Rede von Petra Cagalj Sejdi in der Ratsversammlung am 19. September 2018 zum Antrag des Migrantenbeirats “Öffentlichkeitswirksame Kampagne zu Diversität und migrantischem Leben in Leipzig“

-es gilt das gesprochene Wort-

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen im Stadtrat,
liebe Zuschauer,

der Migrantenbeirat der Stadt Leipzig möchte die Stadt damit beauftragen, eine Kampagne zu entwickeln, die gegen Rassismus, Diskriminierung und Vorurteile von Menschen in Leipzig wirkt und die Stadtverwaltung lehnt dies ab, mit der Begründung, es sei nicht ausreichend Geld da und man würde den Migrantenbeirat damit gegenüber anderen Beiräten bevorzugen?!

Ich muss zugeben, diese Reaktion hat mich schwer getroffen.

In den letzten fünf Jahren haben Rassismus und Diskriminierung eine Form erreicht, wie wir sie noch vor kurzem für undenkbar gehalten haben. Viele Menschen spüren dies tagtäglich im eigenen Leben: Da werden Kinder und Jugendliche aufgrund ihres Aussehens von Erwachsenen beschimpft und angegriffen; da berichten Taxifahrer, dass Menschen aus dem Taxi wieder aussteigen, wenn sie die Hautfarbe des Fahrers sehen; da suchen Familien monatelang erfolglos nach Wohnungen, bekommen Absagen, sobald der Vermieter bemerkt, dass sie einen Migrationshintergrund haben; von Ausbildung und Arbeit will ich hier gar nicht sprechen.

Dies sind keine Geschichten, die ich mir hier ausgedacht habe. Das ist die traurige Realität, wie sie mich tagtäglich als Stadträtin durch Anrufe E-Mails, Briefe und Gespräche erreicht und dies ist leider auch die erschreckende Realität, wie ich sie selber mit meiner Familie erfahren muss.

Unzählige Menschen leben in Leipzig unter Angst. Angst vor Rassismus und Diskriminierung.

Da können wir doch nicht sagen, wir hätten kein Geld etwas dagegen zu unternehmen!
Wollen wir Zustände wie in Chemnitz erreichen?

Bisher konnte Leipzig als Vorbild in puncto Toleranz und Weltoffenheit wirken, doch dies ändert sich leider zunehmend. Der Antrag des Migrantenbeirats versucht dieser negativen Änderung entgegen zu wirken. Er versucht mit einfachen Mitteln öffentlich gegen menschenfeindliche Propaganda zu wirken und aufzuklären.

Der Ansatz der Stadtverwaltung hierzu die bereits etablierten Formate „interkulturelle Wochen“, „internationale Wochen gegen Rassismus“ und „Leipzig Ort der Vielfalt“ zu nutzen reicht nicht aus. Diese Formate erreichen in erster Linie nur Menschen die sich bereits mit der Thematik auseinandersetzen, sie setzen aber keine Signale in die breite Öffentlichkeit. Das geben diese Formate nicht mehr her, sie könnten eine Kampagne mit unterstützen, werden aber nie diese Wirkung erreichen. Idee des Antrags ist es mit der Kampagne in die gesamte Leipziger Gesellschaft zu wirken und überall zu sensibilisieren, nicht nur da, wo es bereits eine Sensibilisierung gibt.

Auch hat der Antrag nicht im geringsten etwas mit der Öffentlichkeitsarbeit des Migrantenbeirats zu tun, wie im Verwaltungsstandpunkt geschrieben wird. Kampagne zur Diversität und migrantischem Leben in Leipzig bedeutet, mit unterschiedlichen Mitteln in die Leipziger Stadtgesellschaft zu wirken und deutlich zu machen, dass wir eine vielfältige, offene Stadt sind in der Rassismus und Diskriminierung keinen Platz haben.

Verschließen Sie nicht die Augen vor dem, was aktuell passiert.
Wenn wir jetzt nicht handeln, wird es bald zu spät sein!

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