Rede von Dr. Tobias Peter am 20. September 2023 zum Antrag "Rathäuser in Stadtbezirken und Ortschaften für bürgerschaftliche Nutzung öffnen"

Foto: Martin Jehnichen

- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, werte Beigeordnete, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, 

unsere Demokratie ist in Gefahr. Die Tendenz, dass Debatten oft nur noch in den Echokammern der sozialen Medien stattfinden, ist ein Problem. Dass sich Bürgerinnen und Bürgern oft nur in ihren digitalen Blasen bewegen und ihre vorgefasste Meinung bestätigen lassen, ist ein Problem – ebenso wie die daraus folgenden Versuche, Politik als Kulturkampf aufzuziehen. Eine Stadtentwicklung, die den Anspruch hat, die Bürgerinnen und Bürger aktiv in Veränderungen einzubeziehen oder auch Veränderungen selbst anzustoßen, darf sich damit nicht abfinden.  

Demokratie und zivilgesellschaftliches Engagement leben von Räumen des offenen Austauschs und der Begegnung. Wo sich eine lebendige Zivilgesellschaft entfalten kann, hat Populismus keine Chance. Wir sind deshalb als Stadt in der Verantwortung, diese Räume für sachlichen Diskurs, für die Begegnung mit dem oder der Andersmeinenden zu schaffen. Das betrifft insbesondere unsere Ortschaften, in denen ein Fehlen dieser Räume beklagt wird. Unsere Rathäuser sind und waren immer ein wichtiger Anker der lokalen Demokratie – hier kann und sollte weit mehr als Gremienarbeit und Verwaltung stattfinden. Sie zu öffnen, Begegnungsräume zu schaffen und Lebensqualität zu erhöhen, entspricht unserer Stadtentwicklungspolitik im Sinne der neuen Leipzig-Charta. 

Gerade unsere Vorort-Rathäuser wie Schönefeld, Wahren oder Liebertwolkwitz bergen Räumlichkeiten für eine potentielle Nutzung durch Vereine, Initiativen u.a. Immer wieder werden wir gefragt, warum diese Räume nicht genutzt werden können. Leider ist eine tatsächliche Nutzung für Veranstaltungen, Treffen, Ausstellungen oder auch Hochzeiten in der Regel nicht oder nicht niedrigschwellig möglich. Räumlichkeiten sind oft nicht bekannt oder nutzungsfähig, zuständige Ansprechpartner*innen seitens der Stadtverwaltung fehlen.  

Wir meinen, dass sich das ändern lässt und haben deshalb den vorliegenden Antrag formuliert. Wir schlagen vor, die geeigneten Räumlichkeiten für eine öffentliche Nutzung zu identifizieren und den Veranstaltungsdienst der Stadt für diese Zwecke zu öffnen. Wir freuen uns, dass die Verwaltung diesen Anliegen aufnimmt und stellen deshalb hier den Verwaltungsstandpunkt zur Abstimmung.  

Das von der Verwaltung vorgeschlagene stufenweise Vorgehen ist schlüssig. Wir gehen davon aus, dass die notwendigen, in der Regel kleineren baulichen Maßnahmen als auch die Erweiterung des Veranstaltungsdienstes im Haushaltsentwurf entsprechend berücksichtigt werden. 

Neben Kurzzeitnutzungen können wir uns in der Tat auch dauerhafte Nutzungen wie z.B. Co-Working-Space oder kreative Projekte vorstellen, die ja teilweise händeringend Räume suchen. In der Summe können so gerade in Ortsteilen und Ortschaften, die im Gegensatz zu den eher innerstädtischen Quartieren eine alles andere als hohe Dichte von öffentlichen Begegnungsräumen haben, neue Orte für Austausch und Gemeinwohl entstehen. 

Liebe Kolleginnen und Kollegen,  

mit Nutzung unserer kommunalen Gebäude können und sollten wir neue Ankerpunkte des Gemeinwohls in diesen Teilen unserer Stadt schaffen. Lassen Sie uns auf diese Weise unsere Ortschaften und Ortsteile stärken. Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag in der Fassung des Verwaltungsstandpunkts. 

Vielen Dank! 

 

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