Rede von Michael Schmidt am 13. März 2024 zur Stellungnahme der Stadt Leipzig im bergrechtlichen Planfeststellungsverfahren zur Änderung des Rahmenbetriebsplanes "Kiessandtagebau Zitzschen"
- es gilt das gesprochene Wort -
Momentan vor etwas über 40 Jahren habe ich schwimmen gelernt. In einer Kiesgrube etwa 20 km vor den Toren von Leipzig. Diese besagte Kiesgrube ist mittlerweile verfüllt und um weitere Gruben im Nassschnitt erweitert worden. Der Standort ist akzeptiert und unstrittig.
Ja, Kies wird gebraucht. Kies wird in Größenordnung gebraucht und ich gehe davon aus, dass, auch wenn man sämtlichen Kies aus den Leipziger Schottergärten fördern würde – wofür ich mich im Übrigen ausdrücklich ausspreche – dies nicht ansatzweise den Jahresbedarf Leipzigs decken würde. Und glauben Sie mir, es gibt mehr Schotter und Kiesgärten in Leipzig als uns liebt sind und erst recht als Frau Dr. Heymann in Paunsdorf überhaupt wahrnimmt.
Der Kiesabbau in Zitzschen/Großdalzig, direkt neben unserer Stadt beziehungsweise unserem südwestlichsten Ortsteil Knautnaundorf läuft seit mittlerweile zehn Jahren und sollte in etwa fünf Jahren enden. Wir als Leipziger Stadtrat haben uns bereits im Jahre 2015 mit dem Genehmigungsverfahren befasst, wir waren einbezogen und haben eine negative Stellungnahme abgegeben. Das Vorhaben war aus unserer aller Sicht im Raumordnungsverfahren nicht zustimmungsfähig. Und dennoch, wie so oft, hat das Oberbergamt die Genehmigung erteilt. Die Genehmigung zum Trockenschnitt für eine kleinere Fläche als ursprünglich beantragt und mit der Maßgabe der anschließenden Renaturierung. Warum ist die Renaturierung so wichtig? Wir haben es dort mit sehr wertvollen Böden zu tun, die für die Landwirtschaft von großer Bedeutung ist. Das sollten sich vor allem diejenigen vergegenwärtigen, die immer so tun, als würden sie für die Landwirte eintreten, für die Bäuerinnen und Bauern. Was hier geschehen ist, ist, dass ihnen für 15 Jahre Bewirtschaftungfläche in Größenordnung und in einem qualitativ sehr hochwertigen Maß entzogen wurde - mit der Maßgabe, es Ihnen danach wieder zurückzugeben, renaturiert und zur landwirtschaftlichen Nutzung freigegeben. Das soll nun im nächsten Verfahren gestrichen werden, weil die Mitteldeutsche Baustoffe AG plötzlich von ihrem ursprünglichen Vorhaben abweichen und vom Trockenschnitt in den Nassschnitt wechseln will, weitere 28 Jahre bis 2051 sollen ins Land gehen, bis der Kiesabbau, direkt neben Knautnaundorf, vielleicht beendet sein soll. Übrigbleiben sollen dann drei Landschaftsseen, wovon wir bekanntermaßen im Südraum mehr als genügend haben nach dem Raubbau durch die Braunkohle. Von den über 80ha sollen nur noch etwa 10% renaturiert werden.
Zusätzliche Wasserflächen braucht und will im Südraum niemand, nein, wir brauchen stattdessen fruchtbare Böden zum Anbau von Lebensmitteln, und zwar bald und nicht erst in 25 Jahren. Das ist aber bei Leibe nicht der einzige Grund, warum wir mit dieser Stellungnahme der Verwaltung mitgehen, warum wir sie unterstützen. Beim Nassabbau bestehen Gefahren für den Grundwasserleiter, der Grundwasserspiegel hat sich schon durch den Zwenkauer Tagebau abgesenkt und bis heute nicht normalisiert.
Es ist eine über weitere 25 Jahre hohe Belastung durch Schmutz und Lärm für die Ortschaft Knautnaundorf, die bereits heute durch Autobahn, Bundesstraße und Zugstrecke, Technoclub und die vielen LKWs des Kiesabbaus von allen Seiten belastet wird. Tag und Nacht fahren Dutzende LKW hin und zurück und es sollen nochmal deutlich mehr werden.
Die Perspektive des zeitnahes Ende des damals genehmigten Kiesabbaus wird den Menschen in Knautnaundorf mit einer potenziellen Genehmigung genommen. Lassen Sie uns das bitte gemeinschaftlich verhindern.
Und Herr Obermeister, ich will noch ein etwas nicht Unwesentliches erinnern. Als wir damals im Jahre 2015 die Stellungnahme gegen den Trockenbau beschlossen haben, wurde auch ein Änderungsantrag meiner Fraktion positiv notiert, der die Verwaltung aufgefordert hat, gemeinsam mit den Umlandkommunen in ein Klageverfahren zu treten, sofern das Oberbergamt entgegen unserer negativen Stellungnahme eine Genehmigung auf den Weg bringt. Dieser Antrag ist damals beschlossen worden, aber die Verwaltung hat ihn nicht umgesetzt. Es ist nichts passiert.
Im Fall einer Bewilligung des Antrages auf Änderung des Raumordnungsverfahrens durch das Oberbergamt prüft die Stadt Leipzig die Einleitung einer Sammelklage gegen diese Entscheidung gemeinsam mit den umliegenden betroffenen Kommunen oder tritt einer solchen Klage bei.
Man hat es stattdessen über sich ergehen lassen und die Menschen in Knautnaundorf und natürlich auch den anliegenden kleinen Gemeinden im Stich gelassen. Die Nichtumsetzung ist auch der Grund, warum wir diesmal nicht mit einem gleich lautenden Änderungsantrag ins Verfahren gegangen sind. Ich gehe davon aus, dass der Auftrag von damals nach wie vor Gültigkeit besitzt und ich erwarte von Ihnen, dass sie es nicht mit einer einfachen Stellungnahme ans Oberbergamt bewenden lassen, sondern auch weitere Schritte prüfen, die zur Verhinderung des weiteren Ausbaus des Kiestagebaus führen.
Mario Stöbe, Ortschaftsrat von Knautnaundorf und ich haben gemeinsam eine Petition an das Oberbergamt ins Leben gerufen, die mittlerweile von immerhin mehr als 350 Menschen unterschrieben wurde.
Bitte stimmen Sie mit uns für die ablehnende Stellungnahme der Verwaltung.