Rede von Dr. Tobias Peter am 19. Mai zur Neuausrichtung des Konzeptverfahrens kommunaler Grundstücke
-es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrter Oberbürgermeister, werte Beigeordnete, liebe Kolleginnen und Kollegen und Gäste,
mit der Vergabe von Grundstücke nach Konzept, nicht nach Höchstpreis, hat unsere Stadt seit 2018 eine neue Ära in ihrer Grundstückspolitik begonnen. Auf Jahrzehnte des Ausverkaufs folgte maßgeblich auf Initiative unserer Fraktion nicht nur ein grundsätzlicher Stopp von Verkäufen, sondern eine strategische Neuausrichtung. Leitender Gedanke bei der Einführung von Konzeptverfahren ist die Unterstützung der vom Rat gefassten Zielsetzungen in Stadtentwicklung und Wohnen– eine vielfältige und sozial gemischte, lebenswerte und bezahlbare Stadt.
Viel zu oft hat unsere Stadt bis dahin letztlich bei Verkäufen kommunaler Grundstücke den kurzfristigen Gewinninteressen von Projektentwicklern gedient, nicht aber den langfristigen Entwicklungsinteressen unserer Stadt. Bei Konzeptverfahren steht die soziale Rendite im Vordergrund. Denn die Vorteile, die es für ein Quartier haben kann, liegen auf der Hand - z.B. wenn ein Kollektivhausprojekt sich mit seinen Mitgliedern dauerhaft im Quartier verankert und neben Wohnungen auch öffentliche Räume bereitstellt, die in das Quartier ausstrahlen. Diese Gemeinwohlrendite, die mit solchen Projekten verbunden ist und die letztlich zur Lebensqualität unserer Stadt beiträgt, kann kein Investor dieser Welt erwirtschaften.
Die vorgelegte Evaluation der bisherigen Konzeptverfahren zeigt, dass der eingeschlagene Weg vor allem zu Beginn mühsam, aber dennoch lohnenswert und richtig war. Deshalb wurden in den letzten Jahren zahlreiche Grundstücke per Konzept und Erbbaurecht vergeben und sind weitere im Verfahren.
Der Verwaltung, insbesondere den Mitarbeiter/innen im Amt für Wohnungsbauförderung und Stadterneuerung sowie dem Liegenschaftsamt, aber auch dem Netzwerk Leipziger Freiheit, das die Projekte begleitet, möchte ich ausdrücklich für das Engagement danken. Die vorgeschlagenen Schritte bei der Weiterentwicklung, tragen wir gern mit, schlagen aber noch einige Ergänzungen vor.
Warum? Das Thema ist neben anderen Punkten zwar grundsätzlich im Rahmen des Kriteriensets der bestehenden Konzeptverfahren berücksichtigt, eine Schwerpunktsetzung ist jedoch nicht möglich. So kann es passieren, dass Ansätze besonders nachhaltigen Bauensdurch andere Faktoren am Ende einer Entscheidung zur Konzeptvergabe verdrängt werden. Wir schlagen deshalbein gesondertes Konzeptverfahren zur Realisierung nachhaltigen Bauens (KZV nachhaltig) vor, bei dem durch ein entsprechendes Pflichtkriterium gezielt eine Schwerpunktsetzung z.B. für den Einsatz nachwachsender und/oder wiederverwendbarer Rohstoffe erfolgen. Denkbar ist auch, an entsprechend belasteten Stellen in besonderer Weise klimawandelangepasstes Bauen zu fördern.
als weiteres Merkmal in den KZV sozial und kooperativ die Ermöglichung flexibler Grundrisse fördern. Denn erfahrungsgemäß ändern sich nicht nur die Bedürfnisse in einem Hausprojekt über die verschiedenen Lebensabschnitte hinweg, sondern auch gesamtstädtische Nachfragen nach Wohnraum und letztlich auch Wohnstile. Wenn Bauherren von vornherein so flexibel planen, gewissermaßen modular bauen, so dass sie Grundrisse ändern und Wohnraum ohne größeren Aufwand verkleinert, vergrößert oder zusammengelegt werden kann, soll dies belohnt werden.
Diesen Spielraum sollten wir zielgerichtet zum Wohle der Stadt nutzen. Schließlich zeigt die Evaluation selbst, dass die Höhe des Erbbauzinses entscheidend ist. Schließlich ist der jährlich zu zahlende Erbbauzins eine entscheidende Größe in der Wirtschaftlichkeitsberechnung eines Projekts. Ebenso wie die Senkung von 4% auf 2,5% den Bewerberkreis deutlich vergrößert hat, ist davon auszugehen, dass es auch eine Unterwertveräußerung es vielen Projekten leichter macht, ihr Projekt zu realisieren. Wohlgemerkt ist zu betonen, dass eine Unter-Wert-Veräußerung bei einem nachwievor hochspekulativen, erhitzten Wohnungsmarkt nichts anderes als der Versuch ist, zu realistischen, wirtschaftlich darstellbaren Werten zu kommen – zu einem Preis, der immer noch hohe jährliche Einnahmen der Stadtkasse verspricht - es geht keinesfalls darum, städtische Immobilien zu verschleudern. Wir wollen, dass die Verwaltung Kriterien und Verfahrenentwickelt, die eine Unterwertveräußerung überall dort vorsieht, wo es das öffentliche Interesse nahelegt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
lassen Sie uns heute den Weg der Konzeptvergabe kommunaler Grundstücke weitergehen, wir bitten um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag und der Vorlage in der entsprechenden Form.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit