Rede von Stadträtin Petra Cagalj Sejdi in der Ratsversammlung am 13. Dezember 2017 zum Antrag „Bibliotheksausweise für Jugendliche mit Vormund“

(es gilt das gesprochene Wort)

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen im Stadtrat,
sehr geehrte Zuschauer.

Als ich im September mit einer Gruppe von 20 ausländischen Schülern die Stadtbibliothek in Leipzig besuchte, war ich überwältigt von so viel Interesse und Begeisterung für unser Haus. Die Führung dauerte zwei Stunden, die Schüler wollten am liebsten noch länger durch das Haus geführt werden und noch mehr erfahren. Alle nahmen begeistert die Anmeldeformular mit, diejenigen die schon Volljährig waren, füllten sie gleich Vorort aus. Allen anderen erklärte ich dass sie das Formular von Ihren Eltern oder Vormündern unterschreiben lassen müssten. Am nächsten Tag in der Schule kam dann die große Enttäuschung. Ich bekam nur zwei ausgefüllte Formular zurück – die der beiden Schüler, welche hier in Leipzig mit ihren Eltern leben. Die restlichen fünfzehn erzählten mir, dass ihre Vormünder die Formular nicht unterschrieben hätten.


Ich war noch immer sicher, dass es sich um ein sprachliches Missverständnis handeln müsse und machte mich sofort ans Telefon, um alle Vormünder zu erreichen. Das Ergebnis war ernüchternd:

Mir wurde mitgeteilt, dass es im Jugendamt die Absprache gäbe, dass die Vormünder der unbegleiteten minderjährigen Ausländer nicht unterzeichnen würden, um den Fall einer Haftung bei Verlust oder Beschädigung der Medien zu entgehen.


Die Stadtbücherei engagiert sich sich intensiv in der Integration, ist interkulturell und mehrsprachig gut aufgestellt und kann unseren ausländischen Mitbürgern sehr viel anbieten, was den Spracherwerb, die Freizeitgestaltung und Unterhaltung und das leben und einleben in unserer Gesellschaft betrifft. Um so trauriger und enttäuschender ist es, dass dieses Angebot aufgrund der hier geschilderten Hürde nicht alle erreichen kann. Zwar gibt es vereinzelte Absprachen zwischen Unterkünften und der Bücherei, bei denen die Häuser Verträge mit der Bibliothek abschließen und die Leihausweise an ihre Bewohner weitergeben können, doch sind diese Lösungen bisher leider nicht flächendeckend, so dass immer noch junge Leute von den Bildungsangeboten ausgeschlossen sind.

Das Problem ist nicht neu, auch in anderen Städten kam es zu dieser Problematik. Es wurden verschiedene Lösungsmöglichkeiten entwickelt. Meist werden entweder Verträge mit den Unterkünften geschlossen oder es wird eine Regelung getroffen, dass die Betroffenen ohne Ausweis bis zu zwei oder drei Medien im Monat ausleihen können.

In der Bildungspolitischen Stunde im September, waren wir uns alle einige: Bildung ist der Schlüssel zur Integration. Die Stadtbibliothek Leipzig ist eine unserer wichtigsten Einrichtungen zur Vermittlung von Bildung, hiervon darf niemand ausgeschlossen werden.

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