Rede von Sophia Kraft in der Ratsversammlung am 22. Januar 2020 zum SPD-Antrag "Reallabor für Fernwärme"

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-es gilt das gesprochene Wort-

Lieber Herr Oberbürgermeister,
liebe Klimafreundinnen und Klimafreunde online und hier im Saal,

es freut mich sehr, dass der Antrag für ein Reallabor für eine klimaneutrale Wärmeversorgung uns heute die Gelegenheit gibt, darüber zu sprechen, wie wir uns die urbane Wärmewende in Leipzig vorstellen. Die Grundfrage dabei ist:

Soll Leipzigs Wärmeversorgung weiterhin auf zentralen Strukturen fußen und Wärme aus Großanlagen in die Stadt mit Effizienzverlusten bringen

oder

nutzen wir auch – vor allem beim Bau neuer Quartiere wie dem Bayerischen Bahnhof – dezentrale erneuerbare Energiequellen wie Solar- und PV-Anlagen auf den Dächern und Wärmepumpen im Keller und produzieren somit die Wärme dort, wo sie auch gebraucht wird?

Im Ursprungsantrag der SPD war nur vorgesehen, ein Reallabor für Fernwärme zu etablieren.

Ich möchte hier kurz umreißen, warum wir mit diesem einseitigen Fokus des Ursprungsantrages nicht mitgehen konnten und einen Änderungsantrag formuliert haben.  Als Wärmelieferanten in Fernwärmenetzen dienen häufig mit fossilen Brennstoffen oder Müll befeuerte Heizkraftwerke und Blockheizkraftwerke (wie zum Beispiel in Leipzig auch noch das Kohlekraftwerk Lippendorf). Zudem wird gelegentlich auch Abwärme aus Industrieprozessen, geothermische Energie und solarthermische Energie (aus Solarparks) eingespeist. Natürlich brauchen wir in Leipzig auch weiterhin unser Fernwärmesystem, das wir sukzessive auf Erneuerbare Energien ausbauen müssen. Doch komplementär dazu brauchen wir in Leipzig auch Wärmeversorgung vor Ort, in den Quartieren.

Fernwärmenetze arbeiten auf einem Temperaturniveau das deutlich über dem der Umgebung liegt, die Vorlauftemperatur liegt bei über 100 Grad Celsius). Folge der Temperaturdifferenz zur Umgebung sind Verteilverluste und eine erschwerte Einbindung von erneuerbaren Energiequellen, die auf niedrigeren Temperaturen einspeisen.

Niedrigtemperaturnetze (mit Vorlauftemperatur zwischen 40-55 °C) hingegen sind ein innovativer Ansatz um die Einbindung erneuerbarer Energien zu erleichtern. In städtischen Quartieren können durch eine thermische Vernetzung auf niedrigem Temperaturniveau erneuerbare Energiequellen sowie Umgebungs- und Restwärmepoten- ziale genutzt werden, die bisher nicht erschließbar waren.

Um die Klimaneutralität im Energiesektor in Leipzig bis 2040 zu erreichen, wie wir es mit dem Klimanotstand beschlossen haben, müssen wir alle erneuerbare Energiequellen nutzen: Sowohl große Solarparks am Stadtrand, als auch Wärme und Abwärme in den Quartieren. Ich sehe in der regionalen Wertschöpfung durch dezentrale Energien auch klare Potentiale für neue Geschäftsmodelle für unsere Leipziger Stadtwerke. Die Neufassung inklusive unserer Änderungen gibt uns nun die Chance, die klimaneutrale Wärmeversorgung in Leipzig weiterzuentwickeln.

Vielen Dank!

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