Rede von Kristina Weyh in der Ratsversammlung am 24. März 2021 zum Antrag "'Tempo 30 als Regelhöchstgeschwindigkeit in 3 Gebieten erproben"

Foto: Martin Jehnichen

- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Oberbürgermeister,
Sehr geehrte Bürgermeister*innen,
Liebe Kolleg*innen,

Tempo 30 in der Stadt muss erprobt werden!
Wir wollen damit Erkenntnisse gewinnen für mehr Sicherheit und besseren Gesundheitsschutz für die Leipziger*innen.
Und wir wollen dabei die Bedarfe von Umweltverbund und Wirtschaftsverkehr mit einer stadtverträglichen Geschwindigkeit in Einklang bringen.
Das sieht endlich auch die Stadtverwaltung!

Der Wunsch nach mehr Sicherheit im Verkehr sowie höherem Schutz der Gesundheit vor den Auswirkungen des Verkehrs nimmt zu.
Aktuell gerade im Fahrradklimatest des ADFC: hier haben 69% der Leipziger*innen angegeben, dass sie sich im Verkehr gefährdet fühlen.
Die zahlreichen Verkehrstoten und -verletzten fordern uns ohnehin zum handeln auf!

Der Wunsch der Menschen nach niedrigeren Geschwindigkeiten wird in den öffentlichen Debatten immer deutlicher.
Eine niedrige Geschwindigkeit erhöht die Sicherheit, weil ich bessere Reaktionszeiten und kürzere Bremswege habe und eine geringere Aufprallwucht entsteht.
Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist reine Physik!

Die Sicherheit der Menschen muss oberste Priorität bei der Planung öffentlicher Räume haben, Tempo 30 ist hier wichtige und einfache Maßnahme.

Zudem müssen wir uns vor zum viel Lärm und Schadstoffen schützen.

Umweltbundesamt (UBA) und Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) kommen zu dem Ergebnis, dass vor allem der Verkehrsfluss für die Schadstoffmengen entscheidend ist. Mit Tempo 30 sind weniger Beschleunigungs- und Bremsvorgänge nötig, ein stetigerer Verkehrsfluss entsteht und insgesamt werden weniger Schadstoffe ausgestoßen.

Tempo 30 verringert zudem die Lärmbelastung. Besonders Maximalpegel und Pegelschwankungen werden deutlich geringer. Hauptstichwort ist auch hier, dass starke Beschleunigung unterbleibt und schneller beendet ist – beides lärmende Vorgänge.

Ein wichtiger Punkt ist weiterhin, dass für einen guten und zügigen Verkehrsfluss ohnehin die Gestaltung der Kreuzungen wichtiger ist als die zulässige Höchstgeschwindigkeit.

Warum dann überhaupt noch eine Erprobung, ein Pilotprojekt?
Ganz ehrlich – das habe ich mich auch lange gefragt!

Die Fakten und Erkenntnisse zu den Vorteilen von Tempo 30 liegen auf dem Tisch und überzeugen aus vielen Gründen!

Dennoch ist eine Erprobung notwendig.

Grund 1: Das Bundesverkehrsministerium sperrt sich bis heute beim gesamten Thema Tempolimit.
Dahingegen ist es seit 1989 Beschlusslage im Deutschen Städtetag: Die Kommunen fordern die Regelumkehr Tempo 30 innerorts.

Grund 2: Es liegen immer noch zu wenige fundierte Erkenntnisse über eine bestmögliche Umsetzung vor, was vor allem aus Grund 1 herrührt.

Grund 3: Wir müssen uns in Deutschland erst noch auf menschenverträgliche Geschwindigkeiten einlassen. Auch in Leipzig. Das zeigt die Debatte um diesen Antrag. Deshalb muss hier vor Ort in Pilotgebieten erlebbar werden, was Wissenschaft, Forschung und die zahlreiche Tempo 30 vor Ort belegen: die Lebens- und Aufenthaltsqualität für alle Menschen erhöht sich.

Uns ist bei der Erprobung vor allem wichtig, dass Tempo 30 keine negativen Auswirkungen für den ÖPNV bringt. Seine Fahrplanabläufe und nötigen Durchschnittsgeschwindigkeiten müssen mit Tempo 30 im Einklang stehen.
Ebenso muss der Wirtschaftsverkehr eine Betrachtung erfahren, damit seine nötigen Abläufe und Bedürfnisse erhalten bleiben.

Es ist wichtig bei der Erprobung Chancen und Lösungen für den ÖPNV und den Wirtschaftsverkehr explizit zu untersuchen und die Wirkungen auf Sicherheit, Lärm, und Luft klar zu benennen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir begrüßen den Verwaltungsstandpunkt zum Antrag und freuen uns über die aufegzeigte zügige Zeitschiene. Wir möchten aber deutlich machen, dass ein Projektgebiet auf jeden Fall zu wenig ist und die Erkenntnisse daraus nicht ausreichen werden. Die Vielfalt von Stadtstrukturen muss unbedingt betrachtet werden – allerdings kann und muss dies auch in den Partnerkommunen geschehen.
Hier wird erneut sehr deutlich, dass deutschlandweit Bedarf und Wunsch nach Tempo 30 bestehen.

Mit der gemeinsamen Neufassung des Antrages bestätigen wir den guten und fundierten Vorschlag der Verwaltung zur Umsetzung und betonen Schwerpunkte, die uns allen wichtig sind.

Es ist an der Zeit, dass wir im Verkehr das Wohl und die Gesundheit der Menschen an die oberste Stelle stellen. Tempo 30 innerorts trägt dem Rechnung. Deshalb bitte ich um Zustimmung zum Verwaltungsstandpunkt in Form der gemeinsamen Neufassung!

Herzlichen Dank!

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