Rede von Kristina Weyh am 25. Juni 2025 zum Antrag "Umsetzungsmöglichkeiten Lebensmittel-Port am Lindenauer Hafen Westseite"
Foto: Martin Jehnichen- es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrter Oberbürgermeister,
werte Bürgermeister*innen und Kolleg*innen,
liebe Gäste,
die Entwicklung des Lindenauer Hafens beschäftigt uns schon seit Jahrzehnten.
Nach der Wohnbauentwicklung der Ostseite ist nun die Westseite dran.
Wir möchten mit unserem Antrag gern den Blick dafür weiten, was auf der Westseite passieren kann und auch sollte.
Besonders wichtig, und deshalb voran gestellt, ist es, hier die weitestmögliche sinnvolle Entsiegelung des Geländes und Stärkung der Biotopflächen bei der Umsetzung der notwendigen und vertraglich festgesetzten Ausgleichsmaßnahmen zu verfolgen.
Ebenso geboten ist aber auch die Prüfung, ob und welche vorhandenen Gebäude und damit die darin gebundene Graue Energie erhalten und in den Landschaftspark Schönau integriert werden können.
Dies muss Teil der Aufgabenstellung zum landschaftsplanerischen Wettbewerb zur Gestaltung des Parks werden, wenn die vorhandenen Gebäude zur Nachnutzung geeignet sind.
Wir müssen uns dringend der Frage stellen, wie wir Netto-Null-Versiegelung und den Erhalt Grauer Energie miteinander in Einklang bringen.
Denn wir müssen beides tun.
Grundsätzlich dürfen wir unsere Stadt nicht weiter versiegeln, denn damit erweisen wir uns selbst einen Bärendienst.
Wir brauchen in Leipzig flächendeckend einen großen Anteil an unversiegelten Flächen, damit Kalt- und Frischluft entstehen kann.
Gerade in diesen Tagen merken wir, wie deutlich wärmer es in Quartieren ist, die dicht bebaut sind und wenig unversiegelte Flächen haben.
Außerdem brauchen wir die unversiegelten Flächen um Regenwasser vor Ort zu halten.
Gerade in diesen Tagen ist die Trockenheit in stark bebauten Quartieren besonders spürbar.
Hinzu kommt das Problem, dass Regenwasser großteils einfach ins Kanalnetz, mit all den daraus wiederum entstehenden Problemen wie Überflutungen, abfließt und dadurch wenig klimatische Wirkung vor Ort entfalten kann.
Es ist jedoch auch nicht zielführend, wenn wir die in bestehenden Bauwerken bereits gebundene Graue Energie nicht weiter nutzen und statt dessen pauschal entsiegeln und die selben Bauten an anderer Stelle wieder bauen und erneut großen Mengen an CO2 darin binden. Das ist weder nachhaltig noch energiesparsam und auch nicht wirtschaftlich.
Denn neben der Tatsache, dass wir gut beraten sind, unseren Boden nicht noch weiter zu versiegeln, sind wir ebenfalls gut beraten, unsere Bauten so lang und nachhaltig wie möglich zu nutzen, denn wir haben damit bereits große Mengen CO2 produziert.
Abreißen und wegwerfen um dann wieder neu zu bauen lohnt sich weder finanziell, noch fürs Klima.
Vielmehr müssen wir Entsiegelung und Nutzung Grauer Energie konkret in Einklang bringen.
Hinzu kommt noch der Denkmalwert der beeindruckenden sogenannten VT-Faltendach-Hallen, die in gutem und nachnutzbarem Zustand sind.
Und wir müssen uns mit der grundsätzlichen Tatsache beschäftigen, dass die zum Teil über Jahrzehnte brachliegenden Flächen mit der vorhandenen Versiegelung längst eigene Biotope und artenreiche Lebensräume entwickelt haben.
Wie gehen wir damit um?
Zerstören wir den einen wichtigen Lebensraum um einen anderen zu schaffen?
Dieser Abwägung müssen wir uns fachlich stellen und sie auflösen, auch an weiteren Orten der Stadt.
Deshalb wollen wir für die Westseite Lindenauer Hafen endlich alle Bedarfe und Möglichkeiten klären, den Wert sowohl von Bestand als auch von Weiterentwicklung betrachten und abwägen, was das beste für Mensch und Natur ist.
Da ist die Idee einer regional orientierten und nachhaltigen Lebensmittelproduktion und -vermarktung am Standort sehr interessant.
Denn als lebendige und wachsende Großstadt benötigen wir eine nachhaltige Lebensmittelstrategie, die mit der Idee des Lebensmittelports gestärkt und umgesetzt würde.
Es ist städtisches Ziel und zwingend notwendig, dass unsere Bauern in der Region nachhaltiger und klimagerechter produzieren, das steuern wir bereits über unser Landwirtschaftskonzept.
Ergänzend dazu braucht es aber auch Unterstützung für kurze Wertschöpfungsketten zu den Verbraucher*innen, damit die regionalen Produkte auch bezahlbar in der Stadt angeboten werden können.
Und wir stärken gleichzeitig die Stadt-Umland-Beziehungen, denn ein Lebensmittelport sieht die gesamte Region.
Aber auch die Bedarfe für Wasser- und Radtourismus sowie Kultur und wohnortnahe Erholung sind wichtige Anliegen von denen die anliegenden Stadtteile Schönau, Grünau und Lindenau deutlich profitieren werden, ebenso wie von einer wirtschaftlichen Nutzung des Geländes.
All dies gilt es mit dem Landschaftspark zu kombinieren.
Mit der Neufassung unseres Antrags haben wir den Verwaltungsstandpunkt übernommen, der einen Kompromiss zwischen Ausgleichsmaßnahmen, Erhalt der Grauen Energie und regionaler Lebensmittelproduktion und -vermarktung suchen möchte und ihn um wichtige Punkte aus den Debatten ergänzt.
Dafür bitten wir um Zustimmung, damit wir die Westseite des Lindenauer Hafen ausgewogen entwickeln können.
Vielen Dank.