Rede von Martin Biederstedt am 9. Februar 2023 zur Einführung einer Beherbergungssteuer

Foto: Martin Jehnichen

- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Anwesende im Saal und an den Bildschirmen,

zu Beginn möchte ich die Zustimmung meiner Fraktion zur Einführung einer Beherbergungssteuer signalisieren unter ausdrücklicher Anerkennung der Sollbestimmung im BP 2. Die Beibehaltung des nun neu lautenden Forums Beherbergungssteuer begrüßen wir, auch unter Wahrung der Kontinuität der darin vertretenen Akteurslandschaft, ebenso wie den Erhalt von Sinn und Zweck des Forums, nämlich Verwaltung und den Stadtrat bei der Mittelverwendung zu beraten und Empfehlungen auszusprechen. Aus unserer Sicht gibt der Stadtrat mit seiner Zustimmung zum BP 3 der Vorlage allen Beteiligten der örtlichen Tourismus- und Marketinginfrastruktur zu verstehen, dass man den bisherigen Gesprächsfaden in bekannter Weise verlässlich fortführen möchte. Daher kann ich das Plädoyer des Hotel- und Gaststättenverbandes in der heutigen Tagespresse für eine Beteiligung der Hotellerie bei der Mittelverwendung nicht nachvollziehen.

Den von der Verwaltung vorgeschlagenen Beherbergungssteuersatz von fünf Prozent des Wertes der Bemessungsgrundlage halten wir für moderat und im bundesweiten Städtevergleich für angemessen. Lt. Satzungsentwurf bilden die für die einzelnen Übernachtungen geschuldeten Entgelte einschließlich der gesetzlich geschuldeten Umsatzsteuer die Bemessungsgrundlage. An diesem Punkt entbrennt bundesweit und so auch analog in unserem Stadtraum die „Netto- vs. Brutto-Debatte“. Schnell mussten wir erkennen, dass sich unter den Fraktionen des Leipziger Stadtrats eine Mehrheit für die Bruttowertmethode fand.
Wir möchten aber schon heute signalisieren, dass diese Entscheidung im weiteren Verlauf begutachtet und mit bundesweiten Erfahrungswerten abgeglichen und im Forum Beherbergungssteuer weiter beraten werden könnte, sollten unabwendbare Sondereffekte und negative Entwicklungen im Städtetourismus dies verlangen.

Im Zuge der Einführung der Berherbergungssteuer werden wir auch erneut auf den aktuellen Ist-Zustand zum Thema Ferien- und Gästewohnungen aufmerksam gemacht. Die Vermietung von Ferienhäusern und -wohnungen sowie Gästezimmern ist lt. Vorlagenbegründung dem Bereich der Vermögensverwaltung zugeordnet und folglich nicht wie Hotels, Jugendherbergen, Campingplätzen und Co. bei der Gewerbebehörde anzeigepflichtig. Die Inanspruchnahme solcher Unterkunftgebenden und daraus ableitend die Selbstverpflichtung zur Anmeldung bei der Behörde besteht zwar gesetzlich, in der Praxis ist die Erfassung und eigenständige Anmeldung jedoch stark lückenhaft und somit zuungunsten der Stadt Leipzig und ihrem Ziel, die Beherbergungssteuer vollständig und gleichmäßig zu erheben.

In der Begründung der Beschlussvorlage dazu heißt es, man wolle sich als Stadt erneut mit den bekannten Internetportalen zwecks Auskunftsersuchen in Verbindung setzen und dass im Zuge der Einführung der Beherbergungssteuer weiter an einer Vereinbarung zwischen der Stadt Leipzig und bekannten Online-Portalen wie über die Abführung der Beherbergungssteuer gearbeitet werden solle. Genauere, ich sage bewusst greifbare Angaben über den Vollzug der Aufsicht und der Kontrolle seitens der Stadt bekommen wir im Rahmen der Beschlussvorlage nicht. Ich gestehe an dieser Stelle der Verwaltung zu: Es ist eine heikle Mission, auf der sich sehr viele Städte deutschlandweit mühselig befinden. Hier muss sich nun der Stadtrat als Kontrollorgan in Verantwortung sehen und muss Verwaltungshandeln an dieser Stelle hinterfragen und gegebenenfalls zukünftig schärfen. Der in Vorlagenpunkt 3 zu beschließende Jahresbericht zum 30.06. des Folgejahres an den Stadtrat bietet aus unserer Sicht ein erstes Instrument dafür unter vorgelagerter Beteiligung des Forums Beherbergungssteuer und unter Einbindung der Erfahrungshorizonte der örtlichen Tourismusvertretungen.

Abschließend möchte ich mich zum Änderungsantrag der Linken positionieren:

Wir werden dem BP 1 nicht zustimmen und nehmen die vorgebrachten Stellungnahmen des Rechtsamtes zu diesem potentiellen Ausnahmetatbestand Ernst. Wer kann uns das auch verdenken angesichts einer durch ein Klageverfahren bereits gescheiterten Erstvariante mit Namen „Gästetaxe“. Wir erkennen zwar im Rahmen der Neufassung des ÄA den Versuch einer Nachbesserung an, halten die nun vorgeschlagene Sprachregelung im Rahmen einer Satzung aber immer noch für unscharf. Der Teufel steckt bekanntlich in Detailformulierungen. Wir sehen zum Punkt Ausnahmeregelung für Auszubildende, Schüler*innen und Studierende aber mit Beschlussfassung der Satzung heute nicht das Ende dieser Debatte gekommen.
Jede Satzung kann im Laufe ihrer Existenz Veränderungen durch Änderungsbeschlüsse im Rat erfahren.
Dieses Signal tragen wir in das neu zusammentretende Forum Beherbergungssteuer. Ein weiterer Austausch mit Beherbergungs- und Touristikinfrastruktur sollte dazu angestrebt werden.

Dem BP 2 zur Übernachtung von Begleitpersonen stimmen wir in der vorgelegten Form zu.

BP 3 werden wir ebenfalls zustimmen. Dies bedeutet ein großes Zugeständnis an die gesamte örtliche Tourismusinfrastruktur im Hinblick auf notwendige programmtechnische Einführungen und Softwareanpassungen. Wie möchten wir dieses Entgegenkommen gedeutet wissen? Dazu muss ich einen persönlichen Appell abgeben: Im Forum Beherbergungssteuer finden Stadtverwaltung, Vertreter*innen der Tourismusinfrastruktur und ihrer Marketingbranche sowie die Stadtratsfraktionen künftig zum Erfahrungsaustausch über die Aufwandssteuer zusammen. Beide Seiten sind im Hinblick auf die weitere Ausgestaltung von Modalitäten unter Berücksichtigung zukünftiger Branchenentwicklungen auf ein solches Forum angewiesen. Jedoch bringt es nichts, wenn alle Beteiligten wie aktuell zu Einführungsbeginn abwechselnd als Kläger oder Beklagte diesen Diskussionsraum betreten und jede Seite mal mehr mal weniger eine Verteidigungs- oder Angriffshaltung einnehmen muss. Das Forum kann so die gewünschten Inputs zur weiteren Ausgestaltung und zukünftigen Entscheidungsprozessen aus meiner Sicht nicht erlangen und droht sich im Klein-Klein zu verlieren. Im Sinne der weiteren Forumsarbeit unterstützen wir daher das einmonatige Entgegenkommen bei der Einführung und hoffen, dass dieser Schritt von der örtlichen Tourismusinfrastruktur auch wahrgenommen wird und positiv auf den weiteren Ablauf der zukünftigen Forumsaktivitäten wirkt.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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