Rede von Dr. Tobias Peter vom 15. März 2023 zum Antrag "Windkraft im Leipziger Stadtgebiet ausbauen"

Foto: Martin Jehnichen

- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Beigeordnete, liebe Kolleginnen, liebe Gäste,       

der Ausbau der Erneuerbaren Energien – bis auf die Kollegen am ganz rechten Rand mittlerweile Konsens - ist unabdingbar im Kampf gegen den Klimawandel. Bis 2030 sollen 80% des Strombedarfs durch die Erneuerbaren gedeckt werden.

Im EKSP haben wir uns eine klare Zielsetzung gegeben, 50% unseres Strombedarfs selbst, auf dem Stadtgebiet zu decken, eines Strombedarfs, der steigt, insbesondere aufgrund von Elektro-Mobilität und des zunehmenden Bedarfs im Wärmebereich, Stichwort Wärmepumpen.

Erneuerbare Energien sind aber längst auch die zentrale Strategie, um unseren Bürgerinnen und Bürgern dauerhaft bezahlbare Energie zu sichern. Eine starke, dezentrale erneuerbare Energieerzeugung ist längst auch ein wirtschaftlicher Wettbewerbsvorteil.

Die Stromgestehungskosten der Erneuerbaren sind mit mittlerweile 6 ct/kwh, perspektivisch 3 – 4 ct/kwh bei Windkraft und bei Freiflächen-PV mit derzeit 7 ct/kwh perspektivisch bis zu 2 ct/kwh deutlich günstiger als bei fossilen Energieträgern. Zum Vergleich: Braunkohlestrom lag 2021 im Mittel bei 13 ct/kwh, hier sind die versteckten ökologischen und gesellschaftlichen Folgekosten und der steigende CO2-Preis nicht enthalten (FÖS 2021).

Seitens Bund und Freistaat wurden in den letzten 12 Monaten wesentliche Voraussetzungen für einen starken Ausbau der Erneuerbaren geschaffen.

Bereits bis 2027 sollen 2% der Landesfläche für Windkraft ausgewiesen werden. Die wesentlichen Arbeiten dafür müssen in diesem und im nächsten Jahr geleistet werden.

Damit stehen natürlich erhebliche Debatten mit unseren Umlandkreisen im Regionalen Planungsverband an. Gerade weil wir perspektivisch nicht 100% unseres Strombedarfs decken können, gerade weil wir auf die umgebenden Landkreise angewiesen sind, müssen wir die bestehenden Potentiale im Stadtgebiet so weit wie möglich ausnutzen.

Mit der Flexibilisierungsklausel ermöglicht es der Freistaat bereits jetzt, vor Beschluss eines neuen Regionalplans, eigenständig Gebiete für Windkraftnutzung auszuweisen. Diese Möglichkeit können und sollten wir nutzen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Um diese deutlich verbesserten Spielräume zu nutzen, ist es gut, dass die Verwaltung in ihrem VSP ein Energiekonzept erarbeiten will, dass sie systematisch die vorhandenen Flächenpotentiale erfasst und damit eine Grundlage für die Ausweisung geeigneter Flächen für Windkraft und Freiflächen-PV gibt. Das Ziel, dies bis 2023 zu schaffen, ist ambitioniert, aber machbar. Und es gilt, keine Zeit zu verlieren, sondern zügig geeignete Flächen zu identifizieren und auszuweisen. Dies bietet eine große Chance für unsere Stadtwerke, die realistisch benennen müssen, in welchem Umfang sie zügig Windkraft und Freiflächen-PV ausweisen. Ebenso muss klar werden, wo Bürgerenergiegenossenschaften und private Projektentwickler zum Zuge kommen können.

Klar ist aber auch, dass wir die bestehenden Flächennutzungskonflikte, die wir ja z.B. aus den Diskussionen zum STEP Wohnbauflächen kennen, austragen müssen. Gerade in unserer wachsenden Stadt wird es eine Flächenkonkurrenz zwischen der Nutzung von Erneuerbaren Energien, Wohnen und Gewerbe, Grün und Landwirtschaft geben, insbesondere in den Ortschaften. Und deshalb ist es gut, dass wir mit dem STEP Wohnbauflächen einen geordneten Prozess, die Erarbeitung von Ortsteilentwicklungskonzepten beauftragt haben.

Und ja, in diesem Prozess müssen wir uns auch die Nutzung der insgesamt 10.000 ha landwirtschaftlicher Flächen anschauen, die ja gerade unserer Fraktion am Herzen liegen. Wir halten es für möglich, Windenergie, Landwirtschaft und Naturschutz gut zu vereinbaren. Schauen wir uns die Fakten an.

Der Flächenverbrauch eines Windrads liegt je nach Anlage und Zufahrtswegen bei bis zum 0,5 ha. Zum Vergleich: allein die Braunkohleverstromung in Deutschland beansprucht 7,5 ha pro Tag! In vier Jahren wären das die gesamten Landwirtschaftsflächen Leipzigs. Soviel zum Thema Schonung landwirtschaftlicher Flächen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der AfD.

Demgegenüber würden selbst mit einer maximalen Ausnutzung der Flächenpotentiale für Windkraft mit theoretisch 55 WEA = 22 ha = also gerade mal 0,22 % der Landwirtschaftsflächen in Leipzig beansprucht.

Die derzeit in den Ausschüssen vorgestellte Auftaktvorlage zur Rahmenkonzeption Flächenbedarfe für Erneuerbare Energien (Rako-FEE) zeigt die Potentiale für Freiflächen-PV – entlang von Autobahnen und Bahntrassen oder auf Abfalldeponien, lassen Sie uns diese nutzen.

Auch für die Vereinbarkeit mit Naturschutz, insbesondere Vogelschutz, gibt es gute Lösungen. Die Vereinbarkeit von Arten- und Naturschutz muss von Anfang an mitgedacht werden. Seitens Bund und Freistaat wurden dazu verschiedene Eckpunkte und Leitlinien entwickelt, die eine Grundlage für verbindliche naturschutzfachliche Vorgaben bei der Errichtung von Windkraftanlagen bilden.

Und liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht uns auch darum, Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürger in den Ortschaften zu schaffen. Die Energiewende in Leipzig muss eine Bürgerenergiewende werden.

Deshalb ist uns der dritte Punkt, die finanzielle Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Energiegenossenschaften, wichtig. Denn überall dort, wo die Bürgerschaft beteiligt wird, kann die Energiewende ganz konkret gelingen – das zeigen Beispiele von Coesfeld bis Leisnig. Die EEG-Novelle sieht deshalb erleichterte Regelungen für Bürgerenergieprojekte vor. Windkraftanlagen von Bürgerenergieprojekten sollen ohne Teilnahme an Ausschreibungen realisiert werden können.

Es lohnt sich, beim Ausbau der Erneuerbaren unsere Bürgerinnen und Bürger aktiv zu beteiligen. Zum einen durch die Möglichkeit des Mitmachens bei Bürgerenergieanlagen, aber auch durch Ausschüttung der finanziellen Beteiligung. Es spricht viel dafür, die bis zu 20.000 EUR pro WEA direkt den Bürgerinnen und Bürgern in den Ortschaften zukommen zu lassen. Mittel, mit denen die Lebensqualität in unseren Ortschaften erhöht werden kann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag in der Fassung des VSP. Die in unserer Neufassung ergänzten Punkte geben wir zu Protokoll. Eine Vorlage des Energiekonzepts in 2023 sichert sie Verwaltung selbst zu. Ebenfalls gehen wir davon aus, dass auf Grundlage des Energiekonzepts die Stadt mit den Projektentwicklern – den Stadtwerken wie anderen Projektentwicklern – auf die Genehmigungsfähigkeit hinarbeiten wird.

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