Rede von Katharina Krefft am 15. März 2023 zur aktuellen Stunde "Herausforderungen für die Stadt Leipzig angesichts des akuten Anstiegs der Flüchtlingszahlen"

Foto: Martin Jehnichen

- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Stadträte, MedienvertreterInnen und Gäste,

sehr geehrter Herr Weickert,

sie wollen eine sachliche Debatte zum Thema Asyl, weil es ihnen wichtig ist, das Thema nicht den politischen Rändern zu überlassen.

Dann wünschte ich mir klarere Worte, eine klarere Haltung. Hier und auch in den Ortschaften.

Es ist ja nicht so, dass es unerwartet war.

Es ist ja nicht so, dass die Debatten hier anders laufen als in den Landkreisen. Alle Gebietskörperschaften sind mit der pflichtigen Aufgabe der Asylunterbringung befasst.

Daher haben wir uns schwer gewundert, dass sich die Stadt Leipzig nicht am Spitzengespräch Migration und Flucht am 16. Januar beim Ministerpräsidenten sehen ließ. Es wäre einfach gut gewesen, hier Präsenz zu zeigen. Sie, Herr Jung, antworteten mir am 18. Januar, dass sie das mit dem MP im Hinterzimmer besprechen.

Genau das ist das Problem. Die Asylpolitik findet in kleinem Kreis statt. Nicht mal der Fachausschuss wird einbezogen. Wir erfahren aus dem Vergabeausschuss von neuen Zeltunterkünften.

Es ist ein zurück in die Zeit vor 2010. Dabei war es immer die Zivilgesellschaft, die die Asylunterbringung vorangebracht hat. Die dezentrale Unterbringung haben wir 2009/ 2010 mit den Initiativen erarbeitet. Die Stadt hat sich dieser Initiative mit Ratsbeschuß angenommen und begleitete die Eröffnung mit offensiver Kommunikation und den Initiativen, ich erinnere hier an Frau Brogiato. Das waren keineswegs einfache Veranstaltungen, ganz sicher nicht, aber die Stadtgesellschaft war eingeladen und brachte sich ein und die Stadt konnte Einigkeit demonstrieren.

Dass es um die Unterbringung von 30 Geflüchteten in Lindenthal soviel Ablehnung gibt, ist in Anbetracht der Gesamtzahl lächerlich.

Doch genau hier konnte ich am 30.Januar eine bizarre Versammlung erleben. Offenbar war die Unterbringung von Asylbewerbern bislang vollständig an den Lindenthalern vorbeigegangen. Die große Stadt hatte ihnen das abgenommen.

Und ich hörte von Problemen, die überhaupt nichts mit den Asylbewerbern zu tun haben, von Schulassistenz über die Turnhalle, bis zur Attraktivität des Ortskerns. Aber ich hörte auch sehr sachliche Töne, vom Sportverein, von der Feuerwehr, von einzelnen Bürgern. Das war zum Ende der Veranstaltung, als die Krakeeler weg waren.

Es ist richtig, dass die Bürgermeister Patenschaften übernommen haben für die Ortschaften, und sich den Themen vor Ort zu wenden. Es ist richtig, ein Themenjahr „Stadt als Bühne“ zu machen, um den Ortschaften Aufmerksamkeit zu geben. Die Stadt hat in den letzten Jahren einiges getan, um dem blauschwarzen Rand unserer weltoffenen Stadt zu sehen, zu hören, zu sprechen.

Zu Informieren gehört auch dazu. Während in Stötteritz frühzeitig an den SBB kommuniziert wurde, ist dies in Lindenthal versäumt worden. Das ist nicht gut. Wenn sich Nachrichten über Telegramkanäle verbreiten, haben die Absender auch die Deutungshoheit.

Wir haben Ihnen, Frau Münch, immer gesagt, dass hier viel und schnell zu tun ist. Ihr Amtsantritt ist eine spürbare Zäsur, und ich rate ihnen dringend, sich auf unsere Stadtgesellschaft einzulassen.  Die Akteure unserer Stadtgesellschaft einzubinden. Das Patenprogram zu bewerben, einzuladen zu einem Aktionsnetzwerk. Und vor allem: ihre Amtsleiterin nicht alleine zu lassen.

Das ist der Job der Sozialbürgermeisterin, Frau Münch, für den sind Sie angetreten. Willkommen in Leipzig.

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