Rede von Dr. Tobias Peter in der Ratsversammlung am 30. Oktober 2019 zum ÄA unserer Fraktion zum Antrag „Fassadenbegrünung“
-es gilt das geprochene Wort-
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Gäste,
die Begrünung von Bauwerken bietet die Möglichkeit, das unmittelbare Wohn- und Arbeitsumfeld sichtbar und atem-bar zu verbessern. Fassadenbegrünung kann sowohl in ökologischer, als auch funktionaler und gestalterischer Hinsicht Vorteile bieten. Beispiele aus unserer Stadt, aber auch viele innovative internationale Best-Practice-Beispiele zeigt das umfassende Potential, dass Fassadenbegrünung und Gebäudegrün generell zeigt.
Fassadenbegrünung leistet einen aktiven Beitrag zu Klimaschutz und Luftreinhaltung, indem sie Co2 und Feinstaub bindet, die Luft filtert und und Sauerstoff produziert. Ihren besonderen Wert zeigen begrünte Fassaden in Hitzesommern, in denen sie insbesondere in Innenhöfen einen kühlenden Effekt haben können. Indem sie eine zweite Hülle bilden, schützen sie vor Lärm, können sie andere Maßnahmen der Fassadendämmung ergänzen und Fassaden vor Witterung schützen. Zudem können sie einen Beitrag zur Artenvielfalt leisten, indem sie ganze Biotope ausbilden, in den Vögel nisten und Wildbienen Nahrung finden können. Einen besonderen Reiz entfalten Fassadenbegrünungen schließlich in gestalterischer Hinsicht, in dem sie eher schmucklose, eintönige Häuserwände in lebendige, facettenreiche Fassaden verwandeln, aufwerten und zudem – vielleicht ein Argument für konservativere Kollegen – auch Schutz vor Graffiti bieten können.
Angesichts dieser Vorteile kann uns nicht zufriedenstellen, dass die Begrünung von Fassaden nach wie vor eine absolute Ausnahme in Leipzig darstellt. Zwar fördert die Stadt mit dem Projekt Kletterfix so wie mehr als ein Viertel aller Städte über 10.000 Einwohner. Aber es hat sich noch keine Bau-Kultur in Leipzig etabliert, die Fassadenbegrünung sowohl nachholend im Bestand als auch planerisch bei Neuvorhaben mitdenkt.
Der Antrag des Jugendparlaments zielt deshalb in die richtige Richtung, in dem er eine Vorreiterrolle der Stadtverwaltung anmahnt. Wir wertschätzen, dass die Stadtverwaltung im Grundsatz diese Zielsetzung teilt und sind überzeugt, dass sie angesichts des Umfangs an Liegenschaften und des letztlich überschaubaren Aufwands in der Lage ist, drei Fassadenbegrünungsprojekte nicht nur vorzuschlagen, sondern auch zeitnah, das heißt bis zum Beginn der Vegetationsperiode im II. Quartal 2020 umzusetzen.
Aus unserer Sicht kann das aber nur ein Anfang sein, um die Potentiale der Fassadenbegrünung umfassend auszuschöpfen. Dafür braucht es eine umfassende Potenzialanalyse, für auf Grundlage nachvollziehbarer Kriterien nach infrage kommenden Hausflächen sucht. Dabei sollte nicht nur die Möglichkeit bodengebundener, sondern auch wandgebundener Begrünungssysteme in den Blick genommen werden. Hier steht der Bundesverband GebäudeGrün sicherlich für eine Beratung zur Verfügung. Unser Ziel sollte es sein, die Fassaden aller dafür geeigneten Liegenschaften der Stadt auch tatsächlich zu begrünen. Selbstverständlich werden wir das nicht innerhalb weniger Monate schaffen. Deshalb sollten die Ergebnisse der Prüfung der städtischen Liegenschaften genutzt werden, um einen Maßnahmenplan zu entwickeln, mit dem wir in den nächsten Jahren schrittweise alle geeigneten Gebäude der Stadt begrünen können.
Jenseits des unmittelbaren eigenen Verantwortungsbereichs kann die Stadtverwaltung dazu beitragen, auch die Fassadenbegrünung anderer öffentlicher und privater Eigentümer und Bauträger zu befördern. Das Projekt Kletterfix bietet hierfür einen guten Rahmen. Es bietet derzeit kostenfreie Beratung und bis zu fünf Pflanzen an. Darüber hinaus fallen jedoch für Ranksysteme, Genehmigungen und Rückschnitte mit Kletter- und Hebetechnik Kosten an, die vielfach davon abhalten, eine Fassadenbegrünung vorzunehmen. Hier sollte bei der weiteren Ausgestaltung des Projekts geprüft werden, ob weitere Kostenbestandteile ggf. anteilig übernommen werden können, um eine bedarfsgerechte Ausgestaltung zu erreichen.
Das größte Potential für den Ausbau von Fassadenbegrünung bieten straßenseitige Fassaden. Hier berichten Eigentümer und Bauherren immer wieder von einer uneinheitlichen, nicht transparenten Genehmigungspraxis, die immer wieder Fassadenbegrünungsprojekte verhindert. Die Voraussetzungen und die konkrete Umsetzung von Fassadenbegrünung auf der Straßenseite von Gebäuden sollten aber für alle Beteiligten klar sein. Eine entsprechende Richtlinie kann hier Handlungsklarheit für Bauherren und Verwaltung schaffen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
gezielte Anstrengungen bei der Fassadenbegrünung sind für uns nur ein Teil einer notwendigen umfassenden Baubegrünungsstrategie in Leipzig. Das vom Stadtrat per Beschluss eingeforderte Gründachkonzept muss endlich vorgelegt werden. Darüber hinaus sollten wir als Stadtrat – gerade angesichts der zunehmenden Flächenkonkurrenz - das Thema Dachgärten auf Wohn- aber auch öffentlichen Gebäuden ebenso in den Blick nehmen wie Innenraumbegrünungen.
Lassen Sie uns mit dem Beschluss des vorliegenden Antrags in der von uns vorgeschlagenen Änderungsfassung einen wichtigen Schritt für ein Leipzig machen, in dem man atmen kann.