Rede von Dr. Tobias Peter am 21. August 2024 zur Vorlage "Satzung der Stadt Leipzig über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum"
- es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen,
seit Jahren reden wir im Stadtrat darüber, die Zweckentfremdung von Wohnraum einzuschränken. Fast eine never ending Story, aber nur fast. Denn heute beschließen wir endlich eine Zweckentfremdungssatzung für Leipzig – und das ist gut so.
Seit vielen Jahren wissen wir, dass die Zweckentfremdung von Wohnungen zum angespannten Wohnungsmarkt in unserer Stadt beiträgt. Steigende Mieten, zunehmender Wohnraummangel werden auch absehbar weiter zunehmen – dass zeigt die Verwaltung in der Vorlage eindrücklich. Und diese Situation wird sich verschärfen, wenn wir nicht handeln.
Insbesondere die Nutzung als Ferienwohnung aber auch Wohnungen leer stehen zu lassen, bis ganze Häuser entmietet oder höhere Preise erzielbar sind, entzieht den Leipzigerinnen und Leipzigern Wohnraum. Überall dort, wo wir nicht über B-Pläne oder städtebauliche Verträge regeln können, haben wir derzeit keine Handhabe, um eine Zweckentfremdung zu verhindern. Das ist nicht nur ein Problem für den Wohnungsmarkt, sondern droht auch den Charakter von Quartieren zu verändern. Bereits vor fünf Jahren zeigte eine Untersuchung der Stadtverwaltung zeigt noch einmal eindrücklich, dass 21.000 Wohnungen bzw. 6 % des Wohnungsbestandes nicht zu Wohnzwecken genutzt werden. Seitdem kamen jährlich laut Gutachten schätzungsweise 500 neue Fälle von Zweckentfremdungen – insbesondere durch Ferienwohnungen und gewerbliche Nutzungen – hinzu. Etwa 20 % der jährlichen Baufertigstellungen werden nicht für den Ursprungszweck Wohnraum genutzt, die meisten davon kleine Wohnungen, die wir so dringend brauchen. Dieses Maß an Zweckentfremdung ist zuviel, hier müssen wir ran.
Und auch der Leerstand, der in den letzten Jahren sicher zurückging, aber zweifellos auch aus spekulativen Motiven besteht, ist nicht hinnehmbar. Jede vermietbare Wohnung, die länger als nötig leersteht, ist eine zuviel. Auch dieses Maß an Zweckentfremdung ist zuviel, hier müssen wir ran.
Und deshalb ist es gut, dass nach langem Ringen auf Landesebene endlich die Grundlage für eine Zweckentfremdungssatzung gegeben wurde. Unsere grüne Landtagsfraktion hatte dazu bereits 2019 einen Gesetzentwurf eingebracht und es nun - vor allem durch das Hinauszögern der CDU sehr lange gedauert. Und ja, wir hätten uns sicher mehr Spielräume gewünscht, gerade für eine Berücksichtigung der Zweckentfremdung von Wohnraum durch gewerbliche Zwecke sowie durch Abriss und Verwahrlosung.
Dennoch können wir mit dieser Satzung arbeiten. Ferienwohnungen werden nicht generell verboten, sondern können bei vorliegender Genehmigung übergangsweise weitervermieten. Auch die zeitlich begrenzte Untervermietung bleibt möglich. Klar ist aber, das wir zunächst den Zuwachs und perspektivisch auch den Gesamtbestand an Ferienwohnungen deutlich senken und damit zusätzlichen Wohnraum schaffen. Das ist auch im Interesse der Hotels und Pensionen in unserer Stadt, die im Schnitt immer noch eine geringe Auslastung haben. Die Satzung ermöglicht zugleich, schutzwürdige private und öffentliche Interessen zu wahren. Zum Beispiel die kurzzeitige Vermietung für Bildungs- oder Kulturzwecke. Das ist sinnvoll.
Mit der Zweckentfremdungssatzung wird zudem spekulativem Leerstand der Kampf angesagt. Wohnungen dürfen nicht länger als 12 Monate leerstehen – wir hätten uns eine kürzere Frist gewünscht, aber auch mit dieser Regelung kann es gelingen, allein durch das Drohpotential der Satzung Wohnungen wieder dem Markt zuzuführen.
Wir wünschen uns eine konsequente Umsetzung, sowohl was die Zusammenarbeit mit Ferienwohnungsportalen angeht, als auch die Möglichkeit, leerstehende Wohnungen über die Leipzig-App zu melden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Zweckentfremdungssatzung ist kein Allheimittel. Wir müssen weiterhin aktiv daran arbeiten, neuen und vor allem bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Mit der Fortschreibung des wohnungspolitischen Konzepts haben wir wichtige Weichen gestellt. Die vorliegende Satzung ist ein Baustein für mehr Wohnraum in Leipzig – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Ich bitte um ihre Zustimmung.
Vielen Dank!