Rede von Dr. Tobias Peter in der Ratsversammlung am 17. Juni 2020 zur Drucksache "Umsetzung von Maßnahmen gegen die Zweckentfremdung von privatem Wohnraum"

Foto: Martin Jehnichen

- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Konkurrenz auf dem Mietwohnungsmarkt in Leipzig ist weiterhin hoch. Die Zweckentfremdung von Wohnungen als Büros oder Ferienwohnungen sowie die Strategie, Wohnungen leer stehen zu lassen, bis ganze Häuser entmietet sind, sind in stark nachgefragten urbanen Stadtteilen ein Teil des Problems. Die vorgelegte Untersuchung der Stadtverwaltung zeigt noch einmal eindrücklich, in welchem Umfang das Problem besteht. Immerhin knapp 500 Wohnungen in Leipzig werden ausschließlich und dauerhaft als Ferienwohnungen genutzt. Spekulativen Leerstand im Umfang von 3.000 leerstehenden Wohnungen kann mit einer entsprechenden Regelungen aktiv begegnet werden. Wenn wir auch nur einen Teil der jährlich 500 neuen Zweckentfremdungen vermeiden können, könnte wir den Wohnungsmarkt spürbar entlasten.

Überall dort, wo wir nicht über B-Pläne oder städtebauliche Verträge regeln können, haben wir derzeit keine Handhabe, um eine Zweckentfremdung zu verhindern. Der Blick in andere deutsche und europäische Städte zeigt, dass gerade in attraktiven Innenstadt- und innenstadtnahen Lagen eine Tendenz besteht, einen Teil der Bevölkerung durch Ferienwohnungen zu verdrängen – das ist nicht nur ein Problem für den Wohnungsmarkt, sondern droht auch den Charakter von Quartieren zu verändern. Und dementsprechend ist die Einschränkung der Zweckentfremdung auch Teil der Lösung. Damit Leipzig hier aktiv werden kann, braucht es eine landesrechtliche Ermöglichung. Und deshalb lehnen wir den Antrag der Freibeuter ab.

Unsere grüne Landtagsfraktion hatte dazu bereits im letzten Jahr einen Gesetzentwurf zur Abstimmung gestellt, mit dem den Kommunen die Möglichkeit eingeräumt wird, der Zweckentfremdung von Wohnraum insbesondere für Ferienwohnungen (airbnb etc.) effektiv entgegenzuwirken. Mehrere Bundesländer haben gesetzliche Regelungen erlassen, die eine Zweckentfremdung von Wohnraum unterbinden sollen. In den Bundesländern Hessen und Nordrhein-Westfalen ermöglichen 'Wohnungsaufsichtsgesetze' den Kommunen jeweils im Bedarfsfall per Satzung gegen Wohnraumzweckentfremdung vorzugehen. Auch die Länder Bayern, Niedersachsen und Baden-Württemberg haben ein eigenes Zweckentfremdungsgesetz, das den Kommunen diesen Spielraum via Satzung einräumt. In den Stadtstaaten Berlin und Hamburg gibt es ebenfalls umfangreiche gesetzliche Regelungen zum Thema. Und deshalb ist das im Koalitionsvertrag festgehaltene Vorhaben des Freistaates Sachsen richtig, hier zeitnah eine Landesregelung zu erlassen.

Kommunen sollen verhindern können, dass Wohnungen für die ausschließliche Vermietung als Ferienwohnung zweckentfremdet werden. Auch die Praxis, einzelne Wohnungen so lange leer stehen zu lassen, bis alle Mieterinnen und Mieter ausgezogen sind, soll verhindert werden können.

Das heißt nicht, dass Ferienwohnungen generell verboten werden. Aber wir brauchen die Möglichkeit, zu verhindern, dass eine hohe Konzentration von Ferienwohnungen in einzelnen Stadtvierteln entsteht. Zugleich müssen wir natürlich mit Augenmaß vorgehen und ermöglichen, dass beispielsweise Zweitwohnungen oder Wohnungen möglich werden, die für eine Existenzgründung genutzt werden. Zudem sollte die Kommune in weiteren Fällen eine beantragte Zweckentfremdung zulassen, beispielsweise um schutzwürdige private und öffentliche Interessen zu wahren.

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