Rede von Dr. Tobias Peter in der Ratsversammlung am 28. Mai 2020 zum Antrag "Wohnungstauschplattform für Leipzig einrichten"

- es gilt das geprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

wer wie ich vor zwei Jahrzehnten nach Leipzig gezogen oder vor reichlich zehn Jahren in Leipzig umgezogen ist, wird sich erinnern, wie groß die Auswahl an attraktivem und günstigem Wohnraum in Leipzig war. Leipzig war im deutschlandweiten Vergleich neben Berlin die Umzugshauptstadt.

Die Zeiten haben sich in dieser Hinsicht gründlich geändert. Mittlerweile wird auch Leipzig von der Entwicklung eingeholt. Auch in unserer Stadt lässt sich beobachten, dass die Umzugsaktivität wie in anderen angespannten Wohnungsmärkten abnimmt. Angesichts steigender Angebotsmieten ist es für viele günstiger, in der alten Wohnung zu bleiben, weil der Wechsel in eine gleichgroße oder sogar kleinere Wohnung deutlich teurer kommt. Dies ist vor allem dann ein Problem, wenn der Wohnraum nicht mehr zu den eigenen Lebensbedürfnissen passt. Viele scheuen den Umzug, obwohl sie gerne umziehen würden. Das betrifft zum einen vor allem Alleinlebende und ältere Menschen in verhältnismäßig großen Wohnungen, die kein entsprechendes günstigeres Angebot für kleinere Wohnungen finden. Zugleich ist der verfügbare Wohnraum für größere Familien mit Kindern anhaltend knapp. Immer mehr Familien müssen in viel zu kleinen Wohnungen bleiben, weil die gerade mal ein Zimmer größere Wohnung oftmals die bisherige Miete verdoppelt.

Neben grundsätzlich ansetzenden Maßnahmen wie den sozialen Wohnungsbau oder soziale Erhaltungssatzungen bietet der Tausch von Wohnungen unterschiedlicher Größe zu günstigen Konditionen eine pragmatische Lösung, um auf die beschriebene Problematik zu reagieren. Mit einem Wohnungstausch können Mieter, deren Wohnung zu klein ist, schnell eine größere Wohnung erhalten, während im Gegenzug ältere Menschen in eine kleinere Wohnung ziehen und Miete sparen können.

Städte wie Berlin, München, Erlangen oder Jena haben reagiert und digitale Wohnungstauschplattformen eingerichtet bzw. beschlossen, mit denen die Möglichkeit geboten wird, Wohnungen unterschiedlicher Größe zu tauschen. Hier können Mieter*innen der angeschlossenen Wohnungsunternehmen ihre Wohnung tauschen und dabei den Altvertrag der Tauschpartner*in übernehmen, so dass für sie dann jeweils die alte Miete und die Kündigungsfrist der Tauschpartner*in gilt. Voraussetzung dafür ist es, dass die beteiligten Wohnungsgesellschaften die Bestandsmiete nicht oder nur moderat erhöhen. Begleitende Maßnahmen wie Beratungsangebote und Umzugshilfen insbesondere für ältere Menschen können unterstützend wirken.

Dass es Möglichkeiten des Wohnungstausches auch in Leipzig geben muss, sollte angesichts des Wohnungsmarktentwicklung in Leipzig bereits heute unstrittig sein. Wir freuen uns, dass die Stadtverwaltung das Anliegen einer solchen Wohnungstauschplattform teilt. Allerdings ist uns die durch den VSP in Aussicht gestellte bloße Prüfung zu wenig. Klar ist für uns: es darf nicht um das ob, sondern kann lediglich um das wie einer Wohnungstauschplattform gehen. Es braucht eine verbindliche Perspektive und den klaren Auftrag des Stadtrats für die Erarbeitung eines Umsetzungskonzepts, damit Gespräche mit der Leipziger Wohnungsbaugesellschaft mbH, den Genossenschaften, dem Mieterverein sowie ggf. privaten Vermieter/-innen erfolgreich sein können. Wie eine solche Plattform konkret aussehen kann, ob sie ggf. schrittweise oder beginnend mit einer Pilotphase der LWB entwickelt werden kann, dafür sind wir offen. Wichtig ist die verbindliche Perspektive.

Wir erwarten, dass die Stadtverwaltung nicht moderierend, sondern mit einer aktiven Haltung in diese Gespräche geht, die ihr zur Verfügung stehenden Mittel für eine Realisierung dieses Ansatzes auch zu nutzen. Und wir erwarten zugleich von den Wohnungsmarktakteuren, dass sie die Zielsetzung des Bündnis für Wohnen ernst nehmen und Wohnungstausch auch zwischen den Unternehmen ermöglichen. Die von uns geforderte und von der Verwaltung zugesicherte nähere Untersuchung der Ungleichgewichte und umzugshemmenden Faktoren wird weitere Hinweise liefern – nicht dafür, ob eine Wohnungstauschplattform notwendig ist, sondern wie diese auszugestalten ist und welche begleitenden Unterstützungsmaßnahmen sinnvoll sind. Auf der Basis dieser Untersuchungen und der Gespräche ist die Vorlage eines Umsetzungskonzepts bis zum IV. Quartal 2020 ohne weiteres möglich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

lassen Sie uns mit einer Wohnungstauschplattform einen Baustein auf den Weg bringen, um den Leipzigerinnen und Leipzigern bezahlbaren und angemessenen Wohnraum zu ermöglichen. Ich bitte um Zustimmung unserem Antrag.

 

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