Rede von Dr. Tobias Peter am 9. Februar 2022 zur Vorlage "Förderung von Sanierungsmaßnahmen in Großwohnsiedlungen / Plattenbaugebieten"
- es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrter Oberbürgermeister, werte Beigeordnete, liebe Kolleginnen und Kollegen und Gäste,
die Grundidee, Leerstand zu beseitigen, um Wohnraum, insbesondere im KdU-Segment zu schaffen, ist grundsätzlich begrüßenswert. Erhalt und Sanierung vor Neubau ist ökologisch sinnvoll, Stichwort Flächenversiegelung und Graue Energie. Wohnraum gerade für geringe Mieten ist wichtig, bereits jetzt gibt es eine starke Verdrängung insbesondere in den Plattenbau am Stadtrand.
So wichtig also das im Rahmen der zurückliegenden Haushaltsverhandlungen formulierte Anliegen ist, so fraglich ist die Umsetzung in der Vorlage. Wir nehmen erhebliche Mittel - 3 Mio EUR, soviel wie in keinem anderen kommunalen Wohnungsförderungsprogramm - in die Hand, um schätzungsweise 150 Wohnungen zu fördern. Wir fördern mit einem erheblichen finanziellen Aufwand, bis zu 80, 90% der Sanierungskosten und können dabei Mitnahmeeffekte nicht ausschließen. Zugleich binden wir die Mieten gerade einmal für 15 Jahre. Das kann uns nicht zufriedenstellen und es darf nicht zur Regel werden – „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll dem Allgemeinwohl dienen“ dieses Diktum des Grundgesetzes gilt auch und gerade für Genossenschaften. Wir sehen deshalb die Vorlage skeptisch und schlagen einige Änderungen vor.
1. Wir wollen die Mietpreis- und Belegungsbindung nicht für 15 Jahre, sondern für die Dauer von mindestens 20 Jahren begründen. Eigentümer, die eine darüberhinausgehende Bindungsfrist zusagen, sollen bevorzugt gefördert werden.
Die neue Förderrichtlinie Gebundener Mietwohnraum des Freistaats sieht die Option für 20 Jahre vor. Das erhöht die Wirksamkeit der Förderung und gewährleistet den Mieterinnen und Mietern für deutlich längere Zeit günstigen Wohnraum. Grundsätzlich ist dies auch bei diesem Programm möglich, gerade weil wir hier Pauschalen ausweisen. Wir sind hier nicht gebunden an andere Regelungen. Allerdings würde eine sofortige Ausrichtung auf 20 Jahre das Programm jetzt erst mal aufhalten, was auch nicht in unserem Interesse ist.
Deshalb würden unsere Änderung zum ersten Beschlusspunkt zurückziehen und als Protokollnotiz zur Prüfung bis zum 1. Quartal 2022 geben. Wenn die Prüfung dann zum Ergebnis kommt, dass dies wirtschaftlich funktionieren kann, sollte dies auch für das laufende Programm zur Anwendung kommen, wenn wir dies so entscheiden.
2. Die Stadtverwaltung wird beauftragt, in Zusammenarbeit mit den Eigentümern bei der Auswahl der zu fördernden Sanierungen auf eine ausgewogene soziale Mischung entsprechend des Wohnungspolitischen Konzepts zu achten.
Wie bereits gesagt, haben wir bereits jetzt eine räumliche Konzentration von Mieterinnen und Mietern mit geringen Einkommen in Großwohnsiedlungen. Wir dürfen mit diesem Programm nicht dazu beitragen, die Segregation, die Ballung bestimmter Einkommensgruppen in den Großwohnsiedlungen zu befördern. Im Gegenteil, wir müssen Strategien für eine soziale Mischung in allen Stadtteilen entwickeln. Für dieses Programm hier sehen wir die Sanierung von Beständen und Bereitstellung von Wohnraum zum KdU-Satz vorrangig da, wo wir ein höheres Mietpreisumfeld haben. Wir beauftragen die Stadtverwaltung deshalb damit, diesem Auftrag des Wohnungspolitischen Konzepts auch hier Folge zu leisten.
3. Dem Stadtrat wird bis zum 2. Quartal 2023 eine Zwischenevaluation des Programmes vorgelegt.
Aus den oben genannten Gründen sollten wir nicht nur eine Evaluation nach Beendigung aller Maßnahmen machen, sondern eine Zwischenevaluation vornehmen, die uns bereits für den nächsten Doppelhaushalt eine Einschätzung ermöglicht, in welchem Umfang Mittel bereitzustellen sind. Wir würden deshalb, auch noch mal nach Diskussion mit den Kollegen der anderen Fraktionen den letzten Änderungspunkt noch mal anpassen und eine Zwischenevaluation zum 3. Quartal 2022 (statt 2. Quartal 2023) vorschlagen.
Der Änderungsantrag von CDU und Linke greift ebenfalls wichtige Punkte auf, dem können wir zustimmen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!