Rede von Nuria Silvestre in der Ratsversammlung am 20. Januar 2021 zum Antrag "barrierefreier Livestream"

Foto: Martin Jehnichen

- es gilt das gesprochene Wort -

sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

Die UN-Behindertenrechtskonvention definiert und konkretisiert die Rechte der Menschen mit Behinderungen, chronischen Erkrankungen und deren Angehörigen. In Leipzig sprechen wir von über 99.149 Menschen mit einem Grad der Behinderung ab 20. Dies entspricht einem Anteil von 16,5 %.

Ich stelle Ihnen heute folgende Frage: wie und wann setzen wir die UN-Behindertenrechtskonvention in unserer Kommune um?

Es geht heute um folgende Artikel der UN-Behindertenrechtskonvention:

Artikel 21 Recht der freien Meinungsäußerung, Meinungsfreiheit und Zugang zu Informationen und Artikel 29 Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben.

Durch die Unterzeichnung verpflichtete sich Deutschland seit 2009, den Zugang zu allen für die Öffentlichkeit bestimmten Informationen auch für Menschen mit Behinderungen zu ermöglichen.

Die Umsetzung in Leipzig erscheint uns nach mehr als 10 Jahren sehr langsam:

Der Livestream und die Webseite der Stadt sind nicht barrierefrei. Es gibt so gut wie keine Informationen in einfacher Sprache. Die Webseite von Hamburg z.B. ist so strukturiert, dass sich Gehörlose und Hörbeeinträchtigte, Blinde und Sehbehinderte sowie Menschen mit Bedarf an einfacher oder leichter Sprache zurechtfinden können.

Das wollen wir auch für Leipzig, denn Inklusion braucht ständige Bewegung, vor allem jetzt in schwierigen Zeiten von Lockdown und Ausgrenzungen.

Wir fordern Teilhabe am öffentlichen und politischen Leben für ALLE.

Daher bitten wir Sie, Herr Oberbürgermeister um Prüfung, welche Maßnahmen erforderlich sind, damit

Erstens: Menschen unterschiedlicher Behinderungen den Livestream der Ratsversammlung bedienen und benutzen können.

Und zweitens: damit alle öffentlichen Informationen zur Arbeit des Stadtrates auch für Menschen mit Behinderung barrierefrei zugänglich werden.

Um diesen Prozess partizipativ und demokratisch durchzuführen, möchten wir hierfür eine Zusammenarbeit von Verwaltung, Behindertenbeirat, betroffenen Verbänden und Organisationen sowie Expert*innen für digitale Barrierefreiheit, die selbst Menschen mit Behinderungen sein sollten, denn sie sind Expert*innen in eigener Sache!

Wir würden uns freuen, wenn Sie unserem Änderungsantrag zustimmen, um somit ALLEN Menschen mit Beeinträchtigungen die Teilhabe an Informationen und unserer politischen Arbeit zu ermöglichen. Das stärkt sowohl Inklusion als auch Integration und damit die Demokratie in unserer Stadt.

Vielen dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Denn nur so schaffen wir es, bei der Umsetzung der UN Behindertenrechtskonvention voranzukommen. Mit folgenden Worten möchte ich Herrn Dusel, den Behindertenbeauftragten der Bundesregierung, zitieren:

“Demokratie braucht Inklusion, denn Inklusion ist die Grundlage einer funktionierenden Demokratie mit Gleichberechtigung, Chancengleichheit, umfassender Mitbestimmung und selbstbestimmter Teilhabe in allen Lebensbereichen. Erst wenn diese umfassenden Rechte wirklich für alle Menschen umgesetzt sind, dann können wir von einer wirklich guten Demokratie sprechen”.

Ich schließe mich seinen Worten an und fordere hier echte Teilhabe für alle Leipziger*innen.

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