Rede von Katharina Krefft zur Drucksache „5. Verordnung zur Änderung der Polizeiverordnung über öffentliche Ordnung und Sicherheit in der Stadt Leipzig“

Rede von Katharina Krefft, Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen zur Drucksache „5. Verordnung zur Änderung der Polizeiverordnung über öffentliche Ordnung und Sicherheit in der Stadt Leipzig“ in der Ratsversammlung am 26.Oktober 2016

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Herren und Damen Stadträte,
werte Vertreterinnen der Medien und Gäste,

gerade weil wir die Beschwerden zu den Themen Bettelei, Straßenmusik, Grillen und Nichtauffindung von Häusern wegen unkenntlicher Hausnummern sehr ernst nehmen, mussten und müssen wir große Kritik an der hier vorgeschlagenen Änderung der Polizeiverordnung erheben.

Der Reihe nach: Bettelei. In der Tat ein großes soziales Problem. Neben den schon bekannten Bettlern treten immer wieder, wie auch in anderen Städten, gruppenweise Personen auf, die eindeutig aus Südosteuropa stammen und der Gruppe der Roma zuzurechnen sind. Es ist ein europäischer Skandal, dass die Roma ausgeschlossen, chancenlos sind und diskriminiert, ja sogar verfolgt werden, während die EU tatenlos zuschaut. Mit falschen Versprechen hergelockt sind diese Menschen der organisierten Kriminalität ausgeliefert, und während sozialpolitische Ansätze vernachlässigt werden und polizeiliche Maßnahmen offenbar nicht greifen, soll nun mit Ordnungsgeldern dem Problem Herr geworden werden. Wir halten die Ergänzung der Polizeivorordnung in der vorgelegten Fassung für diskriminierend, weil sie so begründet wird.

Auf unsere Nachfrage zur fachlichen Einschätzung des Jugendamtes zu bettelnden Personen die ihre Kinder dabei haben, hat das Jugendamt erklärt, dass sie nicht per se eine Verletzung des Kindesschutzes annehmen müssen. Es wäre immer eine Einzelfallbetrachtung nötig.

Die Begründung für die Ergänzung ist also unzutreffend. Vielmehr gehen wir von einer Vernachlässigung von Kindern aus, wenn die Mütter sie nicht bei sich führen dürfen. Wie gesagt, wir haben es mit unvorstellbaren Lebenswelten zu tun, das darf nicht übersehen werden. Wir lehnen es allerdings ab, deswegen Menschen von öffentlichen Plätzen zu verweisen, weil das mittelalterlich ist.
Dass wir den Tatbestand der Bettelei von allein umherziehenden Kindern nicht aufnehmen müssen, macht wiederum die Begründung deutlich: Bereits heute gibt es eine Handhabe aus dem Kinder- und Jugendschutz, die Kinder dem ASD zu übergeben. Im Übrigen beobachte ich als Bewohnerin der Innenstadt um Geld bittende Kinder nur zur Adventszeit, nämlich dann, wenn sie Weihnachtslieder flöten oder fiedeln. Ich bin gespannt, ob dieses heuer geahndet wird.

Straßenmusik: „Musik wird oft nicht schön gefunden, weil stets mit Geräusch verbunden.“ (Zitat: W. Busch). Ja, klar ist nicht alles schön. Wir hören seit 13 Jahren die immer gleiche Musik auf dem Akkordeon. Die Qualität der musikalischen Darbietungen ist sehr unterschiedlich. Aber, liebe Stadtverwaltung: auch die Classic open treiben einem die Tränen in die Ohren und bei der Gruppe, die zum städtischen  Olympionikenempfang spielte, bekenne ich, das Ordnungsamt angerufen zu haben: Es war nicht zu ertragen. Aber es ist auch eine Abstimmung mit den Füßen: Wer Zuhörer und Spenderinnen findet, scheint wohl richtig zu spielen und darum nehmen wir erfreut zur Kenntnis, dass wir Sie, Herr Oberbürgermeister, überzeugen konnten, dass abendliche Straßenkonzerte in der Stadt zum urbanen Lebensgefühl beitragen! Ja, tatsächlich ist es eine Errungenschaft der friedlichen Revolution, dass in unserer Stadt öffentlich musiziert werden darf: Jochen Läßig an der Klampfe ist sogar eine Stele auf der Grimmaischen Straße gewidmet.

Die übrigen Präzisierungen, wie Sie sie nennen, werden aus unserer Sicht wenig ändern. Aus Sicht der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen muss auf Dialog gesetzt werden: Andere Städte machen es vor: Über die Orte musikalischer Darbietung lässt sich Einvernehmen herstellen! Dazu müssen die Beteiligten zusammenkommen, sich in die Augen sehen und die gegenseitige Rücksichtnahme aushandeln. Moderierend kann hier der Stadtordnungsdienst auftreten!

Es gibt sie schon heute, die Gastronomen, die Bettlern und Musikern mit Respekt gegenübertreten, und keine Probleme haben. Ob aus christlicher Nächstenliebe oder in Anerkenntnis, dass soziale Schieflagen eben auch sichtbar sind: Bettler wie Straßenmusiker sind Menschen. In der Kulturstadt Leipzig sollten wir den kulturvollen Umgang miteinander pflegen.

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