Rede von Jürgen Kasek in der Ratsversammlung am 22. Januar 2020 zur Drucksache "Polizeiverordnung über öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Stadt Leipzig"

- es gilt das gesprochenen Wort -

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Gäste,

Ich war schon etwas verunsichert und eigentlich ein bisschen traurig, nachdem Sie, Herr Jung, beim letzten Mal gesagt haben, es drohe eine gesetzlose Zeit, und ich quasi schon die Anarchie heraufziehen sah, dass es dann doch nicht dazu gekommen ist. Das ist ja auch logisch. Denn die Polizeiverordnung ist eine Kann-Bestimmung. Es handelt sich um gesetzlich eingeräumtes Recht, ein Kommunenrecht zu setzen, und zwar nur in den Fällen - ich glaube, das muss man an der Stelle noch einmal ausdrücklich sagen, wenn wir darüber diskutieren -, wo es um Gefahrenabwehr geht, nämlich um Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, denn das Polizeirecht ist als solches Gefahrenabwehrrecht.
Ich muss an der Stelle ein Stück weit mein Missfallen zum Ausdruck bringen. Ja, wir haben es im Ausschuss diskutiert, aber ich finde, bei Weitem nicht ausreichend, denn die Normen, die wir heute festlegen, die Gebote und Verbote, sind solche, an die sich die Bürger der Stadt halten müssen. Dann bin ich schon der Meinung, dass wir darüber eine deutlich größere Debatte führen müssen, denn Normen und Gesetze sind immer nur so gut wie sie die Bürger tatsächlich im Einzelfall kennen, wie sie einbezogen sind und sich daran halten. Unser komplettes Rechtssystem basiert nicht darauf, dass wir uns darauf vereinbart haben, dass es Polizeigibt, die alles kontrolliert, sondern darauf, dass sich jeder einzelne im Wesentlichen an die Gesetze hält. Denn so viel Polizei, wie wir bräuchten, um alles zu kontrollieren, gibt es nicht. Und die Frage der Kontrolle stellt sich natürlich auch im Rahmen der Polizeiverordnung.

Es wurde in den letzten Monaten insbesondere in Leipzig so intensiv über Sicherheit gesprochen und jetzt, genau hier an der Stelle hat man endlich einmal das Thema auf dem Tisch. Da bin ich schon ein bisschen intellektuell unterwältigt, was dort tatsächlich auf dem Tisch liegt. Denn, um es einmal ganz klar zu sagen - das muss man an der Stelle vielleicht einmal -, die Verfolgung von Straftätern ist Sache der Justiz, die Verhinderung von Straftaten ist Sache der Polizei, beides findet auf der Landesebene statt und kann nicht durch einen Oberbürgermeister - das möchte ich an der Stelle deutlich sagen - abgebildet werden, außer der Oberbürgermeister Jung zieht sich eine Polizeiuniform an und läuft selber Streife. Machen Sie das? - Nein, wahrscheinlich nicht. Völlig egal.
Wir haben eine Reihe von Änderungsvorschlägen in den Punkten tatsächlich erarbeitet. Maßgeblich ist, wie gesagt, die Gefahrenabwehr. Das heißt, für das, was wir in der Polizeiverordnung regeln - erster Punkt -, gilt immer die Fragestellung: Ist das schon in einem anderen Gesetz geregelt? Dann müssen wir es hier nicht hineinschreiben. Punkt Nummer eins. Punkt Nummer zwei: Ist es tatsächlich eine Gefahr? - Und daraufhin kann man die einzelnen Punkte durchgehen.

Etwa die Debatte zum Thema Betteln. Dort muss man relativ deutlich sagen: Aggressives Betteln stellt eine Nötigung dar, ist nach dem Strafgesetzbuch verboten. Ob man dort noch eine ausdrückliche Klarstellung braucht und etwa Kindern das Betteln verbietet? Es stellt sich einfach das Problem, dass man jetzt schon eingreifen kann: Dieser Klarstellung bedarf es aus unserer Sicht eben gerade nicht.
Das, was man aber ausdrücklich klarstellen kann, und deswegen haben wir es auch vorgeschlagen, sind Einweggrills, die regelmäßig den Rasen an der Stelle verbrennen. Das ist tatsächlich ein Problem. Genau wie das Wegschnipsen von Kippen. Deshalb freue ich mich eigentlich sehr, weil wir damit auch gleich einen Antrag des Jugendparlaments mit abgearbeitet haben, die vorgeschlagen haben, dass das Wegschnipsen von Zigarettenstummeln mit 100 Euro bestraft werden sollte. Wir machen an der Stelle jetzt einmal aus-drücklich klar, dass Verunreinigung in der Stadt Leipzig eine Ordnungswidrigkeit ist.

Ich habe nicht ganz so viel Vertrauen wie Herr Gebhardt, dass es auch umgesetzt wird, möchte aber gleichwohl die Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass die Normen, die wir hier aufschreiben, durch die Polizeibehörde der Stadt Leipzig auch kontrolliert werden und dann knallhart gegen Zigarettenschnipser vorgegangen wird.
Es gibt natürlich noch eine ganze Reihe weiterer Punkte, über die man an der Stelle reden kann. Wir haben das Thema der Brunnen zum Beispiel. Was ich nicht verstehe, ist, dass so eine Kernfragestellung kaum bearbeitet wird. Es gibt aber vier Änderungsanträge, wie man mit Straßenkreide umgeht, mit Straßenkreide, die von allein wieder verschwindet, keine chemischen Zusatzstoffe hat. Das ist keine Gefahr, weil die Rechtsgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung davon nicht beeinträchtigt werden. Das ist ganz einfach.
Ich muss schon gleich zum Ende kommen. Ich möchte nur noch auf zwei Punkte hinweisen. Punkt Nummer eins: Die Normen des Sächsischen Polizeibehördengesetzes sind fast deckungsgleich mit dem Sächsischen Polizeigesetz, das wir vorher hatten, bis auf genau den einen Punkt - und der ist wichtig -, dass die Landesdirektion es dieses Mal prüfen muss, was im Grunde dazu führt, dass, selbst wenn wir die Polizeiverordnung heute mit Änderungen beschließen, die Polizeiverordnung trotzdem noch nicht sofort gilt. Punkt Nummer eins.
Punkt Nummer zwei: Deswegen bin ich auch durchaus gewillt, mich über den kleinen Trick der Verwaltung, der nämlich in § 35 des Sächsischen Polizeibehördengesetzes steht, dass genau für einen Monat die Polizeiverordnung ohne Stadtrat aufgestellt werden kann und man gesagt hat, dass man es für einen Monat macht und dann noch einen - was ich für eine Umgehung des Tatbestandes halte -, heute hinwegzusetzen, weil ich glaube, dass wir heute eine gute Polizeiverordnung hinbekommen. Wir machen das gemeinsam. Deswegen lassen Sie uns jetzt die Änderungsanträge abarbeiten und zustimmen und dann Recht und Gesetz hier durchsetzen. - Danke.

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