Rede von Michael Schmidt am 17. Mai 2023 zum Antrag "Schulsozialarbeit zur Regel machen"

Foto: Martin Jehnichen

- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
leiebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Gäste,

Ich hab es mir nicht ganz leicht gemacht beim Mitschreiben des Antrages, ob es wirklich noch gut sei, an der flächendeckenden Implementierung von Schulsozialarbeit festzuhalten. Ich kann aber vorweg nehmen, JA, das ist es!

Wir alle wissen, dass der Fachkräftemangel uns da große Schwierigkeiten bereitet und wir Bedarfe an Sozialpädagogen in verschiedenen Bereichen haben – und auch die Gefahr besteht, dass wir mit mehr Schulsozialarbeit Personal aus anderen ganz wichtigen Bereichen eben zu verlieren, damit meine ich vor allem eben Angebote der Familienbildung und speziell im Bereich der Hilfen zur Erziehung oder im ASD.

Und dennoch, wir leben mittlerweile in einer Zeit, in der es ein Qualitätsmerkmal ist, wenn in einer Schule auch Schulsozialarbeit tätig ist. Das ist ganz bewusst auch kein Zeichen dafür, dass wir dort mit sozialen Defiziten zu kämpfen haben, denn diese haben wir mittlerweile an allen Schulen an allen Schulformen und wenn man ehrlich ist in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. Allein die Verkehrsdebatte der letzten Ratsversammlung hätte sozialpädagogische Hilfe verdient.

Schulsozialarbeit gehört zur Schule dazu – denn sie bereichert dort das soziale Zusammenleben, hilft bei zahlreichen Problemlagen, bei Konflikten oder auch bei individuellen Notfällen. Schulsozialarbeit ist dabei auch ein Bindeglied zwischen den Schülerinnen und Schülern und ihren Familien und eben dem erweiterten und professionellen Hilfesystem. Sie hilft den Kindern und Jugendlichen bei ihrer sozialen Entwicklung im schulischen Alltag und übernimmt damit Aufgaben, die in einem schleichenden Prozess der letzten Jahre und Jahrzehnte immer mehr den Lehrkräften zugefallen ist. Und die diese kaum leisten können. Deshalb braucht es Schulsozialarbeit an allen Schulen, an manchen – und da unterscheiden sich manche Schulen dann eben doch von anderen – braucht es auch mehr als eine Fachkraft, um den Problemen wirksam und bedarfsgerecht zu begegnen. Und an der Stelle ist es auch eine fachliche Abwägung, die unser Antrag nicht vorwegnimmt, ob ich eine Schule mit zwei Fachkräften ausstatte, bevor ich zu einer flächendeckenden Ausstattung an allen Schulen gelange.

Wir haben fraktionsübergreifend schon vor vielen Jahren angefangen, hier eine Vorreiterrolle in Leipzig einzunehmen und Schulsozialarbeit mit kommunalen Haushaltsmitteln zu ermöglichen. Wir sind damit in erhebliche Vorleistung gegangen, bis es gelungen ist, dies auch auf Landesebene durchzusetzen und dort eine Förderrichtlinie zu entwickeln, die flächendeckend zumindest an den Oberschulen eine auskömmliche Finanzierung ermöglicht.

Und diese Vorreiterrolle, die wir als Stadt einnehmen, und es zeigt eben auch der heute vorliegende Antrag, die haben wir nach wie vor nicht abgegeben. Denn wir finanzieren deutlich über das hinaus, was uns der Freistaat zur Verfügung stellt, weil eben der Bedarf besteht. Weil seitens der Lehrkräfte der Wunsch besteht, Schulsozialarbeit an allen Schulen zu implementieren. Und genau deswegen muss es auch das Ziel der nächsten Jahre sein, die Förderrichtlinie des Freistaates weiter zu entwickeln und auch das Volumen des Fördertöpfes dergestalt zu füllen, dass Schulsozialarbeit eben an allen Schulformen und in allen Schulen – auch den Freien Schulen, zum Standard wird.

Und damit komme ich zum Thema Fachkräftemangel zurück. Natürlich wird es nicht leicht, so viele zusätzliche Fachkräfte zu finden, dazu gehört auch und insbesondere eine persönliche Eignung. Soziale Arbeit ist vielmehr als nur ein Beruf und ein Job, soziale Arbeit ist eine Berufung und verdient unser aller Respekt. Wir alle wissen, dass die Fachkräfterichtlinie beziehungsweise das Fachkräftegebot ein wichtiges Gut ist, und dennoch müssen wir genau hinsehen, ob wir uns damit nicht punktuell übermäßig selbst beschränken und bestimmte Menschen ausschließen, die das Fachkraftgebot rein vom Berufsabschluss her nicht in Gänze erfüllen und dennoch persönlich geeignet wären, um in dem Bereich tätig zu werden. Man überlege: Soziale Arbeit an der HTWK hat einen Numerus Clausus von 1,0.

Das ist im Übrigen nicht nur ein Thema der Schulsozialarbeit, sondern betrifft auch andere Bereiche der sozialen Arbeit. Ich wünsche mir jedenfalls eine Diskussion auch in diesem Bereich, auch wenn das nicht explizit Inhalt des Antrages ist.

Ich könnte noch viel erzählen, meine Kolleginnen dürfen aber auch noch, insofern bitte ich um Unterstützung des Antrages. Vielen Dank.

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