Rede von Nuria Silvestre Fernandez vom 8. Februar 2023 zum Antrag "Einfache und Leichte Sprache in der Stadtverwaltung"

Foto: Martin Jehnichen

- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Bürgermeister*innen,

sehr geehrte Kolleg*innen,

liebe Anwesende und Zuschauer*innen,

die Sprache und Ausdrucksweise der Verwaltung und Behörden bedeutet für viele Angst und Stress. Schon seit Jahren versuchen wir das zu ändern, es gibt einige Verbesserungen, aber es geht sehr langsam und mühsam.

Deswegen haben wir diesen Antrag eingereicht, der für viele Menschen sehr wichtig ist. Für Menschen mit Behinderungen, für Menschen, die Deutsch lernen, und für alle, die das “Amtsdeutsch” nicht so gut beherrschen.  

Jeder Leipziger und jede Leipzigerin soll hier respektiert und ernst genommen werden.

Alle Menschen müssen die Informationen, Formulare und Absichten der Verwaltung nachvollziehen können. Nur so können wir unsere Rechte und Pflichten wahrnehmen, nur so können wir alle mit Würde teilhaben. Zugang zu verständlicher Kommunikation und Information ist für meine Fraktion eine Grundlage der Demokratie.

Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten, die sogenannte “Einfache Sprache” und die sogenannte “Leichte Sprache”.

Die „Einfache Sprache“ besteht aus kurzen und klaren Sätze ohne komplizierte Wörter. Einfache Sprache spart Geld, Zeit und Energie, Kosten wie z.B. lange Beratungsgespräche, Ausfüllhilfen, und die Bearbeitung von Widersprüchen. Einfache Sprache schafft Vertrauen und Bestärkung.

In vielen Ländern ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass öffentliche Einrichtungen die einfache Sprache verwenden. Wir wünschen uns dies auch in Deutschland, auch in unserer Stadt.

Dann gibt es die „Leichte Sprache“: Sie wurde speziell für Menschen mit Behinderungen und Lernschwierigkeiten entwickelt. Dafür gibt es klare Regeln. Diese sind vom Verein „Netzwerk Leichte Sprache“ festgelegt. Leichte Sprache wird idealerweise von Menschen mit Lernschwierigkeiten geprüft. Sie sind Fachleute. Sie können wirklich sagen, ob ein Text verständlich ist. Leichte Sprache gibt es leider zu wenig in unserer Stadtverwaltung. Es gibt zwar eine Internetseite der Stadt Leipzig in Leichter Sprache. Sobald aber konkrete Informationen wie z.B. Formulare oder Informationen zur Stadtratsarbeit gesucht werden, wird man auf nicht barrierefreie Seiten verlinkt. Es erscheint zum Beispiel dann folgender Text:

“Hier können Sie nach Formularen der Stadt-Verwaltung suchen.

Die Suche ist nicht in Leichte Sprache. Auch die Formulare sind nicht in Leichte Sprache.”

Es hilft also nicht wirklich weiter. Warum?! Es geht um die Verteidigung der Rechte und den gleichberechtigten Zugang aller zu öffentlichen Leistungen, Bildung, Gesundheitsvorsorge usw. Die wirtschaftlich am stärksten Benachteiligten sind auch häufiger kulturell und sprachlich benachteiligt und haben daher mehr Schwierigkeiten.

Das muss sich ändern, unsere Verwaltung muss dafür sorgen, sie ist dazu verpflichtet! Artikel 21 der UN-Behindertenrechtskonvention in Leichter Sprache sagt: Informationen müssen zugänglich sein. Die Informationen müssen so sein, dass Menschen mit Behinderung die Informationen verstehen können. Besonders Ämter und Behörden müssen zugängliche Informationen bereitstellen.

Unser Antrag sieht vor, dass die Verwaltung gemeinsam mit wichtigen Akteur*innen und Expert*innen noch dieses Jahr ein Gesamtkonzept zur einfachen und leichten Sprache in der Verwaltung erarbeitet. Wir als Stadtrat werden einmal im Jahr über den Stand informiert.  Die  Internetseite der Stadt wird mehr Informationen in Leichter Sprache anbieten. Die Stadt Leipzig verpflichtet sich damit, die Erfüllung des §11 des Behindertengleichstellungsgesetzes in allen Dimensionen der Barrierefreiheit sicherzustellen.

Als ersten Schritt haben wir an ein Deckblatt gedacht, das jedem Schreiben der Stadt beigefügt wird. Dieses Extra-Dokument soll eine Übersetzung der Informationen in einfache Sprache sein.

Aber es sieht so aus, dass alle anderen Fraktionen hier nicht zustimmen.

Daher streichen wir den ersten Satz, aber wenigstens retten wir den zweiten Teil des Punktes vier. Wir wollen, dass in jedem Schriftverkehr angeboten wird, dass Fragen zum Verständnis durch eine genannte Ansprechpartner*in erklärt werden können.

Dieser Kompromiss kostet nichts, ist sehr leicht einführbar und wird für viele sofort hilfreich sein.

Die erweiternden und unterstützenden Änderungsanträge von Freibeutern und dem Beirat für Menschen mit Behinderungen werden wir übernehmen, vielen Dank dafür. AfD und CDU Änderungsanträge werden wir ablehnen.

Wir bedanken uns bei unseren Expert*innen im Jugendparlament, Senior*innenbeirat, Migrant*innenbeirat und den Beirat für Menschen mit Behinderungen. Sie haben unseren Antrag voll unterstützt.  

Das Arbeitshandbuch Bürgernahe Verwaltungssprache (2002) erklärt, dass „persönlich formulierte und gut lesbare Schreiben helfen, Vorurteile und Misstrauen auszuräumen und eine reibungslose Zusammenarbeit von Behörden und Privatpersonen zu verwirklichen“. Das sollte das Ziel nicht nur für unsere Verwaltung, sondern auch für uns alle sein.

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