Rede von Marsha Richarz am 12. März 2025 zum Haushaltsantrag des Jugendhilfeausschusses "Mehrbedarf im Bereich der Förderung der Vereine und Verbände der Kinder- und Jugendförderung zur Sicherung der Angebote und Projekte in der Jugendhilfe"

Foto: Martin Jehnichen

- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrte Kolleg*innen der demokratischen Parteien, sehr geehrter Oberbürgermeister und Bürgermeister*innen, sehr geehrte Presse und sehr geehrte Gäste auf der Bühne und im Livestream,

vor zwei Tagen haben hier Träger der Jugendhilfe und Kinder und Jugendliche engagiert protestiert. Vielleicht ein bisschen zu engagiert, als sie den Sitzungssaal, in dem wir mit dem Unterausschuss Finanzen zur Jugendhilfe saßen, mit Protestschildern geradezu stürmen wollten, damit alle ihre Belange sehen und hören. Das erfordert viel Mut, sich hier vor uns zu stellen. Und entsteht aus einer Angst heraus, dass ihnen ihre sicheren Räume in dieser Stadt aufgrund von zu großen Kürzungen genommen werden könnten, ihre Bezugspersonen außerhalb von Familie und Schule. All diese Kinder und Jugendlichen haben eigene, zum Teil sehr harte und schicksalshafte Geschichten, mit denen sie zu den Einrichtungen kommen können und gehört werden.

Die Fakten liegen klar auf dem Tisch: Seit dem Geburtenhöchststand 2017 sind acht Jahre vergangen. Diese Kinder sind jetzt im Alter, in dem sie nicht mehr die Kita, sondern unsere Jugendeinrichtungen besuchen. Gleichzeitig verzeichnen wir einen anhaltenden Zuzug junger Menschen. Die Zielgruppe der 6- bis 27-Jährigen wächst nachweislich – und damit auch der Bedarf an verlässlichen Angeboten.

Wir stehen vor einer einfachen Gleichung: Mehr junge Menschen bedeuten mehr Bedarf an Personal, Räumen und Angeboten. Das ist keine Wunschliste, sondern eine mathematische Realität.

Als Grüne stehen wir für Generationengerechtigkeit. Das bedeutet auch, dass wir in schwierigen Haushaltszeiten nicht zuerst bei denjenigen sparen, die unsere Zukunft sind.

Der Jugendhilfeausschuss hat verantwortungsvoll gehandelt und einen Antrag vorgelegt, der das darstellt, was wir brauchen, um den Status quo in hoher Qualität zu sichern und die gesetzlich vorgeschriebene Kinder- und Jugendhilfeplanung schrittweise umzusetzen. Wir reden hier nicht von Luxus, sondern von der Basisversorgung für unsere jungen Menschen.

Ja, wir haben gemeinsam mit SPD und Linken einen Kompromiss erarbeitet. Aber lassen Sie uns ehrlich sein: Der Originalantrag ist das, was wir wirklich brauchen. Er ist das Ergebnis sorgfältiger Prüfung und Abwägung durch Fachleute. Er berücksichtigt die realen Bedarfe unserer Vereine und Verbände, die tagtäglich mit jungen Menschen arbeiten.

Ich bin mir der angespannten Haushaltslage bewusst. Wir alle sind es. Aber wenn wir bei der Jugend sparen, sparen wir an der falschen Stelle. Wir sparen an unserer Zukunft.

Lassen Sie mich konkret werden: Ohne die beantragten Mittel stehen bewährte Projekte wie die aufsuchende Jugendarbeit in den Stadtteilen, die Offenen Freizeittreffs, kleine und große Projekte oder die Präventionsarbeit an Schulen auf der Kippe. Vereine, die seit Jahren hervorragende Arbeit leisten, müssten Personal entlassen oder Angebote streichen.

Die Folgen wären unmittelbar spürbar: Mehr Jugendliche auf der Straße, weniger Unterstützung für diejenigen, die sie am dringendsten brauchen, und langfristig höhere gesellschaftliche Kosten.

Liebe Kolleg*innen, ich bitte Sie: Lassen Sie uns heute über Parteigrenzen hinweg für unsere Kinder und Jugendlichen entscheiden. Lassen Sie uns den Originalantrag des Jugendhilfeausschusses unterstützen und damit ein klares Signal senden: In dieser Stadt haben junge Menschen Priorität – auch und gerade in finanziell herausfordernden Zeiten.

Denn wenn wir heute in unsere Jugend investieren, investieren wir in eine Stadt, in der niemand zurückgelassen wird. Eine Stadt, die Chancengerechtigkeit nicht nur verspricht, sondern lebt. Eine Stadt, auf die wir alle stolz sein können.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um Ihre Zustimmung für den Antrag des Jugendhilfeausschusses.

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