Rede von Michael Schmidt am 14. Juni 2023 zum Antrag "Bitte auch mit Zettel und Stift: Vortei-le des Tarifwechsels für Strom und Gas auch analog ermöglichen - günstigere Preise für alle!"

Foto: Martin Jehnichen

Meine Damen und Herren!

Herr Gebhardt, ich habe mich ja schon im Vorfeld gefragt, wer wohl die Rede aus Ihrer Fraktion halten wird. Jetzt kann ich Sie direkt ansprechen. Ich bin nicht verwundert, dass Sie es sind. - Herr Gebhardt, es wäre fair gewesen, Sie hätten darauf hingewiesen, woher Sie die Idee haben; wie Sie überhaupt darauf aufmerksam geworden sind. Bereits im März hat meine Fraktion darauf hingewiesen und gefordert, dass die Stadtwerke hier für alle Menschen Preissenkungen vornehmen, nachdem die Beschaffungskosten deutlich niedriger wurden.

Ab Anfang April haben wir dann eine Anfrage eingereicht. Sie sind dann mit einem Antrag direkt hinterhergezogen. Jetzt proklamieren Sie es für sich und freuen sich hier, dass die Forderungen der LINKEN erfüllt werden. Dazu kann ich nur sagen: Herzlichen Glückwunsch.

Verstanden haben Sie bis vor ein paar Tagen trotzdem nicht, wo eigentlich das genaue Problem liegt. Deswegen haben Sie dann angefangen, unseren Änderungsantrag zu übernehmen. Darüber habe ich mich auch persönlich gefreut, weil mir klar war: Jetzt ist es wirklich angekommen.

Nachdem wir unseren Änderungsantrag eingereicht haben, haben wir ja eine Stellungnahme der Stadtwerke bekommen. Daraus würde ich gerne einmal drei oder vier Sätze zitieren, um deutlich zu machen, wo eigentlich das Problem liegt, und warum wir die Stadtwerke an der Stelle auch immer und immer wieder kritisieren. In der Stellungnahme steht:

Die Leipziger Stadtwerke haben ihren (langfristigen) Vertragskunden die Möglichkeit eingeräumt, aus deren Verträgen vorfristig über das Kundenportal in digitale Tarife umzusteigen, die Onlinetarife L-Strom.pur und L-Gas.pur. Die in diesen Tarifen stattfindende tagesaktuelle Bepreisung berücksichtigt die in den letzten Wochen gesunkenen Beschaffungskosten -

- dazu müsste man sagen: Die gesunkenen Beschaffungskosten sind nicht erst seit Wochen so, sie sind mittlerweile schon seit Monaten so -

- und die Kunden partizipieren hier somit von der derzeitigen Marktentwicklung.

Digitale Tarife: Genau da haben wir das Problem. Es sind digitale Tarife. Die nützen denen, die nicht über Computer oder eine E-Mail-Adresse verfügen, nicht. Das sind einige. Ich schaue einmal hier links in die Gegend. Dort wird auch noch viel mit Zetteln hantiert. Die werden nicht erreicht, die haben davon gar nichts.

Digitale Tarife gab es immer schon bei den Stadtwerken und genauso auch bei anderen Stromanbietern und Gasanbietern. Aber wenn man damals einen Tarif abgeschlossen und eine Onlineoption genutzt hat, hat man es einen Cent billiger gekriegt.

Hier reden wir davon, dass beim Gas - damals, als wir die Initiative gestartet haben - von 0,19 Euro auf 0,11 Euro die Kilowattstunde reduziert wurde und beim Strom von 0,51 Euro auf 0,37 Euro. Wenn ich mir überlege, dass damals die Onlineoption einen Cent ausgemacht hat - oder lassen Sie es anderthalb oder zwei gewesen sein, völlig egal -, kann man es damit nicht begründen. Zu sagen, wir bieten hier nur Online-Kunden so etwas an, ist einfach ungerecht.

Ich lese weiter:

Ergänzend sind die Leipziger Stadtwerke ihren Kunden so nah, dass sie diesen anbieten, den Vertragswechsel mit den Kunden gemeinsam im Kundencenter durchzuführen. Dies ist aber nur möglich, wenn die Kunden bereits über eine E-Mail-Adresse verfügen.

Ich habe dazu gerade ausgeführt. Im nächsten Satz ist noch einmal von Kulanz die Rede. Ja, natürlich, es ist Kulanz. Dafür gebührt auch durchaus Lob in Richtung Stadtwerke, das will ich gar nicht verhehlen. Aber das gilt eben nur für eine bestimmte Bevölkerungsgruppe. Dann schreiben sie weiter:

Leider können wir nicht alle Kunden sofort erreichen. Aktuell arbeiten wir jedoch intensiv an einem neuen Tarif, welcher Neukunden auch ohne Onlinezugang spätestens noch in 2023 zur Verfügung stehen wird.

Wahnsinn, sag ich einmal, Wahnsinn. Wie gesagt, wir haben es Anfang März thematisiert. Jetzt haben wir Mitte Juni, und in diesem Jahr noch soll es passieren. Dann wird natürlich darauf hingewiesen:

Die wirtschaftlichen Konsequenzen der kostenintensiveren offline-Prozesse werden in der Preiskalkulation berücksichtigt.

Ich habe es vorhin ausgeführt: Lassen Sie es einen oder zwei Cent sein. Ich finde es, ehrlich gesagt, ein bisschen lächerlich, hier die Leute, die nicht über eine E-Mail-Adresse verfügen, bislang immer völlig außen vor zu lassen und auch das jetzt auf die lange Bank zu schieben. Insofern: Wir hatten die Neufassung übernommen. Insofern stimmen wir dem selbstverständlich zu. - Danke.

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