Rede von Michael Schmidt am 19. Mai zur "Bedarfsplanung Kindertagesbetreuung der Stadt Leipzig für den Planungszeitraum Januar bis Dezember 2022"

Foto: Martin Jehnichen

- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Erster Bürgermeister,
werte Kolleginnen und Kollegen,
liebe Frau Felthaus,

Bei den Kindertagesstätten in Leipzig sind wir ein erhebliches Stück vorangekommen. Die Bedarfsdeckung ist im wesentlichen gegeben, wir nähern uns dem tatsächlichen Wunsch- und Wahl zwischen Einrichtungen und Trägerschaften. Hilfreich dabei ist natürlich auch, dass – und das finde ich persönlich schade, die Anzahl der Neugeborenen Kinder wieder rückläufig ist in Leipzig. Der insgesamte Druck hat also etwas nachgelassen. Zumindest beim Bau neue Einrichtungen.

Die Herausforderung mit der wir mittlerweile sehr viel stärker konfrontiert sind, ist die Sanierung bestehender Kitas und natürlich der enorme Fachkräftemangel. Neue Einrichtungen gehen verspätet ans Netz und haben wie auch bestehender Einrichtungen immer größere Anstrengungen, den Betreuungsschlüssel sicherzustellen. Nicht zuletzt die Pandemie hat hier für erhebliches zusätzliches Chaos gesorgt.

Und mit der zunehmenden Anzahl an Kitaplätzen zeigt sich auch die Transformation bei der Kindertagespflege. Die Nachfrage wird bestehen bleiben, aber sie geht zurück. Ein Szenario, was ich schon vor Jahren vorher gesagt habe, als man noch mangels Kitaplätzen einen massiven Anbau an Tagesmütter den Tagesvätern vorangebracht hat. Sofern es gelingt, die guten Fachkräfte für die Kindertageseinrichtungen fit zu machen und zu gewinnen, ist einiges gewonnen. Unsere Initiative zur berufsbegleitenden Weiterbildung, die sich auch explizit für Tagespflegepersonen öffnen sollte, war dabei ein wichtiger Schritt . Dennoch werden einige dieser Menschen den Weg in andere Berufe wählen.

Das wird die Bedarfsplanung für dieses Jahr jetzt erst im Mai im Stadtrat behandeln und nicht etwa im Herbst vergangenen Jahres zeigt, dass wir bei den internen strategischen Planungen und Abläufen noch lange nicht dort sind, wo wir hin wollen. Wo wir hin müssen. Wir haben das bereits vor Jahren bemängelt, grundlegend vorangekommen sind wir bis heute leider noch nicht.

Ich möchte jetzt aber noch mal die Gelegenheit nutzen, um auf den Änderungsantrag von SPD und Linken zu sprechen zu kommen. Wir hatten ja vor einigen Monaten eine gemeinsame Initiative zum langfristigen Kita – Entwicklungskonzept im Stadtrat behandelt. Diese resultierte aus einem langen Aushandlungsprozess. Und heute haben wir einen gemeinsamen Änderungsantrag von Linken und SPD vorliegen zudem meine Fraktion gar nicht erst um Mitarbeit gefragt wurde.

Ich kann mir auch denken warum. Weil sie nämlich genau wissen, dass wir damit ein erhebliches Problem haben und schon die damalige Initiative in den prozentualen Zahlen nach unten korrigiert haben. Das haben wir aber deshalb getan, weil alles andere unverhältnismäßig und unrealistisch gewesen wäre. Wir hatten uns damals auf einen kommunalen Anteil an Kindertagesstätten von „mehr als 25 %“ geeinigt. Das glaube ich, war ein vernünftiger Kompromiss. Ein Kompromiss, der auch mit dem Subsidiaritätsprinzip entspricht. Heute aber schlagen sie einen Anteil von 38 % vor, weil sie meinen, die Verwaltung würde den Beschluss nicht umsetzen. Ich finde das unredlich. Sie greifen sich wahllos Kindertagesstätten heraus, die irgendwann in den nächsten Jahren gebaut werden sollen, um dort eine Trägerschaft zugunsten der Stadt festzulegen.

Da sind teilweise Kindertagesstätten dabei, die wir seit acht Jahren vor uns her schieben und bei denen wir auf Flächen von Investoren angewiesen sind.
Parallel dazu wollen Sie wissen, wie es denn eigentlich mit der Vergabe von Kindertagesstätten an freie Träger läuft. Sie fordern transparente und nachvollziehbare Verfahren zur Vergabe von Trägerschaften – zu Recht! Und doch treten Sie das mit Füßen!

Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen sagen, dass wir als Jugendhilfeausschuss mittlerweile – wieder das Jugendamt gezwungen haben, konsequent die Findungskommission, die einst genau dafür eingerichtet wurde, zu nutzen. Nur so erhalten wir ein transparentes Verfahren und können die Auswahl des besten Trägerkonzeptes sichern. Und so möchte ich es auch für die Zukunft halten.

Natürlich braucht es auch einen Anteil an kommunalen Einrichtungen, keine Frage, aber nicht 38 % sondern etwa jeder vierte. Wir brauchen eine Pluralität an Trägerkonzepten! Wenn wir am Freiladebahnhof alle Kitas kommunal machen, dann widerspricht das streng genommen auch dem Wunsch- und Wahlrecht und eben dieser Träger- und Konzeptpluralität. Man kann das natürlich trotzdem machen. Aber dazu gibt es Abwägungs- und Entscheidungsverfahren. Das sollten wir keinesfalls hier mal so einfach aus dem Ärmel schütteln.

Und was mich auch stört an diesem Antrag ist die Tatsache, dass der Antrag Versprechungen macht, die jenseits dessen sind, was er wird halten können . Er schürt stattdessen eine Konkurrenz zwischen der Stadt als öffentlichem Träger und den freien Trägern der Kinder und Jugendhilfe. Dies ist eine Konkurrenz die es faktisch so nicht gibt bzw. nicht geben soll und die ich als stv. Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses versuche im gemeinsamen Einvernehmen – in der gemeinsamen Arbeit zwischen beiden Stadt und freien Trägern immer wieder auszuräumen. Wir haben und brauchen ein vernünftiges Miteinander auf Augenhöhe. Ihr Antrag und die Implikationen darin sind dabei nicht hilfreich.

Herr Wehmann, Herr Zenker, der Antrag kommt ja von Ihnen. Nicht etwa von ihren Kolleginnen und Kollegen im Jugendhilfeausschuss, der sich federführend um das Thema Kitas kümmert. Sie beteiligen sich nicht an den Diskussionen um die Bedarfsplanung, auch nicht im Fachausschuss Jugend/Schule. Und kommen dann – mal wieder – mit so einem Antrag um die Ecke.

Wir werden den Antrag aus den vielen genannten Gründen ablehnen und haben stattdessen Vertrauen in das Dezernat, den damals getroffenen Stadtratsbeschluss – den Kompromiuss - auch umzusetzen. Eine Umsteuerung, wie sie es ja darstellen, halte ich für absolut unangebracht.

Sie wirbeln Staub von vorgestern auf, lassen Sie uns lieber den konkreten Problemen widmen.

 

Zurück