Rede von Dr. Tobias Peter vom 9. November 2022 zum Antrag "Task Force „Energiewende“ zur Beschleunigung der Energie-Einsparmaßnahmen und des Ausbaus Erneuerbarer Energien"

Foto: Martin Jehnichen

- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Oberbürgermeister, sehr geehrte Beigeordnete, liebe Kolleg*innen, liebe Gäste,

der Ausbau der Erneuerbaren Energien und die damit verbundene Dekarbonisierung praktisch unseres gesamten Lebens ist das zentrale Projekt unserer Generation. Und zwar in dreifacher Hinsicht:

  1. Die Klimakrise duldet keinen Aufschub – ein massiver Ausbau der Erneuerbaren bietet das größte Potential, um das 1,5° Ziel zu erreichen
  2. Spätestens seit dem 24. Februar liegt der Ausbau von Erneuerbaren im Interesse der öffentlichen Sicherheit – wir müssen so schnell wie möglich unabhängig von fossilen Energien werden
  3. Und die aktuelle Lage auf den Energiemärkten zeigt auch: dauerhaft bezahlbare Energie gibt es nur mit Erneuerbaren, sie sind jetzt schon die mit Abstand günstigste Energiequelle

Und genau deshalb haben wir uns im EKSP auch zu ehrgeizigen Zielen verpflichtet, bis 2040 zu einer klimaneutralen Strom- und Wärmeversorgung zu kommen.

Dabei liegt allein unser Strombedarf nach Berechnungen der Stadtwerke künftig bei 3TWh. Dieser Bedarf kann durch das bestehende Ausbaupotential im Stadtgebiet sogar theoretisch zu 100% gedeckt werden, wenn wir alle Optionen nutzen

  • Durch Windkraft: bis zu 0,6 TWh = bis zu 30 WEA, 2,4% des Flächenanteils
  • Durch Dach-PV: bis zu 0,3 TWh
  • PV Freifläche bis zu 2TWh – bis zu 1.700 ha

Realistisch kann von diesem Potential die Hälfte erreicht werden, wenn Flächenkonkurrenzen und Wirtschaftlichkeit in Rechnung gestellt werden.

Aber um diese Potentiale zu heben, müssen die Rahmenbedingungen stimmen

  • Flächen bereitstellen und geeignete Freiflächen für PV ausweisen
  • Windvorranggebiete ausweisen und Ausnahmegenehmigungen nutzen
  • Auflagen für Dach-PV reduzieren
  • Planungsverfahren beschleunigen und die Genehmigungsdauer für Windräder und PV-Anlagen deutlich reduzieren
  • Und hier immer auch die Bürger mitnehmen

Die Rahmenbedingungen des Bund haben sich durch Oster- und Sommerpaket deutlich verbessert, auch im Freistaat mit der Bauordnung und einer Flexibilisierungsklausel, die in Zukunft den Kommunen größere Spielräume ermöglicht.

Jetzt sind wir als Kommune gefragt. Wir müssen das unsere für eine maximale Beschleunigung des Ausbaus tun, Leipzig muss selbst voran gehen, umso eher können wir das Umland überzeugen, letztlich für uns ebenfalls die Erneuerbaren auszubauen. Das heißt für die Verwaltung, optimale Rahmenbedingungen zu schaffen. Das heißt vor allem, deutlich schneller zu genehmigen. Und schneller genehmigen wird, indem wir Konflikte zwischen den Ämtern frühzeitig klären, insbesondere bei Bauleitplanung und Baugenehmigungen. Die aufgezeigte Struktur des VSP zeigt, wieviele Akteure hier zuständig sind. Derzeit erfolgt der klassische Ämterdurchlauf hintereinander, ebenso hintereinander erfolgen Abstimmungen und Abwägungen, ob eine Anlage zulässig oder Denkmal- oder Naturschutz einschränken.

Damit werden Prozesse lang, zu lang. Mit der von uns vorgeschlagenen Taskforce können frühzeitig gemeinsam Konflikte erkannt und ausgeräumt werden – damit geht es insgesamt schneller. Durch einen gestrafften Planungs- und Genehmigungsprozess kann eine Zeitersparnis um bis zu 50 Prozent erreicht werden – vom Einreichen der Unterlagen bis zur vollständigen Genehmigung.

Bei Schul- und Kitaausbau hat sich gezeigt, dass eine TaskForce wirksam Reibungsverluste reduzieren und Zeit sparen kann. Wo, wenn nicht bei der größten Herausforderung unserer Zeit, Klimaschutz und Energiewende, soll das nicht zum Tragen kommen?

Und deshalb ist es gut, dass Verwaltung diesem Anliegen grundsätzlich zustimmt – wir übernehmen ausdrücklich den Vorschlag der Verwaltung und finden die im VSP erläuterte Arbeitsstruktur von Steuerungsgruppe und Kernteam zur Transformation der Energieversorgung sehr sinnvoll. Ausbau Erneuerbare, Wärmeplan und Energieeinsparungen werden damit in einer einheitlichen ämterübergreifenden Struktur bearbeitet. Um es noch einmal klarzustellen: es geht nicht darum, den Verwaltungsapparat aufzublähen, sondern im Gegenteil, durch frühzeitige Abstimmung effizient zu arbeiten, also vorhandenes, knappes Personal effizient einzusetzen.

Wir übernehmen in unserer Neufassung den VSP in diesem Punkt ebenso wie den Vorschlag, ein Kommunikations- und Beteiligungskonzept zu erarbeiten.

Dennoch einige ergänzende Punkte in unserer Neufassung:

  1. Der Ausbau von EE erfordert nicht nur Genehmigungen, sondern punktuell auch Fördermittel. Auch das sollte in der TaskForce mit bearbeitet werden.
  2. Und: der Ausbau von der Erneuerbaren muss Chefsache werden, deshalb muss eine Leitung durch OBM selbstverständlich sein – so wie sie Kita- und Schulbauprogramm auf diese Weise forciert haben, erwarten wir dies auch im Bereich Energie
  3. Ebenso selbstverständlich sollte eine Berichterstattung über den Ausbaustand im Rahmen des EKSP sein, damit rechtzeitig Einfluss genommen werden kann -

Besonders wichtig ist uns der vierte Punkt unserer Neufassung. Für den Ausbau der Erneuerbaren Energien braucht es eine klare Richtschnur in den Abwägungen der Verwaltung. Das Motto muss lauten: im Zweifel für die Erneuerbaren. Deshalb beantragen wir eine Vorrangregelung für Erneuerbare Energien in den kommunalen Genehmigungsverfahren. Damit wird die Regelung des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) in kommunales Handeln übersetzt: Errichtung und Betrieb von Erneuerbaren Energien liegt im überragenden öffentlichen Interesse.

Was heißt das? Mit einer Vorrangregelung dürfen zum Beispiel Denkmalschutz oder Immissionsschutz nicht mehr automatisch dazu führen, dass Solaranlagen oder Windräder verhindert werden. Wenn nach Gesetz umwelt- oder naturschutzrechtliche Ausnahmen zulässig sind, sollen diese auch in der Regel erteilt werden.

Klar ist natürlich auch: wo z.B. absolute artenschutzrechtliche Verbote für Bauvorhaben bestehen, bleiben diese auch durch die Vorrangregelung bestehen. Da wird dann gar nicht erst abgewogen. Es werden also natürlich keine Windräder in den Auwald gebaut.

Liebe Kolleginnen und Kolleginnen,

der Ausbau der Erneuerbaren Energien muss oberste Priorität genießen, sie können heute zeigen, ob es Ihnen mit Klimaschutz, sicheren und bezahlbaren Energien wirklich ernst ist.

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag in der Form der Neufassung.

Vielen Dank!

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