Rede von Norman Volger zur Drucksache „Tourismuswirtschaftliches Gesamtkonzept für die Gewässerlandschaft im mitteldeutschen Raum (TGWK)“

Rede von Norman Volger, umweltpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Ratsversammlung am 24.08.2016 zur Drucksache „Tourismuswirtschaftliches Gesamtkonzept für die Gewässerlandschaft im mitteldeutschen Raum (TGWK)“

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister
sehr geehrte Bürgermeister und Bürgermeisterinnen,
sehr geehrte Stadträte und Stadträtinnen,
sehr geehrte Gäste,

wo soll ich bei dieser Vorlage nur anfangen unsere Ablehnung zu begründen? Das TWGK strotzt nur so vor Gründen ihm nicht zuzustimmen und trotzdem wird es heute wider besseren Wissens voraussichtlich mehrheitlich beschlossen werden. Aber wenn der Stadtrat sich über den Tisch ziehen lassen will, ist das nun mal so.
Aber beginnen wir von vorn. Ein Konzept dieser Größe - ohne Bürgerbeteiligung. Respekt.

Alles was wir hier im Stadtrat zur Bürgerbeteiligung beschlossen haben, war hierbei Makulatur. Aber nicht nur dass die Bürger nicht beteiligt werden, auch wir Stadträte bekommen diese Vorlage erst ein Jahr nachdem sie Anfang 2015 in den Gremien des Grünen Rings abschließend beraten und verabschiedet wurde, zu Gesicht.
Und das obwohl wir das Touristische Entwicklungskonzept letztes Jahr beschlossen haben und demnächst die Umsetzungsmaßnahmen diskutieren. Redet da ein Teil der Verwaltung nicht mit dem anderen oder ist dieser Zeitplan Absicht? Da die Pläne - laut Verwaltung – miteinander abgestimmt sind, kann ja nur Letzteres in Betracht kommen.
Dass der Stadtrat hier raus gehalten werden sollte, zeigt sich auch darin, dass Änderungsmöglichkeiten gar nicht möglich und nicht gewollt waren. Friss oder stirb - heißt die Devise. Das ist zwar perfide, aber auch ziemlich clever gemacht. Denn so bleiben inhaltliche Kritik und das Aufzeigen von eklatanten Fehlern des TWGK unnütz. Und um dem allen noch die Krone aufzusetzen, wurde laut Vorlage mit dem Umsetzungsmanagement schon begonnen. Warum beschließen wir heute eigentlich noch? Die Verwaltung macht doch eh was sie will.
Aber nun zur inhaltlichen Kritik:
Die Zahlengrundlagen sind wissenschaftlich nicht verifizierbar. Da wird von renommierten Instituten mit Annahmen und Schätzungen gearbeitet, dass es einem gruseln muss.
Leipzigs Gewässer werden nicht schiffbar, wodurch die ökonomischen Effekte in der erhofften Größenordnung nicht eintreten können und Investitionen in der Marina am Lindenauer Hafen hinfällig werden. Eine Planrechtfertigung somit nicht gegeben ist.
Das Schiffshebewerk wird weiter wie eine Monstranz vor sich her getragen, obwohl es jeder ökonomischen Logik entbehrt. Die naturschutzfachliche Betrachtung kommt viel zu kurz. Einiges, wenn nicht gar vieles, was touristisch in und um Leipzig vermarktet werden soll, betrifft festgesetzte Naturschutzgebiete und ist somit nicht wie vom Konzept gewünscht umsetzbar.
Da werden bspw. die Leipziger Stadtgewässer nicht der Naherholung sondern dem Tourismus zugeschlagen. Eine Planungssicherheit von Investoren wird konstruiert, die durch die Nichtschiffbarmachung sowieso schon obsolet ist und dazu zu betrachtende naturschutzfachliche Aspekte werden komplett ignoriert. Dadurch ist diese Planung aus unserer Sicht nicht gerichtsfest.
Ich könnte noch dutzende weitere Beispiel aufzählen.

Abschließend daher nur noch eine Anmerkung. Meine Fraktion hat sich sehr schwer getan, der Charta Neuseenland zuzustimmen. Wir haben es dann getan, da wir einer behutsamen, die Natur beachtenden Entwicklung nicht im Wege stehen wollten und sich Einzelprojekte klar am Naturschutz orientieren müssen.
Jetzt bekommen wir eine Vermarktungsstrategie vorgelegt, die dem vollkommen widerspricht. Sofern mit diesem Beschluss das TGWK Gültigkeit erlangt, so wird es sich explizit nicht am Naturschutz orientieren, der anderen Interessen geopfert wird. Zukünftig kann sich dann die Verwaltung aussuchen, welchen Beschluss sie als Grundlage für das eigene vom Stadtrat unkontrollierte Handeln heranzieht.
Vielen Dank.

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