden, ändert nur wenig an dieser Tatsache.
Wir merken, dass die Nutzungskonflikte um die endliche Ressource Boden zunimmt, wir erreichen langsam aber sicher die Grenzen des Wachstums.
Deshalb ist es gut, dass wir als Rat die Verwaltung mit einer Netto-Null-Versiegelungsstrategie beauftragt haben. Die Konsequenzen daraus müssen wir in der künftigen Gewerbeflächenentwicklung ziehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Zeit der großen Ansiedlungen des produzierenden Gewerbes in unserer Stadt geht zu Ende – und das ist auch gut so. Denn wir müssen noch stärker als bisher qualitativ und nachhaltig wachsen. Wir müssen bestehende versiegelte Flächen nutzen oder ökologisch aufwerten, wie dies beispielhaft an der Ludwig-Hupfeld-Straße geschieht.
Eine stärkere ökologische Ausrichtung unserer Gewerbeentwicklung betrifft nicht nur das Thema Flächeninanspruchnahme, sondern auch alle anderen Nachhaltigkeitsthemen. Unternehmen achten bei der Suche nach neuen Standorten verstärkt auf erneuerbare Energien, vorhandene Ressourcenkreisläufe und nachhaltige Mobilität vor Ort. Die Erfüllung von Nachhaltigkeitskriterien ist für Unternehmen insbesondere im Hinblick auf die Finanzierung aufgrund der veränderten Erwartungen von Finanzmarktakteuren längst ein zentrales Kriterium der Unternehmensentwicklung. Will Leipzig in dieser Entwicklung als Standort attraktiv bleiben, müssen die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden.
Wir haben mit unserem Antrag deshalb zentrale Eckpunkte vorgeschlagen, die wir im STEP Wirtschaftsflächen verankert sehen wollen:
- Erhöhung der Flächeneffizienz von Gewerbeflächen: wir wollen auch bei bestehenden Gewerbeflächen nachverdichten und wo möglich stapeln
- Bei der Vergabe von Gewerbeflächen sollen stärker soziale und ökologische Nachhaltigkeitsdimensionen beachtet werden – je mehr Arbeitsplätze, je mehr Beitrag zur ökologischen Ansiedlung geleistet wird, umso besser
- Wir brauchen ein Transformationskonzept für bestehende Gewerbegebiete: unser Ziel muss sein, sie konsequent an ÖPNV und Radwegenetz anzuschließen, sie mit erneuerbarer Energien vor Ort zu versorgen und Stoffkreisläufen zu nutzen, wie dies Gewerbeparks wie Kalundborg Symbiosis in Dänemark beispielhaft macht
- Und wir müssen die interkommunalen Zusammenarbeit stärken – denn nicht jede Ansiedlung, die unserer Stadt nützt, muss auch in unserer Stadt erfolgen – wir brauchen dafür ein gemeinsames Kriterienset und einen gemeinsamen Flächenpools für Gewerbeansiedlungen, gerade auch entlang der Bahnstrecken
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir freuen uns, dass die Verwaltung diese Anregungen im STEP Wirtschaftsflächen aufnehmen will, der sich gerade in Erarbeitung befindet. Wir werden dann bei Vorlage des STEP genau darauf achten, inwiefern unsere Maßgaben beachtet werden und uns dort dann auch konkrete Änderungsanträge vorbehalten. Heute stimmen wir den VSP ab und bitte um ihre Zustimmung.
Vielen Dank!