Rede von Katharina Krefft in der Ratsversammlung am 28.05.2020 zum „Konzept zur Entwicklung einer gemeinwesenorientierten Stadtteilzentrums Dölitz, Lößnig und Dösen"

Foto: Martin Jehnichen

- es gilt das gesprochene Wort -

Vor mehr als drei Jahren initiierten wir von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Errichtung eines gemeinwesenorientierten Stadtteilzentrums für die Stadtteile Dölitz, Lößnig, Dösen und Marienbrunn. Mit der Veröffentlichung der Vorlage erfolgt endlich der konzeptionelle Schritt.

Die Vorlage beschreibt die Problemlagen und Bedarfe der Stadtteile des äußeren Südens und leitet daraus den Bedarf an einer Angebots- und Beteiligungsstruktur im Stadtteil, die in den gesamten Stadtteil ausstrahlt. Gemeinwesenorientierte Stadtteilarbeit hat zum Ziel das Engagement der Bewohnerschaft zu aktivieren und ihre Bereitschaft für zivilgesellschaftliches Engagement zu stärken.

Schon im Juli 2013 beschloss der Stadtrat den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen V/A 404 „Gemeinwesenarbeit für unterversorgte Stadtteile“ im Sinne des Verwaltungsstandpunktes. Gemeinwesenarbeit – heute ist ja der Tag der Bildungsexkusre, mglw. Weil die bildungspolitische Stunde verschoben wurde - ist ein Arbeitsprinzip, welches angewendet wird, um die Lebensbedingungen im Gemeinwesen im Sinne der dort Lebenden zu verbessern. Somit sucht die Gemeinwesenarbeit deren Motivation zur Verbesserung materieller, immaterieller und infrastruktureller Bedingungen zu ergründen und zu nutzen. Gemeinwesenarbeit wirkt systematisch an den Schnittstellen, moderiert und vermittelt. Somit ist Gemeinwesenarbeit stark auf die Kooperation verschiedener Trägerschaften angewiesen. Erforderlich dafür ist finanzielle Stabilität. Insbesondere braucht Gemeinwesenarbeit die professionelle Fachlichkeit der Sozialarbeit.

Für den Stadtgebiet Dölitz, Lösnig, Dösen trifft dieser Ansatz. Genau darum haben wir bereits 2016 zum Anlass für unseren Antrag genommen. Seit der Beschlussfassung ist wertvolle Zeit verloren, die Probleme haben sich weiter verfestigt, statt aufgelöst. Kürzlich erreichte den Rat daraufhin auch eine Petition, die dem Wunsch nach einem Gemeinwesenzentrum Ausdruck verlieh und am 26.2. bestätigt wurde.

Lößnig und auch die benachbarten Stadtteile brauchen dringend das von uns geforderte gemeinwesenorientierte Stadtteilzentrum, um ein Angebot für Familien, Jugendliche und insbesondere Senior*innen entstehen zu lassen. Die Befunde bei den untersuchten Lößniger Vorschulkinder zeigen sprachliche und Auffälligkeiten im Verhalten. Die gymnasialen Bildungsempfehlungen waren im Vergleich zum gesamten Planungsraum Mitte/Süd unterdurchschnittlich. Auch leben in Lößnig vergleichsweise viele Personen im Leistungsbezug. Viele Lößniger Kinder und Jugendliche wachsen in prekären finanziellen Verhältnissen auf und ein vermehrter Einsatz sozialpädagogischer Familienhilfen ist zu konstatieren.
Die Altenquote fiel 2018 mit 59,9 fast doppelt so hoch aus wie der Wert für die Gesamtstadt (30,9). Das Durchschnittsalter der Lößniger Bevölkerung lag mit einem Altersdurchschnitt von 49,1 Jahren ebenfalls deutlich über dem städtischen Durchschnitt von 42,4 Jahren. Die Zahl hochbetagter und damit häufig alleinlebender Einwohnerinnen und Einwohner nimmt zu.  Mit dem nun seitens der Verwaltung aufgelegten Konzept ist endlich die Grundlage entstanden, der umgehend die weiteren Schritte folgen müssen.

Zwar wird die Unterversorgung an beratenden, unterstützenden und kulturellen Angeboten im Ortsteil bestätigt, aber gleichzeitigt wird betont, dass die fehlenden Beratungs- und Informationsangebote sowie die Möglichkeiten der gemeinsamen Freizeitgestaltung für Familien die skizzierten Problemlagen verschärfen. Das „Paradise“ als Einrichtung der offenen Kinder- und Jugendarbeit kann die seit langen Jahren sichtbaren Probleme nicht allein lösen, insofern erhoffen wir uns von dem gemeinwesenorientierten Zentrum einen neuen Schub für den Stadtteil, der kooperativ alle Akteure und Zielgruppen zusammenbringt und voneinander profitieren lässt.

Und genau hier bleiben die Ausführungen zu unkonkret und lassen die klare Stoßrichtung vermissen. Weiterhin wird keine Festlegung getroffen, ob eine Sanierung des städtischen Objektes in der Johannes-R.-Becher-Straße 22 zielführend ist, oder ob die Anmietung anderer verfügbarer Räume oder gar ein Neubau die bessere Wahl wäre. Hier hätten wir uns nach drei Jahren Prüfung konkretere Aussagen gewünscht. Fakt ist, dass wir nicht weitere drei oder mehr Jahre bis zu einer Lösung ins Land gehen lassen dürfen.“

Der Aufbau von aktivierender Gemeinwesenarbeit unter Beteiligung der Anwohnenden und ihrer Ideen und Kräfte soll aus unsere Sicht endlich an den längst bekannten Problemlagen arbeiten. Aufgrund der Gegebenheiten sollen demokratische Einflussmöglichkeiten und die Erfahrung der Selbstwirksamkeit möglich werden.

Nun müssen wir schnellstmöglich über die konzeptionelle Ebene hinauskommen, die Standort- und Trägerfrage klären und mit dem nächsten Doppelhaushalt die notwendigen Mittel für die Planungsleistungen sowie die anschließende Sanierung oder Neubau einplanen. Damit dieser Vorlage endlich die konkrete Umsetzung folgt.


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