Rede von Dr. Tobias Peter vom 18. Oktober 2023 zum Antrag "Schaffung von Wohnraum vorantreiben – Wohnungsbaukoordinator*in einsetzen"

Foto: Martin Jehnichen

- es gilt das gesprochene Wort -

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

der Wohnungsbau ist in der Krise. Aufgrund steigender Bauzinsen und -kosten werden absehbar deutlich weniger Vorhaben geplant und umgesetzt. Auch wenn wesentliche Stellschrauben bei Bund und Ländern liegen, können auch Kommunen etwas dazu beitragen, Hemmnisse abzubauen - darum sollte sich auch unsere Stadt bemühen.

Die Stadtverwaltung hat bereits in den letzten Jahren viel geleistet, um den Wohnungsbau in Leipzig durch zügige Genehmigung voranzubringen – allein 2.700 Baugenehmigungen in 2022 – dafür vielen Dank! Und wir müssen ehrlich sagen, auch das zeigt der VSP: wir haben einen enormen Bauüberhang genehmigter, aber nicht gebauter Wohnungen.

Dennoch: gerade bei größeren Wohnungsbauvorhaben treten in Planungs- und Genehmigungsprozessen immer wieder Verzögerungen auf, weil dezernatsübergreifende Konflikte zu klären sind. Die Komplexität der Verfahren hat mit den Anforderungen an eine nachhaltig wachsende, gemeinwohlorientierte Stadt stetig zugenommen. Denn wir müssen uns wollen zum Beispiel Lärmschutz, Artenvielfalt und Baukultur mit Wohnungsbau unter einen Hut bringen.

 

Die Verwaltung muss einen immer komplexeren Rechtsrahmen sorgfältig prüfen. Auch das verlängert die Abstimmungsprozesse. Im Ergebnis werden Vorhaben später begonnen als ursprünglich geplant und damit kostenintensiver als notwendig. Projekte wie der Bayerische Bahnhof dauern einfach zu lange, sie könnten schon längst und deutlich kostengünstiger begonnen sein. Diese Verzögerungen können wir uns einfach nicht leisten – die großen Projektentwickler beklagen dies, durchaus zu Recht.

Die Konsequenz kann aber nicht sein, einfach pauschal Umweltstandards zu senken oder es mit Konzepten sein zu lassen, wie eben gefordert. Denn jede Umweltstandardsenkung werden wir als öffentliche Hand doppelt und dreifach bezahlen. Stichwort Kosten des Klimawandels – fragen Sie mal die Wasserwerke, fragen sie die Kliniken, was diese Kosten angeht. Wer so tut, als müssten wir nicht auf die Herausforderungen reagieren, als könnten wir einfach so bauen, wie vor 20, 30 oder 40 Jahren, mit Gebäuden und Planungen, die uns heute auf die Füße fallen, streut den Leuten Sand in die Augen.

Wir müssen nicht Umweltstandards, sondern Prozesse verschlanken – das ist die Antwort. Und deshalb haben wir mit dem vorliegenden Antrag die Idee eines Wohnungsbaukoordinators aufgegriffen.

Unser Vorbild ist dabei insbesondere Hamburg, das bereits 2010 – übrigens noch unter schwarz-grüner Regierung von Ole von Beust, liebe Kollegen von der CDU - eine Wohnungsbaukoordination geschaffen hat. Die im dortigen Bündnis für Wohnen erreichten Zielmarken wurden seitdem immer erreicht - das spricht für sich. Auch in Berlin, Stuttgart oder Potsdam gibt es solche Koordinator*innen.

Diesen Beispielen sollte nun auch Leipzig folgen. Wir brauchen eine Ansprechperson für Investierende, die sich um verwaltungsinterne Abstimmungsprozesse kümmert. Sie soll rechtliche und fachliche Fragen frühzeitig mit Vorhabenträgern und zwischen den zuständigen Fachämtern und Dezernaten abstimmen. Damit soll zugleich eine Beschleunigung der Verwaltungsprozesse einhergehen.

Wir freuen uns, dass die Verwaltung diesem Anliegen grundsätzlich zustimmt und hier auch ein konkretes Verfahren vorschlägt. Der oder die Stelleninhaber*in wird für Vorhaben mit mindestens 50 Wohneinheiten zuständig sein sowie für Projekte mit einer hohen städtebaulichen oder wohnungspolitischen Bedeutung. In projektbezogenen Wohnungsbaukonferenzen sollen Zielkonflikte offengelegt und geklärt werden. Lässt sich ein Dissens nicht klären, werden Clearingstelle entscheiden: der zuständige Bürgermeister in Eskalationsstufe 1, in Stufe 2 der Oberbürgermeister. 2024 soll es los gehen, eine Evaluation nach drei Jahren ist geplant.

Diesem Vorgehen können wir zustimmen, wollen aber in der Neufassung explizit auch die Wohnungsbaukoordination und nicht nur die Prozesse hier beschließen. Den SPD-Änderungsantrag können wir gern übernehmen – denn in der Tat, die Koordination der verschiedenen Dezernate ist Aufgabe des OBM, wir gehen davon aus, dass es aber eine Anbindung an das federführende Dezernat 6 geben wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

lassen Sie uns heute einen wichtigen Schritt für die Beschleunigung des Wohnungsbaus in Leipzig gehen und stimmen Sie unserem Antrag in der Neufassung zu.

Vielen Dank!

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