Rede von Dr. Tobias Peter am 18. Dezember zur Vorlage "Grundsatzbeschluss Vorzugsvariante Bauherren-, Betreiber- und Finanzierungskonzept für den Bildungs- und Markthallencampus Wilhelm-Leuschner-Platz"
- es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrter Oberbürgermeister, sehr geehrte Beigeordnete, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,
bereits mehrfach haben wir hier diskutiert, auf dem Leuschnerplatz ein beispielhaftes klimaneutrales, grünes Quartier auf einer zu 70% versiegelten Fläche zu realisieren – mit Potential für eine grüne Platzgestaltung, intensiver Grünbedachung, Artenschutzkonzept und Animal Aided Design. Die Bildungs- und Markthallencampus kann und soll das attraktive Herz dieses Quartiers sein. Wir haben in 2022 mit einem Änderungsantrag mit CDU und Freibeutern eine erwirkt, für dieses Projekt mögliche Realisierungsvarianten zu untersuchen und Betreiberkonzept zu entwickeln. Mit der hier vorliegenden Grundsatzbeschluss zum Bauherren-, Betreiber- und Finanzierungskonzept für den Bildungs- und Markthallencampus gehen wir diesen nächsten Schritt. Wir stimmen der Vorlage zu und ich will dies hier kurz ausführen.
Zur Frage des Bauherrenkonzepts: mit dem geplanten Bildungs- und Markthallencampus steht ein komplexes Großprojekt an mit unterschiedlichen Nutzungen. Gerade weil es so groß und komplex ist, brauchen wir einen Bauherren, der solche Großprojekte kann. Die vorgeschlagene Vorzugsvariante, dies durch die LWB zu realisieren, mutet erst mal ungewöhnlich an, überzeugt aber letztlich. Denn die Alternativen LESG und LGH sind sowohl in wirtschaftlicher Hinsicht als auch vom vorhandenen Know-how her schlicht zu klein für dieses Projekt. Ich verstehe aber die Bauchschmerzen angesichts dessen, dass wir die LWB dringend für den notwendigen Wohnungsbau brauchen. Deshalb muss aus unserer Sicht klar sein – und das möchte ich gern zu Protokoll geben - dass dieses Projekt nicht zu Lasten des Wohnungsbaus der LWB gehen darf. Die Stadt muss deshalb in entsprechendem Umfang die Finanzierung sicherstellen und das notwendige Personal bei der LWB muss zusätzlich bereitgestellt werden. Wir können deshalb dem Änderungsantrag der SPD, Variante 1B, also eine Beauftragung der LESG zu verfolgen, nicht zustimmen. Gleichwohl können Punkt 2, Absatz 2 zustimmen, zumindest für die Projektsteuerung noch einmal zu prüfen, ob hier eine gemeinsame Projektgesellschaft sinnvoll ist.
Zur Markthalle: leider sind die vorgelegten Berechnungen aus unserer Sicht unpräzise und zum Teil irreführend. Denn es liegt auf der Hand, dass die Kosten je Quadratmeter aufgrund der deutlich geringeren Kosten für Innenausbau und technische Ausstattung bei der Markthalle deutlich geringer als für Volkshochschule, Musikschule oder Wohnen sein werden, es also eher um 5 als 10% der Gesamtbaukosten gehen wird. Und es ist auch nicht zwingend nachvollziehbar, dass die Abschreibung dieser vergleichsweise geringen Kosten in die Wirtschaftlichkeitsrechnung einbezogen wird, was wir bei dem Rest des Projekts ebenso wenig tun, wie sonst bei öffentlicher Infrastruktur. Denn eine solche öffentliche Infrastruktur ist aus unserer Sicht die Markthalle. Es ist eine einmalige Investition in ein neues, attraktives Angebot, es bedeutet einen Push für regionale Wertschöpfung und Direktvermarkter, die sich klar dafür aussprechen. Die künftigen Nutzerinnen vor Ort möchten dieses Angebot und die Mehrheit der Leipzigerinnen möchten endlich die Markthalle. Das Konzept zeigt, dass sich der Betrieb der Markthalle selbst rechnen wird, so wie auch an anderen Standorten in Deutschland und Europa. Wenn wir die Umwegeffekte, die eine Stärkung der regionalen Produzenten und Attraktivität für auswärtige Gäste mit sich bringen, hinzurechnen, steht unter der Markthalle ein klares Plus für Leipzig.
Vor diesem Hintergrund finden wir es schade, dass die mehrfach, zuletzt mit dem Planungsbeschluss gefasste Entscheidung, eine Markthalle zu errichten, immer wieder neu infrage gestellt wird. Insofern ist der Antrag der Linken, den Bildungscampus ohne Markthalle zu realisieren vollkommen kontraproduktiv und eigentlich auch überflüssig. Denn zum einen lässt sich die Markthalle ohnehin so bauen, dass sie multifunktional nachnutzbar ist, ganz im Sinne einer nachhaltigen Bauweise. Zum anderen wird vollkommen offen gelassen, wie sich denn diese multifunktionalen Flächen wirtschaftlich betreiben lassen sollen. Denn die Errichtungskosten bleiben ebenso bestehen wie notwendige Betriebskosten. Bei der Markthalle haben wir ein schlüssiges Konzept, bei dem klar mit Einnahmen zu rechnen ist. Bei der ominösen multifunktionalen Flächen haben nur Fragezeichen und ein programmiertes Minus im Haushalt.
Deshalb lehnen wir diesen Änderungsantrag ab und sagen es ganz klar, dass wir der Gesamtvorlage nicht zustimmen, wenn dieser Änderungsantrag eine Mehrheit finden sollte. Denn ein Leuschnerplatz ohne Markthalle ist für uns nicht denkbar!
Schließlich zur weiteren Zukunft der jetzigen Objekte von Volkshochschule und Musikschule. Wir hatten bereits mit unserem Änderungsantrag vor zwei Jahren ein Nachnutzungskonzept beauftragt. Umsetzung Fehlanzeige. Es stellt sich vor dem Hintergrund der aktuellen Haushaltssituation in der Tat die Frage, ob beispielsweise ein Verkauf dieser Objekte zur Gegenfinanzierung sinnvoll ist, wie es die CDU vorschlägt. Wir wollen uns dem gar nicht verschließen. Denn das Nichtverkaufsgebot städtischer Liegenschaften, dass wir als Stadtrat zurecht beschlossen haben, sollte nicht dogmatisch gehandhabt werden. Schnellschüsse sollten wir aber vermeiden. Denn es bringt nichts, kommunale Gebäude zu verkaufen und später Grundstücke und neue Gebäude teuer zu kaufen oder zu errichten. Lassen Sie uns prüfen, ob es eine wirtschaftliche kommunale Nutzung in diesen Objekten geben kann oder nicht; wenn diese zumindest mittelfristig nicht in Aussicht steht, ist eine Erbbaupacht sinnvoll, wenn sie ganz grundsätzlich ausschließbar ist, können wir uns auch einen Verkauf zum Höchstgebot vorstellen. Aber lassen Sie uns das sorgfältig prüfen, eine Zusage des OBM sollte im Sinne der Antragsteller sein.
Und einen weiteren, wichtigen Punkt will ich hier noch mit auf den Weg geben: wir hatten beim Planungsbeschloss per Protokollnotiz festgehalten, dass es zum mittleren Baufeld/Markthalle/Bildungscampus eine Prozessbegleitende Bürgerbeteiligung mit gleichzeitig „inhaltlicher Verschränkung“ zur Freiraumbeteiligung (außen/innen) organisiert wird. Jetzt ist der Zeitpunkt mit den Entscheidungen zu Freiraumgestaltung und Freiheits- und Einheitsdenkmal diese Beteiligung durchzuführen.
Liebe Kolleginnen und Kolleginnen,
lassen Sie uns heute den nächsten Schritt auf dem mittleren Baufeld, dem Herzstück des Leuschnerplatzes und damit unserer Stadt auf den Weg bringen. Ich bitte um Zustimmung zur Vorlage.
Vielen Dank!