Rede von Michael Schmidt, Stadtrat im Leipziger Südwesten, zur Grundsatzentscheidung Elsterstausee in der Ratsversammlung am 12.04.2017
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
werte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister,
Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
liebe Gäste,
Ich möchte vorab um Verständnis bitten, dass meine Rede vielleicht etwas länger als die erlaubten 5 Minuten geht aber das Trauerspiel um den Elsterstausee geht schon seit gut 10 Jahren, länger als ich im Stadtrat sitze, da gibt es viel zu sagen – ich werde allerdings auch gleich unsere beiden Änderungsanträge mit einbringen.
Wer den Elsterstausee noch in seinem alten Erscheinungsbild kennt, die Ruhe und Idylle auf der einen Seite und die Fischereifeste auf der anderen Seite erlebt und in Erinnerung hat – der weiß, mit dem heutigen Beschluss geht dem Südwesten, bei allem was rundherum inzwischen dort entstanden ist, ein Stückchen Identität verloren.
Der Elsterstausee bot neben dem extrem belebten und als Tourismusziel vermarkteten Cospudener See den Kontrast, den viele Leipzigerinnen und Leipziger bewusst gesucht haben. Und mit den Änderungsanträgen, die meine Fraktion zur heutigen Vorlage gestellt hat, möchten wir genau diesem Anliegen auch für die Zukunft Rechnung tragen, das Elsterstauseeareal zu einem naturnahen Rückzugsort für Familien und Senioren zu entwickeln.
Unser Stadtförster Herr Sickert hat bei der Präsentation der Vorlage gesagt, das Areal soll zukünftig nicht dem „beohrstöpselten rasenden Skater dienen, sondern vielmehr dem interessierten Naturliebhaber mit Rucksack und Fernglas“ Raum bieten. Und genau diesen Kontrast zum Cospudener See hat er damit ganz anschaulich ins Bild gesetzt – den gilt es tatsächlich zu bewahren und in Teilen auszubauen und zu fördern.
Dass der See als See ausgedient hat, dem haben sich auch die über die Jahre Engagierten vom Förderverein und aus der Politik, nicht mehr verschließen können. Man hat im Übrigen auch den Eindruck, dass die Verwaltung das Thema einfach so über die Jahre ausgesessen hat, bis es mittlerweile immer weniger Menschen gibt, die sich noch an den gefüllten See und die damit verbundene Idylle erinnern und stattdessen immer mehr, die sich mit der Situation arrangiert haben und daher keinen Widerstand leisten.
Und trotzdem sind wichtige Fragen bis heute nicht geklärt, so beispielsweise der Umgang mit den Dämmen auch im Falle einer Entwidmung des Sees oder auch – und das ist fast noch interessanter – die Frage nach der Folie unter der Teichsohle, zu der in der Vorlage leider kein Wort geschrieben steht. Muss diese entfernt werden und welche Kosten drohen der Stadt für den Fall? Welches ökologische Risiko für den anderen Fall? Das Kostenrisiko ist ja in der Vorlage der eigentlich springende Punkt für die Entwidmung. Welches Kostenrisiko dann droht, steht bislang aber nirgends. Zumindest nicht vollständig.
Ich möchte also weniger den Blick zurück als vielmehr nach vorn werfen, denn einfach weiter mit dem status quo und Gras über die Sache wachsen lassen, macht die Sache am Ende nur noch teurer, egal für welchen Weg man sich entscheidet.
Lassen Sie uns also versuchen, das Elsterstauseeareal tatsächlich mit einem naturnahen Konzept zu entwickeln, welches aber auch die bislang in der Vorlage unerwähnten Potenziale aufgreift. Da wären zum Einen die Liegenschaften rund um den See zu nennen, welche zukünftig beispielsweise wieder als Ferienlager oder Ausflugslokalität dienen könnten. Denken wir an Vogel- und Tierbeobachtungsstände, die in einen Natur- und Historienlehrpfad integriert sein könnten. Denken wir an den Radweg zwischen See und Elster, der dem Elsterradweg als naturnahe und idyllische Entlastungsstrecke zur bisherigen Führung entlang des Cospudener Sees dienen könnte, eine wunderschöne Streckenführung vorbei am Elsterstausee und weiter durch den Wald auf den bereits bestehenden Wegen wäre denkbar und attraktiv für alle, die sich nicht den vollen Cospudener Rundweg entlang begeben, sondern noch mehr Ruhe und Natur genießen wollen. All das denke ich, sind gute Ideen, die dem Ziel der Verwaltung entgegenkommen.
Der zweite Änderungsantrag - das Thema der Beweidung der Flächen nicht nur am Elsterstausee, sondern auch rund um den Cospudener See und deutlich darüber hinaus. Sie alle haben die Probleme, mit denen die Schäferin zu kämpfen hat, der Presse entnehmen können. Ihre Schafe lächeln zu wenig in die vorbeifahrenden Kameras und werden bei Regen nass, dahergelaufene Spinner zerstören ihre Zäune und erfreuen sich daran, wenn ihre Hunde auf Jagd nach den verängstigten Schafen gehen.
Wenn man sich aber einmal vor Augen führt, welch großen Nutzen die Stadt gerade aus ökologischer Sicht durch die Beweidung besagter Flächen hat, dann ist es nur folgerichtig, wenn man nicht billigend in Kauf nimmt, dass die Schäferin aufgrund der Probleme das Handtuch wirft.
Die halbe Stelle, die wir Ihnen empfehlen und die die Stadt schaffen soll, soll einen vielfältigen Aufgabenumfang verantworten. Dazu gehören einerseits die Erfüllung einer gemeinsamen Pflichtaufgabe von Land und Kommune, die Hochwasserschutzanlagen zu pflegen. Das meint das Stapfen und Beweiden - also das Kurzhalten von Vegetation und auch das stetige Verdichten der Deiche, was aktuell eben die Schafe während des Beweidens gleich mit erledigen.
Eine weitere Pflichtaufgabe der Stadt ist das Umweltmonitoring für den ganzen Naturraum der Tagebaufolgelandschaft. Also zu analysieren, wie sich der gesamte Naturraum, Flora und Fauna über die Jahre verändern.
Allesamt Aufgaben, die sich die Stadt in eigener Verantwortung, im eigenen Stellenplan, leisten sollte.
In den vergangenen Jahren gab es verschiedene gemeinsame Anstrengungen zum Elsterstausee, lassen Sie uns heute ebenso mit breiter Mehrheit ein starkes Zeichen für die zukünftige Entwicklung des Stauseeareals setzen.
Ich bitte um Ihre Unterstützung für beide Änderungsanträge. Vielen Dank.