Rede von Dr. Tobias Peter in der Ratsversammlung am 20. Mai 2020 zum Antrag "Stadtteilpark Volkmarsdorf endlich voranbringen"

- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir beschäftigen uns heute mit einer echten Never-ending-Story – dem Stadtteilpark Volkmarsdorf. Seit zehn Jahren existieren Planungen zur Entwicklung eines Stadtteilparks auf Brachflächen an der Schulze-Delitzsch-Straße in Volkmarsdorf – in einem Stadtteil, der den geringsten Grünflächenanteil, aber mittlerweile mit die höchste Einwohnerdichte in Leipzig aufweist. Heute können wir einen wichtigen, entscheidenden Schritt nach vorn machen.

Bereits 2010 wurde die Gewerbe- und Bahnflächen nördlich der Schulze-Delitzsch-Straße und zwischen Hermann-Liebmann-Straße und Bennigsenstraße als Planungsgebiet gefasst, mit dem Ziel, hier einen Stadtteilpark zu schaffen. Schließlich wurde auf Teilen der Fläche als Ausgleichsmaßnahme für den City-Tunnel Entsiegelungsmaßnahmen und die Anlage von Gehölzstrukturen im Sinne eines urbanen Walds planfestgestellt und umgesetzt. In den vergangenen Jahren wurde u.a. 2017 seitens des SBB Ost sowie der Fraktionen GRÜNEN und LINKE beantragte Flächenankauf der von der Deutschen Bahn gehaltenen Flächen durch die Stadtverwaltung mit Verweis auf die Nutzung der Flächen durch Wagenplätze nicht umgesetzt. Sicher: der zwischenzeitliche Zuzug von Wagenplätzen auf die Fläche und Unstimmigkeiten mit der Deutschen Bahn haben die Situation komplexer gemacht. Der nun erfolgte Mediationsprozess zeigt aber, dass auch hier Lösungen gefunden werden konnten. Wir freuen uns, dass die Stadtverwaltung mit der Zustimmung zu unseren Beschlusspunkten 1 und 2 nun den Ankauf der Teilflächen vorantreibt. Gleichwohl bleibt zu erinnern, dass schon Jahre früher hätte gehandelt werden können. Das bestehende Vorkaufsrecht wurde nicht gezogen. Nun, durch entsprechenden öffentlichen und politischen Druck werden die Flächen durch das Liegenschaftsamt quasi auf dem freien Markt zu einem absehbar höheren Preis angekauft – dieses Beispiel zeigt, wie dringend notwendig eine strategische Liegenschaftspolitik in der Stadtverwaltung ist.

Nichtsdestrotz: jetzt ist der Weg frei, um die letzte größere Grünfläche im Kerngebiet des Leipziger Ostens weiterzuentwickeln. Eine öffentliche Nutzung im Sinne eines Stadtteilparks ist geboten. Es ist ausdrückliche Zielstellung des INSEK 2030, in Volkmarsdorf kleinteilig entwickelte Grünstrukturen zu qualifizieren, zu vernetzen und an den Parkbogen Ost anzubinden. Der dafür notwendige Prozess muss nun umgehend vorangetrieben werden. Die anstehende Entwicklung kann auf einem breiten bürgerschaftlichen Engagement aufbauen. In den vergangenen Jahren gab es bereits mehrere Initiativen aus Bürgerschaft und Wissenschaft zur Entwicklung eines Stadtteilparks. So bildete sich in 2016 ein "Bündnis für einen selbstorganisierten Park" und legte das Institut für Geographie der Universität Leipzig im Jahr 2016 eine Studie zu möglichen Nutzungsformen vor. Und seit einem knappen Jahr organisieren Akteure vor Ort unter dem Motto ‚East Park Fiction‘ einen Beteiligungsprozess zur Ideenfindung u.a. mit finanzieller Förderung des Mitmachfonds Sachsen sowie im Rahmen des Parkbogen Ost. Hier sind bereits jetzt viele Ideen entstanden, um aus der Fläche einen echten Park der Vielen zu machen. Indem wir diese Akteure einbinden, können wir auch neue, mitunter experimentelle Formen einer beteiligungsorientierten Stadtentwicklung anwenden. Dieses Engagement gilt es aufzugreifen und wir freuen uns, dass die Stadtverwaltung mit der Zustimmung zu Beschlusspunkt 4 grundsätzlich die Position teilt, diese von Anwohner/innen und Akteur/innen getragene Entwicklung einzubinden.

Allerdings ist uns der Beschlusspunkt 3 des VSP zu vage – er lässt offen, in welchem Rahmen die nächsten Schritte erfolgen. Mit unserer Neufassung fassen wir diesen Beschlusspunkt noch etwas präziser und nehmen damit Anregungen aus dem Stadtbezirksbeirat sowie den Anwohnerinnen und Aktiven im Stadtteil auf. Diese haben einen Anspruch auf einen verbindlichen planerischen Prozess der Weiterentwicklung der Fläche, wie er durch einen Bebauungsplan sichergestellt werden kann. Denn mit diesem Instrument können die konkreten Nutzungsformen, aber auch z.B. die Fuß- und Radverkehrs-Anbindung insbesondere an den Parkbogen Ost unter Nutzung der laufenden Beteiligungsmöglichkeiten eines B-Plans diskutiert und verbindlich gemacht werden. Der zeitliche und organisatorische Aufwand dafür ist vergleichsweise überschaubar. Als frühzeitige Beteiligungsform schlagen wird zudem konkret die Durchführung einer Stadtwerkstatt im Laufe diesen Jahres vor.

Richtig ist aber auch – und hier nehmen wir gern die Hinweise der Verwaltung auf – dass es bei diesem Projekt jenseits der verbindlichen Bauleitplanung auch Fachplanungsrechte gibt, die zwingend zu berücksichtigen sind und die nicht in der Hoheit der Kommune liegen. Dies gilt insbesondere für die planfestgestellten Ausgleichsflächen der Deutschen Bahn und die Fachplanung nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG). Ausdrücklich – und das können wir gern als Protokollnotiz festhalten – schließt der Beschluss zur Einleitung eines B-Planverfahrens nicht aus, zusätzlich und ggf. auch vorher alle verfügbaren Instrumente, z.B. der eisenbahnspezifischen Fachplanung zu nutzen, um die weitere Entwicklung zu befördern.

Zugleich nehmen wir die Forderung aus dem Stadtteil auf, die auf dem Gelände befindlichen Wagenplätze Rhizomia und Trailermoon im Rahmen der Weiterentwicklung zu erhalten. Gern übernehmen wir den Änderungsantrag der Freibeuter zur Neufassung, der dies als Zielstellung des Bebauuungsplanverfahrens ausweist und an eine Durchwegung knüpft. Auch für unsere Fraktion kommt eine Abschottung von Wagenplätzen nicht infrage, sondern ist eine Öffnung in die Stadtgesellschaft eine zentrale Voraussetzung, damit Wagenplätze wie z.B. in Tübingen oder Erlangen als eine akzeptierte Wohnform Platz in unserer Stadt finden können. Die Wagenplätze sind hier in Volkmarsdorf akzeptiert, waren und sind immer auch aktiver Teil der Beteiligungsinitiativen vor Ort. Diese soziale und räumliche Öffnung in den Stadtteil ermöglicht eben gerade die Integration in das Gesamtkonzept. Als Protokollnotiz bitte ich jedoch aufzunehmen: die Integration in die weitere Entwicklung heißt für uns aber nicht, dass die Wagenplätze dann auf ein kommunales Grundstück ziehen. Vielmehr ist für uns klar, dass hier nachwievor die Deutsche Bahn in einer besonderen Verantwortung steht, um mit allen Beteiligten eine gute Lösung zu finden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

lassen Sie uns heute einen wichtigen Schritt für einen Stadtteilpark Volkmarsdorf machen und das Engagement vor Ort im Stadtteil ernstnehmen. Ich bitte Sie um Zustimmung zum Antrag im Sinne der vorliegenden Neufassung. Vielen Dank!

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