Rede von Dr. Tobias Peter am 19. Januar 2022 zum Antrag: "Quartier Schreiberstraße nachhaltig entwickeln"

Foto: Martin Jehnichen

- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Oberbürgermeister, sehr geehrte Beigeordnete, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,

eine Stadt ist dann lebenswert, wenn sie im Tempo der Fußgänger und Fahrradfahrer tickt, wenn sich auf ihren überschaubaren Plätzen und Gassen wieder Menschen begegnen können. Darin besteht schließlich die Idee einer Stadt. Genauso, und vielleicht sogar mehr trifft diese Idee Jan Gehls von einer Stadt nach menschlichem Maß auf unsere Stadtteile zu. Wo diese Orte fehlen, wo Begegnung und Austausch nicht oder nur schwer stattfinden können, haben Quartiere ein Problem, fehlt nicht nur sprichwörtlich Aufenthaltsqualität und Attraktivität, sondern fehlen somit auch soziale und kulturelle Bindungskräfte, die auch und gerade von gebautem Stadtraum ausgehen können. Und eben darauf ist es zurückzuführen, dass wir einige Stadtteile lebendiger und attraktiver als andere empfinden und warum sich andere Stadtteile zurückgesetzt oder vernachlässigt fühlen. Städtebauliche Fehlstellen tragen so letztlich zu einer Spaltung der Stadt bei.

Umso wichtiger ist es, wo wir es können, Stadtentwicklung so zu betreiben, dass eben solche Stadträume nach menschlichem Maß entstehen können. Mit dem Quartier Schreiberstraße, für das wir heute die Aufstellung eines Bebauungsplans beantragen oder hoffentlich auch beschließen werden, können wir genau dies tun. Die derzeit bestehende Brache zwischen Schmidt-Rühl-Straße und Gorkistraße hat das Potential, zu einem identitätsstiftenden Ort, zu einem Stadtraum mit hoher Aufenthalts-, besser Begegnungsqualität zu werden, der in Schönefeld derzeit fehlt. Denn die Entwicklung dieses Quartiers fällt zusammen mit der Sanierung und Umgestaltung eines Abschnitts der Gorkistraße zu einem Shared Space, der Fuß- und Radverkehr den Vorrang gibt. Im Zusammenspiel mit der Quartiersentwicklung können auf diese Weise autoarme bzw. -freie Straßen und Plätze mit einer hohen Qualität entstehen, ein identitätsstiftender Ort, der dem ganzen Stadtteil zugute kommt.

Damit dieser Stadtraum mit Leben erfüllt werden kann, müssen weitere Entwicklungen hinzukommen und aktiv gefördert werden, die wir diesem B-Plan mit auf den Weg geben. Ein Großteil der Flächen befindet sich in Eigentum der Stadt oder der LWB bzw. ist von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben zu erwerben. Dies bietet uns im große Gestaltungsmöglichkeiten. Denn insbesondere durch eine Konzeptvergabe von Flächen können wir so eine vielfältige und lebendige soziale Mischung im Quartier ermöglichen. Dazu können insbesondere kooperative Wohnformen mit soziokultureller Nutzung, aber auch sozialer Wohnungsbau beitragen.

Wir entsprechen damit dem Stadtteilentwicklungskonzept Schönefeld, das bereits 2016 für das Quartier zwischen Schmidt-Rühl-Straße und Gorkistraße die Zielsetzung einer energieeffizienten Neubebauung der Brachflächen mit einer Ausrichtung auf junge Familien formuliert hat. Da die umfangreiche Darstellung und Diskussion der derzeitigen Planungen nach § 34 BauGB im Fachausschuss eine qualitätsvolle Entwicklung im Sinne der o.g. Zielsetzungen nicht absichern, wollen wir hier ein Bauleitplanverfahren in Verbindung mit einem Städtebaulichen Vertrag einleiten. Zur Aufstellung eines Bebauungsplans gehört, klare Zielsetzungen zu formulieren, die zugleich deutlich machen, warum überhaupt ein Bauleitplan notwendig ist. Wir freuen uns sehr, dass die Stadtverwaltung dies mit dem VSP erkannt und in einer ausführlichen Begründung anerkannt hat – und werden deshalb hier den VSP abstimmen lassen.

In diesem Sinne können wir den CDU-Änderungsantrag nicht nachvollziehen, der diese Ziele offenlassen will und können ihn deshalb leider nicht übernehmen. Der Blick auf viele andere städtebauliche Projekte zeigt doch, dass wir frühzeitig über Ziele diskutieren und diese festlegen sollen, um nicht im Nachhinein Überraschungen zu erleben. Wie diese Ziele konkret umgesetzt werden, dass ist dann in der Tat Gegenstand des weiteren Verfahrens.

Zu den Zielsetzungen gehört, dass hier ein in ökologischer Hinsicht beispielhaftes Quartier entsteht. Im Gebiet sollen energieeffiziente Neubauten entstehen, die sowohl bei Errichtung als auch Betrieb klimaneutral sind. So wäre hier z.B. sinnvoll, ein vom Rat auf unsere Initiative hin beschlossenes Pilotprojekt für Holzbau und nachwachsende Baustoffe umzusetzen. Ebenso wichtig ist es uns, ausreichend Grünstrukturen mitzudenken. So soll -eingeordnet in ein Grünraumkonzept für den Stadtteil - einerseits Artenvielfalt, aber hinreichend Abkühlung gegen Hitzesommer gewährleistet werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

indem wir heute die Aufstellung eines Bebauungsplans auf den Weg bringen, können wir einen lebendigen Stadtraum mit menschlichen Maß schaffen. Wir können Schönefeld ein identitätsstiftende Mitte, ein Ort von Austausch und Begegnung geben. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag in der Fassung des VSP. Vielen Dank!

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