Rede von Sophia Kraft in der Ratsversammlung am 15. Juli zur Drucksache "Ausrufung Klimanotstand: Sofortmaßnahmenprogramm"

- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Dezernentinnen und Dezernenten,
liebe Klimafreundinnen und –freunde
hier auf der Neuen Messe und online,

unser Änderungspaket, das wir in der Ursprungsfassung schon sehr frühzeitig in den Abstimmungsprozess zum Klimasofortmaßnahmenprogramm eingebracht haben, auch wenn sie, Herr Jung, das letzten Mittwoch anders dargestellt haben,
kann mit dem Titel überschrieben werden „Ambitionierter Klimaschutz entlang der Wertschöpfungskette“

Was heißt das im Einzelnen?

Angefangen auf Stufe 0 fragen wir Grünen danach, welche Maßnahmen im Klimasofortmaßnahmenprogramm dafür sorgen, dass das klimaschädliche CO2 gar nicht erst entsteht? Eine Antwort darauf ist: Fahrrad Fahren. Hier wollen wir 17 Maßnahmen zur Radwegmarkierung im Bestand umsetzen, um Lücken zu schließen und Gefahrenstellen zu beseitigen. Eine sichere Fahrradinfrastruktur ist Klimaschutz!

Unsere Frage auf Stufe 1 lautet: Wie wollen wir in Zukunft unseren Strom und Wärme produzieren? Erlauben Sie mir an dieser Stelle
eine Bildungspolitische Minute einzulegen, nachdem unsere Klimapolitische Stunde letzte Woche ja leider zur Hälfte vertagt wurde:  Bei dem Bau neuer Quartiere gilt folgende Faustregel in der Energiewirtschaft: Ein Einfamilienhaus kann nach heutigem Standard folgende Anteile Erneuerbarer Energien in der Stromversorgung erreichen:

- ohne elektrischen Speicher kann der Eigenverbrauch aus einer Photovoltaik-Anlage durch 30 % Erneuerbare Energien abgedeckt werden.
- ohne elektrischen Speicher, aber mit Lastmanagement (das heißt, Sie programmieren beispielsweise Ihre Waschmaschine mit einer Zeitschaltuhr für die Zeit, wenn die Sonne am Tag scheint) erreicht man einen Anteil von 50 % Erneuerbarer Energien
- mit elektrischem Speicher einen Anteil von 80-90 % Erneuerbarer Energien

Bei Mehrfamilienhäusern ist wegen einer geringeren Dachfläche ein etwas geringerer Anteil Erneuerbarer Energien zu erwarten.
Jetzt frage ich mich, warum die Verwaltung nicht mal die Hälfte dieser Anteile an Erneuerbaren Energien bei der Stromversorgung
in neuen Leipziger Quartieren vorschlägt? Wo bleibt hier unsere Innovationskraft?

Auch bei den Anteilen Erneuerbarer Energien bei der Wärmeversorgung sehen wir Grünen noch viel Luft nach oben. Aber ach ja, es liegt ja an unserer Fernwärme in Leipzig, die wir einfach nicht so schnell grüner bekommen... Doch unsere Meinung ist: Wenn die Fernwärme derzeit nur einen Anteil von 25% Erneuerbarer Energien erreicht, brauchen wir dafür Lösungen und sollten nicht einfach den Maßstab anpassen!

In den heutigen 2020er Jahren sollte eine Stadt wie Leipzig mit vielen neu zu entwickelnden Stadtquartieren einen deutlich innovativeren Schritt gehen. Gerade wo auch auf EU-Ebene derzeit ein gesamteuropäisches Solardachprogramm aufgesetzt wird,
können wir noch viel mehr unser Dachpotential in Leipzig ausschöpfen. Mittel- bis langfristig können dadurch Energiekosten eingespart werden und die Stadt wettbewerbsfähiger – hinsichtlich steigender Co2 Preise - auf dem Bau-Markt aufgestellt werden.

Hier fordern wir Grünen ganz klar höhere Anteile an Erneuerbaren Energien! Doch unsere Vorbesprechungen mit den anderen Fraktionen haben leider gezeigt, dass keiner außer uns im Stadtrat diesen ambitionierten Schritt gehen möchte.

Deshalb fordern wir als Kompromissvorschlag eine Potentialanalyse unserer höheren Anteile Erneuerbarer Energien bis zur nächsten klimapolitischen Stunde 2021.

Auf der Stufe 2 legen wir mit unseren Änderungsanträgen den Fokus auf die Frage, was mit der Abwärme in Gebäuden passieren soll?
Hier fordern wir geeignete Nutzungskonzepte für Abwärme aus Rechenzentren und Bestandsschulen. Dabei sollte die Stadt auch mit innovativen Startups noch stärker in den Austausch treten und Ideen reinholen.

Und auf der letzte Stufe 3 fragen wir danach: Wie wir das ausgestoßene CO2 aus der Luft binden können und ein angenehmes Mikroklima in der Stadt schaffen? Das gelingt durch mehr CO2-Senken wie Bäume, Gründächer und Fassadenbegrünung! Deshalb mehr davon!

Abschließend stellen wir die Frage, wie wir den Prozess eines ambitionierten Klimaschutzes in Leipzig strukturell noch besser aufstellen können?

Dazu gehört natürlich

- 1. ein frühzeitiger und größtmöglicher Beteiligungsprozess der Zivilgesellschaft.
- 2. darf sich niemand aus seiner Verantwortung stehlen. Deshalb hat der Leipziger Energie- und Baustandard auch für stätische Beteiligungsunternehmen zu gelten.
- 3. brauchen wir eine unabhängige Beratungsfirma wie eine Klimaschutzagentur.

In diesem Sinne bitte ich Sie, liebe Stadratskolleginnen und –kollegen, um Ihre Zustimmung zu unseren Änderungsanträgen für eine ambitionierte Klimaschutz-Kette: Von der Produktion von Wärme und Strom, der Verwertung von Abwärme bis hin zur Förderung von CO2 senken.

Vielen herzlichen Dank!

 

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